Zur Beantwortung hole ich mal ein wenig aus, weil die Vorgeschichte und einige Zusammenhänge nicht ganz unwichtig sind.
Die SPD war lange Zeit eine revolutionäre Partei mit einem marxistischen Programm. Sie war die zahlenmäßig größte und erfahrenste Massenpartei in der internationalen Arbeiterbewegung (II. Internationale). Unter ihrer Führung bzw. unter ihrem Einfluss standen die freien Gewerkschaften, die Arbeiter- Turn- und- Sport- Bewegung, die Konsumgenossenschaftsbewegung und viele andere legale Arbeiterorganisationen.
Wie in einer großen Partei üblich, gab es natürlich auch unterschiedliche Strömungen und Auseinandersetzungen. In den letzten Jahren das 19. Jahrhunderts bildete sich eine Strömung heraus, die sich zunehmend vom Marxismus entfernte und dessen Prinzipien und Thesen revidierte (Revisionismus). Dabei tat sich der Sozialdemokrat Eduard Bernstein besonders hervor.
Der Materialismus wurde durch Neukantianismus und Empiriokritizismus (Philosophie der reinen Erfahrung, Richard Avenarius) ersetzt. Die Gesetzmäßigkeiten der kapitalistischen Entwicklung (lt. Marx und Engels) wurden geleugnet.
Die Revisionisten in der SPD gingen davon aus, dass durch die Entstehung von Monopolen sich der Grundwiderspruch zwischen Kapital und Arbeit abschwäche und zu einer Milderung der Klassengegensätze führe. An die Stelle einer revolutionären Beseitigung des Kapitalismus, müsse eine evolutionäre Durchdringung des Kapitalismus durch den Sozialismus, das friedliche Hineinwachsen in den Sozialismus treten.
Den bürgerlichen Staat sahen die Vertreter des Revisionismus nicht als Organ der Klassenherrschaft der Bourgeoisie, sondern als klassenindifferent an; den Ausbau der bürgerlichen Demokratie erklärten sie zur vorrangigen Aufgabe der Arbeiterbewegung. Das war eine Absage an den Klassenkampf.
Auch, wenn sich noch auf dem Dresdener Parteitag der SPD (1903) die überwiegende Mehrheit der Partei zum Marxismus und zum revolutionären Klassenkampf bekannte, spitzten sich die innerparteilichen Auseinandersetzungen zu. Neben den Revisionisten traten die Zentristen (Karl Kautsky) und die Linken in Erscheinung.
Die Revisionisten gewannen zunehmend an Einfluss und beherrschten bald die mittlere und höhere Ebene der Partei und deren Organisationsapparates sowie den größten Teil der Parteipresse.
Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges schlug sich die SPD offen auf die Seite der Bourgeoisie. Am 4. August 1914 genehmigte die SPD-Fraktion im Reichstag die Kriegskredite für den Ersten Weltkrieg. Mit den berühmt-berüchtigten Worten ihres Vorsitzenden Hugo Haase, der in der Fraktion zwar dagegen war, aus Parteidisziplin im Reichstag aber dafür stimmte, "wir lassen in der Stunde der Gefahr das eigene Vaterland nicht im Stich", stellte sich die SPD in der bisher blutigsten Massenschlächterei der Weltgeschichte hinter Kaiser Wilhelm II und seine Regierung. Lediglich Karl Liebknecht und später auch Otto Rühle stimmten im Reichstag in der zweiten und dritten Sitzung gegen die Kriegskredite.
Damit hatte sich die SPD aus einer Gegnerin der herrschenden Ordnung in eine ihrer Stützen verwandelt. Rosa Luxemburg schrieb dazu:
Noch nie, seit es eine Geschichte der Klassenkämpfe, seit es politische Parteien gibt, hat es eine Partei gegeben, die in dieser Weise, nach fünfzigjährigem unaufhörlichem Wachstum, nachdem sie sich eine Machtstellung ersten Ranges erobert, nachdem sie Millionen um sich geschart hatte, sich binnen vierundzwanzig Stunden so gänzlich als politischer Faktor in blauen Dunst aufgelöst hatte wie die deutsche Sozialdemokratie, … Am 4. August 1914 hat die deutsche Sozialdemokratie politisch abgedankt, und gleichzeitig ist die sozialistische Internationale zusammengebrochen.
Es entfaltete sich ein immer stärkerer Widerstand gegen den Krieg, der vornehmlich von Linken und Zentristen getragen wurde. Anfang 1917 wurden die um die „Sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft“ und die Linken gruppierte Opposition aus der SPD ausgeschlossen. Im April 1917 gründete diese Opposition dann die USPD, mit dem am 1.1.1916 gegründeten Spartakusbund als linken Flügel.
Vor dem Hintergrund der siegreichen Oktoberrevolution in Russland wollte die SPD eine ähnliche Entwicklung in Deutschland um jeden Preis vermeiden. Sie wollte die alten Eliten des Kaiserreiches an der Macht belassen und mit ihnen gemeinsam regieren, mit der SPD als führende bürgerlich-parlamentarische Kraft. So trat beispielsweise Friedrich Ebert in die Berliner Streikleitung bei den Januarstreiks (1918) ein, um diese zu schwächen und erreichte ein vorzeitiges Streikende. Sozialdemokraten beteiligten sich auch der Reichsregierung unter Max von Baden, um die alte Herrschaft zu retten und um die Revolution zu verhindern. Ebert wollte sogar die Monarchie erhalten, nur, unter einem neuen Regenten.