Also, erstmal... Ich weiß nicht, warum ich es mir immer antue, die Hundefragen anzuschauen und dann zu beantworten, weil halt gefühlte 100. Mal am Tag "Ich will diese Hunderasse, ja oder nein?"-Fragen sind.
In 99,9% aller Fälle möchte den betreffenden Personen ein Hunderassenbuch und ein Hundeerziehungsbuch links und rechts gegen den Kopf klatschen (entschuldige die Ausdrucksweise), weil man sich so derart hilflos fühlt, wenn man weiß, dass sich solche Menschen einen Hund holen werden.
Aber du bist anders und hast deswegen eine ausführliche Antwort verdient!
- Ob Rüde oder Hündin ist Geschmackssache. Ihr wollt eine Hündin, warum auch nicht? Kein Problem soweit, beides hat Vor- und Nachteile.
- Die 14-jährige Tochter soll die Erziehung übernehmen? Keine gute Idee. Ja, es gibt sehr vernünftige, verantwortungsvolle jugendliche Hundeliebhaber, die tatsächlich 10 Jahre und länger sich aufopferungsvoll um den Hund kümmern, jeden Tag spazieren gehen und die Erziehung unter Kontrolle haben. Aber in 99% der Fälle flaut die Begeisterung für diese harte Aufgabe ab (natürlich lieben die Kinder den Hund noch, aber anders als am Anfang streitet man dann eher darüber, wer mit dem Hund gehen muss und nicht darf) und spätestens, wenn das Kind mit der Schule fertig ist und studieren/Ausbildung beginnt, hat es schlicht und ergreifend vermutlich nicht mehr die Zeit für den Hund. Ein Hund wird in der Regel 10 Jahre alt und eure Tochter ist wahrscheinlich mit 18 mit der Schule fertig. Legt euch lieber von Anfang an darauf fest, dass die Mama, die viel mehr Zeit mit dem Hund verbringen wird (sowohl am Tag, während der Rest von euch arbeitet und in der Schule ist, als auch, wenn die Kinder später arbeiten oder zur Uni gehen), sich um die Hundeerziehung kümmert und die Haupt-Bezugsperson ist.
- Die 14-jährige Tochter möchte Agility machen. Immer schön langsam angehen. Wenn ihr euch tatsächlich einen Welpen vom Sheltie-Züchter holt (warum ich da eher dagegen wäre, dazu später), dann muss der Hund erstmal schön auswachsen. Junge Hunde sollten nicht Treppen laufen und kein hartes Training machen. Aber die Tochter darf gerne schon einfache Sachen üben und so langsam in das Training einsteigen. Es ist sogar gut, wenn der Hund so eine tolle Aufgabe bekommt, dann hat er immer etwas sportlich zu tun.
- Ihr geht oft Wandern! Das ist super, gute Luft, sportliche Aktivität und Familie. Ein Hund passt da sehr gut dazu!
- Die Hunde in der Nachbarschaft... Das kann euch eigentlich egal sein. Beim Spazierengehen begegnet man so vielen anderen Hundebesitzern, denn man macht große Runden. Nach einigen Jahren kennt man dann einen Großteil der Stadt/des Viertels schon als "Frauchen vom Bello", "Herrchen von Hasso" oder "Ach, die mit dem Sheltie". Und welche ihr davon näher kennenlernt, hängt davon ab, wie euer Hund auf diese Hunde reagiert. Es ist wichtig, dass er auch Sozialkontakt zu anderen Hunden bekommt, daher im Welpenalter nicht auf den Arm nehmen ("Der arme Kleine hat doch Angst vor eurem Yorkshire") und dann später wundern, dass er sozial inkompetent ist.
- PKW: Ein Sheltie ist wahrscheinlich gerade ein bisschen zu groß, um auf der Rückbank angeleint zu werden (bei unseren Dackeln geht das noch ganz gut), daher sollte er einen sicheren Platz im Kofferraum bekommen.
- Die Beschreibung eures Dorfes klingt super zum Gassigehen. Es schadet aber nicht, den Hund im Welpenalter auch mal in eine Großstadt mitzunehmen und an die lauten Geräusche und Menschenmengen zu gewöhnen, damit er später im Alter nicht mit diesen Dingen überfordert wird.
Zu deinen speziellen Fragen:
- "Ist der Hütetrieb von Shelties stark ausgeprägt?" Okay, diese Frage war schon ein bisschen doof. Du hast dich doch über diesen Hund informiert und herausgefunden, dass es ein Hütehund ist. Natürlich ist sein Hütetrieb stark ausgetriebt, dafür wurde er ja gezüchtet.
- "Hüten sie Katzen, Kaninchen oder sogar andere Menschen oder Hunde beim Spaziergang, oder ist das nicht so schlimm?" Ich habe Shelties gesehen, die Ponys hüten und die Enten/Gänse hüten. Ja, wenn man es ihnen beibringt, hüten sie also alles, was sich hüten lässt (Fluchttiere). Andere Hunde und Menschen eher nicht, weil diese als Jagdtiere sich nicht so leicht hüten lassen. Allerdings weiß ich von einer Freundin, deren Sheltie mal angefangen hat auf einem Gelände vor der Grundschule Grundschüler zu hüten, die verängstigt und brav wie Schafe sich ziemlich gut hüten ließen. Das sollte auf keinen Fall passieren, auch wenn die Geschichte für uns im Nachhinein sehr lustig klingt. Das andere Problem ist, dass der Sheltie auch aufgrund seines Triebes gerne hüten möchte. Könnt ihr ihm etwas derart bieten?
- "Und wie steht es mit der bellfreude? Es heißt ja immer, Shelties bellen so viel. Stimmt das? Und wie kann man ihnen das wenigstens teilweise abgewöhnen?" Jein. Es kommt ein bisschen auf den Sheltie an, nicht alle Hunde sind gleich. Aber Shelties, die unterfordert und nicht so gut erzogen sind, können leicht Zwangsstörungen entwickeln und Bellen kann da gern dazugehören. Wenn man den Hund richtig auslastet und ordentlich erzieht, muss er aber nicht unbedingt bellen, aber Shelties bellen schon mehr in der Regel.
- "Denn unser Hund sollte keinesfalls drinnen kläffen, was das zeug hält, draußen stört es mich nicht so, solange er nicht dauerkläfft." Da hoffe ich mal ganz stark, dass es eure Nachbarn auch nicht stört? An die sollte man auch immer denken!
Ganz ehrlich? Wenn ihr nicht auf diese Rasse angewiesen seid (Schäfer, Züchter, absoluter Sheltie-Liebhaber), bin ich nicht der Meinung, dass ihr euch einen Sheltiewelpen holen solltet. Welpenerziehung ist wahnsinnig kompliziert und sollte nur von jemandem übernommen werden, der sich schon mit Hundeerziehung am lebendigen Objekt beschäftigt hat (der also schon ein oder mehr Hunde hatte). Außerdem seid ihr keine Schäfer und habt daher keinen Grund dazu, dass ihr einen Hund vom Welpenalter an trainiert. Weil ihr bisher noch keinen Hund habt und auch noch zweifelt, seid ihr keine absoluten Sheltie-Liebhaber.
Mein Tipp: Geht ins Tierheim und holt euch da einen Hund. Ihr seid nicht auf eine Rasse angewiesen und es gibt sehr viele Mischlinge, die auch ein schönes Zuhause verdient haben. Die können auch gut erzogen werden, auch wenn sie erwachsen sind, und werden euch genauso lieben und haben es auf jeden Fall verdient. Und wenn ihr im Tierheim einen erwachsenen Sheltie trefft und euch verliebt, dann habt ihr ja doch einen Sheltie. Aber lasst auch anderen Rassen oder Mischlingen eine Chance, weil ihr nicht auf einen Sheltie angewiesen seid, aber diese Hunde auf so tolle Familien wie euch schon!
Danke!