Hi Charlotte,
bevor ich dir meine Meinung sage, möchte ich, dass du weißt, dass ich Ähnliches hinter mir habe und weiß, wovon ich spreche.
Meine Mutter hat mich und meinen kleinen Bruder viel geschlagen und ich kämpfe immer noch mit Schuldgefühlen und dem Gedanken, dass ich Fehler gemacht habe, und meine Mutter deshalb so war. Bei uns war auch das Jugendamt involviert - geholfen hat es aber immer recht wenig. Ich bin jetzt 20, vor einem Jahr bin ich ausgezogen, aber meine Vergangenheit beschäftigt mich noch immer. Ich habe regelmäßig Panikattacken und muss in Therapie wegen einer Posttraumatischen Belastungsstörung. Zurück aber zu dir.
Du musst dir bitte klar machen, dass NICHTS von alldem deine Schuld ist. Ich weiß, das geht nicht so einfach, aber du musst es dir immer wieder selbst sagen. Wenn das nicht funktioniert, such dir jemanden dritten, dem du das erzählen kannst - wenn es niemanden von deinen Freunden oder Familie gibt, mit dem du reden kannst, gibt es immer andere Optionen - auch kostenlose. Jede von diesen Personen wird dir bestätigen, dass dich keine Schuld trifft. Glaub mir, wenn ich dir sage, dass Kinder eine Produktion ihrer Eltern sind. Natürlich spielen auch Genetik und Umweltfaktoren in der Entwicklung eine Rolle, aber du darfst dir keine Schuld zuweisen. Es gibt NIE einen Grund für Eltern, ihre Kinder zu schlagen und psychisch niederzumachen. Ich war immer ein sehr ruhiges und "braves" Kind, war in der Schule immer gut, wurde aber trotzdem mehr geschlagen als mein kleiner Bruder, der ein "schlimmeres" Kind war. Kinder, die psychische oder physiche oder beide Arten von Gewalt täglich zu Hause erleben, tragen alle unterschiedliche Folgen davon - Folgen, die sich in ihrem Verhalten äußern, in ihrem Umgang mit Konflikten, mit Freundschaften, Beziehungen... . Um einen objektiveren Blick darauf zu bekommen... einem Hund, der schlecht behandelt wurde, gibst du ja auch nicht die Schuld, wenn er als Konsequenz zukünftig schüchtern oder agressiv gegenüber neuen Menschen sein wird. Es ist nicht deine Schuld. Es wird so lange dauern, bis du dieses Schuldgefühl endlich abgelegt hast, aber du wirst es schaffen.
Meine Tipps zusammengefasst:
- Reden: Durch Reden wird alles besser - egal mit wem, wie, oder wie lange. Mit jedem Mal wird es einfacher.
- Schreiben: Wenn du nicht reden kannst, schreib.
- Kümmer dich um dich selbst: Mach das, was dir guttut und dir Spaß macht
- Denk an dich als Kind: manchmal, wenn ich mich selbst hasse oder mich selbst runtermache, frage ich mich, ob ich auch so über mich reden würde, wäre ich noch ein kleines Kind. clingt crazy aber hilft
- such dir vllt professionelle Hilfe aka Therapie - da kann dir das Jugendamt sicher helfen bei der Finanzierung
- soziale Kontakte: umgib dich mit Menschen, bei denen du dich wohl fühlst
Zuletzt will ich dir anbieten, dass ich für dich da bin, wenn du weitere Fragen hast oder wenn du auch nur reden willst. Ich würde dir so gerne helfen, weil ich etwas so Ähnliches durchgemacht habe bzw. noch immer mache. <3