Beschneidungen sind ein Problem und man fühlt danach (deutlich) weniger.

Der Titel ist provokant, ich weiß. Es geht hier um Beschneidungen ohne medizinischen Grund.

Weil die Frage mehrfach jeden Tag gestellt wird kommt hier die medizinische Erklärung. Zu dem Thema gibt es extrem viel schlechte Wissenschaft, vor allem aus den USA.

1. Historische Einordnung: Beschneidungen wurden unter anderem deshalb geläufig, weil zu dem Zeitpunkt Masturbation noch als ungesund galt und man schon erkannt hatte, dass es ohne Vorhaut wesentlich schwieriger wird. Die sonstigen Gründe, also vor allem die Hygiene, kamen erst später dazu.

2. Anatomie: Für Beschneidungen sind vor allem folgende Strukturen relevant:

die Glans, also Eichel

die Corona, also der Rand der Eichel

die äußere Vorhaut, offensichtlich

die innere Vorhaut (ja, die gibt es auch)

das Frenulum (eine bänderartige Struktur die die äußere Vorhaut fixiert)

Das Frenulum ist bei den meisten Männern der empfindlichste Teil des Penis, also am wichtigsten für die Stimulation. Man kann es gleichsetzen mit der Glans clitoris bei Frauen.

3. Stile: Es gibt viele unterschiedliche Arten von Beschneidungen bei Männern, die häufig in etwa so eingeteilt werden:

- Höhe der Narbe (direkt unter der Corona wird als low bezeichnet, weiter oben als high)

- die Enge der Naht (wird der Skin des Schaftes sehr eng angenäht spricht man von tight, anderweitig von loose)

- das Frenulum kann intakt bleiben, kann angeschnitten oder komplett entfernt werden. Vor allem bei low & tight wird es häufiger entfernt.

- es gibt auch noch zwei bis drei andere Einteilungen die aber in Deutschland nicht relevant sind

4. Einschätzung:

Es gibt zu dem Thema wie gesagt kaum vernünftige Studien, und teilweise wirken sie sogar absichtlich verfälscht. Das könnte daran liegen, dass Beschneidungen in den USA ein gigantisches Geschäft sind.

Grundsätzlich kann man schonmal festhalten, dass die Entfernung des Frenulums eine Form der Verstümmelung ist, weil sie meistens nicht indiziert ist und die Empfindung signifikant reduziert. Bei manchen Männern ist es tatsächlich zu kurz, oder reißt. In dem Fall wäre das natürlich was anderes. Bei Frauen wird die Entfernung der Glans clitoris übrigens tatsächlich als eine (von vielen Formen der) Verstümmelung bezeichnet.

Low und tight ist der radikale Stil, und in Deutschland recht verbreitet. Das liegt daran, dass die Naht fast direkt unter der Corona sitzt und die innere Vorhaut, die für die Empfindung wichtig ist, dadurch verkürzt bzw vernarbt ist.

In jedem Fall reduziert sich die Empfindung aber aus zwei einfachen Gründen:

A. Die Glans/Eichel durchläuft nach der Beschneidung einen Prozess namens Keratinisierung. Kann man sich grob vorstellen wie Hornhaut am Fuß. Durch die konstante Reibung bekommt die Glans eine leicht ledrige Oberfläche und das reduziert die Empfindung.

B. Der natürliche Mechanismus für Stimulation ist das Gleiten der Vorhaut und dem damit verbundenen Frenulums über die Eichel und zurück. Diese Nervenendungen fehlen offensichtlich nach einer Beschneidung.

Ich habe das vor allem deshalb geschrieben, weil viele Eltern eine uninformierte Entscheidung über den Körper ihres Kindes treffen. Das ist moralisch verwerflich. Genauso verwerflich ist es dass weibliche Genitalverstümmelung (FGM) in jedem Fall als vollkommen anders im Vergleich zur Beschneidung dargestellt wird. Das stimmt aber nicht. Es gibt zwar Formen der FGM die tatsächlich tödlich enden oder eine absolute Katastrophe für den Körper sind, es gibt aber genauso leichtere FGM Formen die vergleichbar mit der Entfernung des Frenulums sind. Das ist beides nicht okay, solange nicht indiziert.

Beschneidung, Sex