Hallo!
Das Problem ist, dass hier viele Dinge durcheinandergehen. Die Psychoanalyse ist eine gewachsene und wachsende Wissenschaft mit vielen Teilgebieten und zahlreichen, unterschiedlichen, sich vielfach entwickelnden Ansätzen, die sich z.T. widersprechen (ähnlich wie in einigen Bereichen der Physik).
Insofern gibt es keine Abwehrmechanismen, sondern verschiedene Konzepte von unbewussten Vorgängen, die als solche bezeichnet werden. Hier muss man also zunächst über wissenschaftstheoretische Kenntnisse wie auch über ein Verständnis der psychoanalytischen Thoriebildung verfügen (die sich z.B, von der der Psychologie unterscheidet).
Auch bei Freud sind dies gewachsene Konzepte die immerhin drei psychoanalytischen Theorien zugeordnet werden müssen. Insbes. der Begriff der Verdrängung unterlag bei Freud zahlreichen Revisionen. Wer sich da im Freudschen Werk nicht auskennt und orientieren kann, versteht die (dann notgedrungen widersprüchlichen) Dinge falsch. Die Verdrängung, die Freud in den frühen Jahren beschrieben hat, ist dann doch etwas anderes, als die der Strukturtheorie.
Eine wirkliche Ausgestaltung des Konzeptes der Abwehrmechanismen mit unterschiedlichen Differenzierungen erfolgte dann durch Anna Freud. Eine deutliche Erweiterung im Rahmen der Schöpfung eines neuen theoretischen Rahmens (für die verschiedenen Objektbeziehungstheorien) wurde von Anna Freuds "wissenschaftlicher Gegnerin" Melanie Klein entwickelt. Beide waren dann Grundlage für weitere Konzeptualisierungen.
Deine Beispiele passen z.B. nicht, da es sich nicht um Prozesse des Unbewussten handelt. Hier geht es nicht um Abwehrmechanismen, sondern um bewusstseinsnahe Bewältigungsstrategien. Zudem stellt urinieren müssen, wenn die Blase voll ist keinen Trieb dar. Das Freudsche Triebkonzept ist ebenfalls zu komplex, um es hier zu erläutern und nur in seiner Entwucklung zu verstehen.
Wenn man es wirklich ganz simpel (und ungenau) belässt, werden meistens bei Freud unbewusste Prozesse beschrieben, mit denen etwas vom Bewusstsein ferngehalten wird (Pförtnermetapher). Und ja, in der Mehrheit würde man sagen, dass es sich um Schutzmechanismen handelt, nämlich solche, die der Angst-Abwehr dienen (zu beachten: der psychoanalytische Angstbegriff ist gemeint). Im Strukturmodell wird diese Abwehr den unbewussten Anteilen des Ich zugeschrieben.
Erster Schritt ist immer, sich zunächst mit dem Begriff des dynamischen Unbewussten auseinanderzusetzen. Ohne dessen Verständnis kann man einfach keinen korrekten Zugang zum Thema Abwehrmechanismen gewinnen.
Das Problem ist eher, dass viele meinen, sie hätten "die Psychoanalyse" verstanden. Es ist einfach Mist, dass Psychoanalyse in Schulen und leider auch Universitäten von Menschen vermittelt werden soll bzw. ja wird, die gar keine psychoanalytische Ausbildung abgeschlossen haben. Da kommt nur Unfug raus und es wird immer mehr dummes Zeug weitergetragen.
VG