1. Weltkrieg, Deutsch-Britisches Flottenwettrüsten

9 Antworten

Deutschland war dabei Kolonien zu erwerben, weitere waren sicherlich noch vorgesehen. Dann ist da noch der Welthandel, der damals mehr noch als heute über See abgewickelt wurde. Wer nun eine große Flotte hat, entscheidet maßgeblich, wer in der Welt das Sagen hat.

KHLange  23.11.2013, 14:08

weitere? Die Erde war um 1900 aufgeteilt.

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Saatgut  23.11.2013, 14:13
@KHLange

Stimmt, die Erde war um 1900 bereits aufgeteilt. Nun, da bot sich dennoch eine Erweiterung des Kolonialreiches an. 1. weitere Enklaven in China, 2. div. Südseeinseln, 3. Äthiopien, 4. Afghanistan, 5. Wegnahme anderer Kolonien schwacher Kolonialmächte wie z.B. Belgien, Niederlande und Spanien.

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Nein - das war nicht nur Prestige. (Olympia in Sochi ist ein Prestige-Projekt Russlands) aber die Flottenrüstung der Kaiserreiches hat erheblich mehr Mittel verschlungen und sowas macht man nicht nur aus Prestige. Deutschland war zur Industrienation Nr. 2 geworden und man muss so eine Dominanz auch militärisch absichern: Sonst wäre man nie davor gefeit von Rohstoffen, Exportmärkten und den Kolonien abgeschnitten zu werden. China macht das heute genauso und investiert unglaubliche Summen in die Rüstung - das Bsp. Deutschland zieht man heute gern heran in politologischer Forschung und Politik um zu dokumentieren, dass man China nicht am Aufstieg hindern kann.

Allerdings muss man auch sagen - dass man auch gewappnet sein wollte, bei Gelegenheit (Schwäche des Gegners) den anderen KOlonial-Staaten Kolonialgebiete wegzunehmen. Allerdings nicht England sondern Belgien, besonders Spanien und Portugal vielleicht sogar Frankreich. Die Flottenrüstung hatte natürlich auch einen chauvinistisch-aggressiven Charakter - im Zeitgeist eben! Aber:

"Die Flottenrüstung hat den WK 1 mit verursacht" - warum steht so etwas in den Schul-Büchern? a) der Sieger schreibt die Geschichte und
b) deutsche Historiker wie Fritz Fischer der eigene Schuld durch Reflexe der Umleitung begegneten

Komischerweise war die Logik im Kalten Krieg: „Gleichgewicht der Kräfte sichert den Frieden“, aber wenn bezgl des Kaiserreiches: Industriemacht Nr. 2 eine annähern große Flotte wie Industriemacht Nr. 3 (England) aufbaute soll das den WK1 verschuldet haben?

Manche Antworten hier - die sich auf Wilhelm beziehen - zeigen wie sehr Dokus und leider auch der Schulunterricht historistisch geprägt sind. Wilhelm war 1 Person - die Flottenrüstung wurden von vielen getragen!

Es war wohl wirklich nur eine Prestigefrage.

Im Übrigen haben wir heute noch unsere Freude an der Flotte zu Kaisers Zeiten. Er führte damals zur Finanzierung der Flotte die Sektsteuer ein. Die deutsche Flotte ist in der Zwischenzeit schon Zweimal abgesoffen, die Sektsteuer zahlen wir immer noch.

KHLange  23.11.2013, 14:13

"die Sektsteuer zahlen wir immer noch"...ist allgemein bekannt, nur - bei der Vorstellung, in einem stickigen Maschinenraum festzusitzen, wenn oben die Granaten detonnieren und unten das Wasser einbricht; es kein Enthommen gibt - dann ist der Ausdruck "abgesoffen" doch etwas zu flapsig.

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Das Deutsche Reich schickte sich an GB zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Weltmacht abzulösen. Wirtschaftlich hatten sowohl die USA als auch das DR bereits aufgeholt und GB überholt. Zum Sturz von GB als überragende Handelsmacht, die bis auf wenige Ausnahmen alle Handelsrouten mit ihren Flotten beherrschten benötigte man eine Flotte von gleicher Größe oder besser größer.

Damit mag die Antwort, dass die Flotte vor allem aus Prestigegründen gebaut wurde richtig sein, aber es steckte da weit mehr dahinter, als ein schlechter Monarch. Keine große Flotte, kein Gewicht in der Außenpolitik.

Die Erklärung "Prestige" greift zu kurz. Tatsächlich fiel der Beginn des Flottenausbaus zusammen mit dem Beginn der Kolonialisierungsbetrebungen (Deutsch-Südwest, Deutsch-Ostafrika, China usw. usw.) des Deutschen Reiches. Hier ging es also nicht um Eitelkeiten, wie manch einem im bunzdeutschen Geschichtsunterricht verharmlosend beigebracht wurde, sondern um handfeste wirtschaftliche Interessen. Und genau aus diesem Grund war der Flottenausbau auch nicht einfach nur ein Selbstverwirklichungsprojekt eines sonderbaren Monarchen, sondern alle Beteiligten zogen an einem Strang - Kronrat, Admiralität und nicht zuletzt die Wirtschaft - respektive Montan-, Werft- und Rüstungsindustrie. (Sh. auch Tirpitz-Plan, Flottengesetz).

Ein weiterer Punkt, der gerne mal unterschlagen wird, ist der Kriegsrat von 1912 - also am Vorabend des 1. Weltkrieges.

http://de.wikipedia.org/wiki/Kriegsrat_vom_8._Dezember_1912

Tirpitz machte darauf aufmerksam, „daß die Marine gern das Hinausschieben des großen Kampfes um 1½ Jahre sehen würde“. Heeringen zufolge habe Tirpitz wörtlich ausgeführt, „unsere Chancen sind zur Zeit sehr ungünstig. Aber 1914, wenn der [Nordostsee-] Kanal und [der U-Boothafen] Helgoland fertig seien, läge die Sache anders“

Man führte also Kriegsvorbereitungen und kam zu dem Schluß, daß eine großer Krieg auf keinen Fall vor 1914 stattfinden dürfe, da man zu diesem Zeitpunkt erst mit dem Ausbau des strategisch wichtigen Nord-Ostsee-Kanals fertig wäre. Die Kriegsflotte spielte also - ganz selbstverständlich - in den Planungen eine wesentliche Rolle.

Am 23.07.1914 wurde der erweiterte des Nord-Ostsee-Kanal in Betrieb genommen. Am 01.08.1918 erkräte das Deutsche Reich Rußland den Krieg und am 03.08.1914 erfolgte die Kriegserklärung an Frankreich.

Bauingenieur  22.11.2013, 14:07

Es muß natürlich heißen 01.08.1914 - das war also genau eine Woche nach Fertigstellung des Kanals.

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Nauticus  22.11.2013, 17:34

DH. Das "zu kurz greifen" ist wirklich eine treffende Umschreibung für den Unterricht, "bundesdeutsch" ist aber sehr optimistisch für diesen Flickenteppich ;-) Der "Platz an der Sonne" war zwar ein schöner Aufhänger, allerdings hat man nach diesem keine bedeutende Kolonialgewinne mehr gemacht, die hatte man schweigsam unter Bismarck eingefahren.

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