Da liegt mit der Kiewer Rus der Ursprung des gesamten russischen Reiches. Die "Stan"-Länder sind geschichtlich und kulturell nicht so eng mit Russland verbunden, manche Gebiete kamen erst im 19 Jahrhundert dazu. Die Verbindung mit der Ukraine ist viel älter, der Verlust wird als größer und schmerzhafter empfunden und der Wunsch sich das Verlorene zurückzuholen ist dementsprechend stärker.

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Nein sie sind KEINE Wirtschaftsflüchtlinge

Sie wurden vorher nicht aus der Sowjetunion rausgelassen, das ist der Grund, warum die meisten erst in den späten 80ern und 90ern hierher kamen.

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Soweit ich mich erinnern kann, gab es früher ein Abkommen zwischen Russland und Deutschland für Doppelstaatler. Wer in dem einen Staat den Grundwehrdienst abgeleistet hat, musste in dem anderen nicht mehr. So gingen unsere russlanddeutschen Jungs hier zuerst zum Bund, bevor sie als Volljährige ihre Verwandtschaft drüben besuchten. Irgendein entfernter Großcousin vierten Grades von mir hat diese Regel missachtet, fuhr so hin und fand sich prompt anno 1994 in der Grundausbildung irgendwo im sibirischen Muchosransk wieder. Die Tanten mussten wohl persönlich dahin fahren und viel Geld auf den Tisch legen, um den armen Trottel da wieder freizukaufen. Habe zumindest von Verwandten gehört.

Und du bist nicht mal Doppelstaatler. Also pass auf.

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Das würde ich nicht so pauschal behaupten. Ich bin selbst in Russland geboren und aufgewachsen, damals hieß das Land aber noch Sowjetunion. Ich hatte hier nur deutsche Freundinnen oder halt andere ausländische. Bin auch mit einer einheimischen Frau verheiratet. Mit einer Russin hatte ich nur ganz kurz mal was im Studium, war mir aber irgendwie zu anstrengend. Lag jetzt aber auch nicht am Aussehen. Ist ja auch nicht alles, was zählt.

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Moin Christinchen, kennst den YouTube -Kanal von Roman Aljabjew? Er ist selbst ein Rückkehrer und betreibt einen YouTube-Kanal, wo er andere Rückkehrer Interviewt. Es ist bei weitem nicht der einzige Kanal zu dem Thema, aber wohl der erfolgreichste. Und ich vermute mal auch vom Kreml finanziert.

Ja, es gibt wohl eine kleine Rückwanderer-Welle, vor allem die in den späten 90ern oft gegen ihren Willen nach Deutschland mitgebrachten Kinder und Jugendlichen von Russlanddeutschen aus stark gemischten Familien, die sich mental hier nie richtig adaptiert haben, kehren mit ihren Familien zurück. Arbeit gibt es genug, die Löhne steigen, die Lebenshaltungskosten sind niedriger als hier. Wer ein bisschen Geld mitbringt, kann sicher auch dort eine ordentliche Immobilie erwerben. Na ja.

Solche Leute selbst kenne ich nicht. Aber ich weiß, dass in den letzten Jahren dort sehr viel passiert ist. Selbst mein Heimatort, der auch nach allen russischen Parametern ein richtiges Drecksloch ist, wandelt sich langsam. Neulich hat mal wieder jemand eine Stadtrundfahrt gemacht und ein Video bei YouTube gepostet - überall wird gehämmert und gebaut, die Straßen werden neu gemacht. Ich bin aus allen Wolken gefallen.

Aber, wie gesagt, ich selbst kenne solche Leute nicht.

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Nein, aber mich nervt es, wenn ich so genannt werde. Es gibt einen Unterschied zwischen Russlanddeutschen und Deutschrussen. Die einen sind ethnische Deutsche, die auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion lebten oder leben. Die anderen sind genau das Gegenteil - ethnische Russen, die in Deutschland leben, evtl. auch hier geboren sind und beide Staatsangehörigkeiten besitzen. Auch wenn nicht immer klar ist, wer wer ist, sollte man die beiden Begriffe nicht unbedacht als Synonym benutzen, was leider viel zu oft auch im journalistischen Bereich getan wird.

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Du sagst es: in deiner Jugend. Der durchschnittliche Deutsche ist heute rein statistisch schon Ü 50, die heutige Jugend ist stark migrantisch geprägt, und andere Kulturen feiern anders. Außerdem konnten wir damals schon beobachten, wie nach der Einführung der Bachelor/Master- Studiengänge die Studentenclubs und Kneipen plötzlich leer wurden. Voller sind sie seitdem auch nicht geworden.

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Moin Christinchen, das war freiwillig, aber wie du schon geschrieben hast, hat man das gemacht, um deutscher rüberzukommen und evtl. dumme Sprüche, Hänseleien und knallharte Diskriminierung zu vermeiden. Die gab es zuhauf gegen uns in den 90ern. Ein Identitätsverlust ist es nicht. Ein Name ist ein Name, ist ein Name. Die meisten Frauen ändern doch auch ihren Nachnamen, wenn sie heiraten.

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Moin Christina,

das ist das Problem, wenn du deine Kinder bilingual erziehen willst. Dann muss mindestens ein Elternteil permanent in der zweiten Sprache sprechen auch in der Öffentlichkeit. Meistens reicht das auch nicht, denn ein Kind braucht mehr als die eigenen Eltern, oder gar nur ein Elternteil, um eine Sprache vollumfänglich zu lernen, diesbezüglich habe ich als Russlanddeutscher meine eigenen Erfahrungen mit Deutsch in Russland gemacht, denn das wurde bei uns in der Familie bis zum Schluss gesprochen, trotzdem konnte ich das nicht wirklich gut, als ich hierher kam. Man muss auch ein entsprechendes Umfeld schaffen, wo noch andere Muttersprachler vorkommen, dann noch eventuell eine Privatschule bezahlen, die einem richtig lesen und schreiben beibringt. Sonst wird das nichts mit der Zweitspachigkeit, am Ende beherrscht man keine der beiden Sprachen gut.

Deswegen habe ich auch komplett darauf verzichtet mit meinen Kindern Russisch zu sprechen, ab einem gewissen Punkt wollte ich das selbst nicht mehr, bei uns in der Familie hat es auch keiner mehr gemacht, nach der Umsiedlung nach Deutschland, meine Schwester kann gar kein richtiges Russisch mehr, obwohl sie mit 11 Jahren hierher kam, dort also sogar noch die Grundschule absolviert hatte. Sie kriegt keinen vollständigen Satz mehr auf Russisch zustande. Ich schon, aber auch für mich hat es keinen Sinn mehr, das Ganze nochmal aufzuwärmen. Der Zug ist abgefahren, wir haben einen anderen genommen, und es ist auch gut so.

Aber wenn das in deinem Fall ethnische Russen sind, die noch häufiger nach Russland fahren und dort sogar noch Verwandtschaft haben, macht das durchaus Sinn für sie die Sprache den Kindern beizubringen, für eine eventuelle Rückkehr wäre das auch von Vorteil. Ich hatte natürlich auch Vorteile, dass ich wenigstens einigermaßen Deutsch konnte, als wir hierher kamen, da fiel mir damals die Umstellung nicht so schwer.

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Nein wäre gleich deutsch wie Biodeutsche

Ich merke schon Christinchen, für einen echten "Biodeutschen" bin ich nicht kleinkariert genug. Ich gönne jedem sein persönliches Deutschtum, solange er Spaß daran hat und anderen damit nicht auf dem Sack geht.

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Die Russen, oder Osteuropäer und Einwanderer aus der ehemaligen SU im allgemeinen, gehen zB. in Sportvereine, vor allem Kampfsport und Fußball aber auch Gitarre, Klavier und Kunstunterricht, da haben sie sogar eigene Netzwerke geschaffen , wo auch auf Russisch unterrichtet wird, weil es das alles auch schon in der alten Heimat gab, und sie das so gewohnt sind. In vielen anderen Ländern gibt es sowas nicht, da ist schon so ein moderner, deutscher Spielplatz ein Highlight, kostet nichts und die Muttis können daneben stehen und tratschen. Ist doch wie im Paradies, wozu dann Geld für Sportveteine ausgeben? Die Türken haben aber auch ihre eigenen Vereine auch Sportvereine, habe ich mitgekriegt. Da scheint das auch in der Gesellschaft verankert zu sein, vieles ist also auch eine Frage der Tradition, die man schon von Zuhause mitbringt.

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Sie ist zu einem Viertel eine ethnische Russin und zu drei Vierteln eine ethnische Deutsche, deren Eltern halt in Russland geboren und aufgewachsen sind. Russland ist ein Vielvölkerstaat in dem viele verschiedene Völker und Nationalitäten leben und zum Teil bis heute noch ihre Kulturen und Sprachen erhalten haben. Aber da sie vermutlich hier geboren ist, ist sie nach dem Gesetz Deutsche, ob sie sich auch so fühlt, ist ne andere Sache.

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Versuche mal bei Facebook in die geschlossene Gruppe "Planerkolonien bei Mariupol" reinzukommen. Schildere dort bei der Anmeldung dein Anliegen, vielleicht lassen sie dich rein. Von dort sind schon um 1900 wegen Landmangel (die Alternative wäre Sibirien) etliche Kolonisten nach Nordamerika vor allem Kanada ausgewandert. Meine Großeltern stammen von da, deswegen weiß ich das, und ich habe dadurch auch etliche entfernte Verwandte in Kanada. In der Gruppe gibt es auch kompetente Historiker und Ahnenforscher, die können dir bestimmt weiterhelfen.

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Christina, du vergisst immer die Kontingentflüchtlinge. Das sind auch recht viele. Die berühmtesten Beispiele sind der Schriftsteller Wladimir Kaminer oder der Rapper Capital Bra. Die betrachten sich selbst oft eher als Russen, weil viele auch nur viertel- oder höchstens halbjüdischer Abstammung sind und mit dem Judentum nicht mehr viel am Hut haben. Das sind dann meist die ganzen russischsprachigen Ärzte oder Rechtsanwälte, zu denen du als Russe rennst, wenn du ein Problem hast oder die Besitzer von russischen Läden, wo du einkaufst. Oder Klavier- und Kunstlehrer, bzw. die ganzen russischen Sprachschulen für Muttersprachler, wo du deine Kinder nach der Schule hinschicken kannst, werden auch von denen betrieben.

Irgendwie übersieht du permanent diese durchaus große und bedeutende russischstämmige Gruppe, gleichzeitig hackst auf den Russlanddeutschen rum, von denen du auch nur wenige kennst und dir deswegen gar nicht vorstellen kannst, wie gut sie hier integriert sind.

Du musst mal aus deiner komischen, hängengebliebenen Spätaussiedler-Russen-Bubble rauskommen und dich umschauen, da wirst du sehen, was es noch so alles gibt und dann vielleicht deine Meinung ändern.

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Ja man hört Akzent

Ja, Christinchen, man hört es. Allein ab und zu mal laut irgendwelche Texte vorlesen, wird, fürchte ich, nicht reichen. Du musst komplett in die Sprache eintauchen, vielleicht für eine Weile nur noch Deutsch sprechen. Stell dir vor, du wachst morgen auf und kannst kein Russisch mehr. Irgendwas seltsames ist mit dir in der Nacht passiert, und du kannst nicht mehr Russisch sprechen, verstehen ja, aber sprechen nicht. Das ziehst du ne Weile durch, knallhart, auch mit Familienmitgliedern. Dann schleift sich dein Akzent von allein langsam ab. Es bleibt vielleicht nur noch eine leise russische Melodie übrig, an der nur noch absolute Profis deine Herkunft erkennen würden.

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Moin Christinchen, schon wieder gesperrt?

Bei Vladimir Burlakov (der im aktuellen Tatort mitspielt) habe ich erst einen ganz leisen Akzent gehört, als ich erfahren habe, dass er erst auf der Schauspielschule geschafft hat, den wegzutrainieren. Davor fiel mir das nie auf, weil ich nicht genau hingehört habe.

Umgekehrt, mir fiel erst in Deutschland eines Tages auf, dass meine Großeltern Zeit ihres Lebens mit einem deutschen Akzent Russisch gesprochen haben. Und das ist schon krass, weil Russisch kaum hörbare Dialekte hat, und sowas dann natürlich umso mehr auffällt. Aber ich bin seit meiner frühesten Kindheit damit aufgewachsen und habe das einfach nicht mehr gehört und erst deutlich wahrgenommen, als das ganze Setting sich komplett änderte.

Auch meine Kinder hören meinen Akzent nicht, aber ihre Freunde. Manche Leute denken erst, dass ich aus Süddeutschland komme, vor allem als ich in in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern gelebt habe, war das oft der Fall. Außer in Süddeutschland natürlich, die kennen ihre Pappenheimer, da wurde ich allerdings schon mal für einen Holländer gehalten. 😁

Klar, am häufigsten werde ich nach Osteuropa, meist nach Polen oder Tschechien einsortiert. Nur einmal hat jemand auf Anhieb meine Herkunft geraten. Aber das war ein Profimusiker, und er sagte, dass er meine russische Melodie rausgehört hat. Jede Sprache hat eine eigene Melodie, die du als Erwachsener nicht mehr weg bekommst, egal wie sauber und richtig du alles aussprichst. Die Melodien der slawischen Sprachen ähneln sich zwar stark, aber er konnte mit seinem feinen, musikalischen Gehör sie trotzdem unterscheiden. Deswegen hat er mich erkannt.

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Kommt drauf an. Bei uns haben die Kinder es sehr schnell vergessen. Meine kleine Schwester war 11, als wir nach Deutschland kamen. Sie spricht gar nicht mehr, verstehen kann sie, glaube ich, aber noch ganz gut.

Ich war damals 15. Ich kann's noch einigermaßen, würde aber nicht mehr die Hand ins Feuer legen, dass ich jederzeit zu jedem Thema das passende Vokabular finde. Wenn ich sie längere Zeit nicht mehr gehört oder gesprochen habe, kommt sie mir selbst auch irgendwie fremd und eigenartig vor.

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Mir fällt es auf, dass wir, auch in der Sowjetunion, mehr von unseren Groß- oder gar Urgroßeltern großgezogen und geprägt wurden, als von unseren Eltern. Und die kamen auch nicht ab und zu mal zu Besuch, sondern lebten mit im Haushalt und haben mehr Zeit mit uns verbracht, als unsere Eltern, die immer viel und hart arbeiten mussten. Bei mir war das meine schwäbische Uroma, die kaum Russisch sprach, zu Hause schon mal gar nicht.

Und diese Leute haben ihre Sprache und Kultur noch mit aus den deutschen Kolonien von der Wolga oder aus der Ukraine mitgebracht und machten auch keinerlei Bemühungen, sie zu Hause abzulegen. Ich bin in zwei Kulturen aufgewachsen: Draußen war die russische, drinnen die deutsche. Als wir nach Deutschland kamen, hörte die russische "Draußenkultur" schlagartig auf zu existieren. Die hiesige deutsche Kultur unterschied sich zwar in gewissen Punkten von der unseren, aber auch nicht so, dass wir große Anpassungsschwierigkeiten hatten.

Ich denke, bei vielen Einwanderern hier ist es ähnlich wie bei uns, nur halt genau umgekehrt. Warum sollten sie ihre Kultur auch zu Hause nicht pflegen? Wenn sie sich sonst integrieren.

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