Hallo!
Ich war als Arzt der Bundeswehr etwas über ein Jahr in Afghanistan, daher kann ich ggf. Fragen fundierter beantworten als Andere hier.....
Das Engagement unter dem Mandat ISAF wird aller Voraussicht nach bis Ende 2012 beendet sein. Eine Nachfolgemission "Resolute Support" wird gegenwärtig verhandelt - allerdings werden Ergebnisse erst nach der afghanischen Wahl im April 2014 sinnvoll weitergeführt werden können, da eine Verlässlichkeit der gegenwärtigen Administration in Afghanistan in Zweifel zu ziehen ist.
Es ist nicht ausgeschlossen, das die Bundeswehr im Rahmen eienr Nachfolgemission auch noch in 5-10 Jahren in Afghanistan präsent sein wird, das wird man aber erst Mitte nächsten Jahres sicher wissen. Der Umfang des Engagements wird dann im Vergleich zu den letzten Jahren erkennbar reduziert sein und sich vermutlich auf Ausbildung und Beratung beschränken, einzig vorstellbarer Ort für die Bundeswehr wäre Mazar E Sherif mit der ausgebauten Infrastruktur.... . Solche "Abenteuer" wie Kunduz, Feyzabad, OPN etc. wird es vermutlich seltener geben, da der politische Wille hierzu fehlt.
Falls Sie DIESES (??????) Jahr Ihre Hochschulreife erwerben würden (Ende des Kalenderjahres eine Abi-Prüfung ????), so könnten Sie beim Wehrdienstberater anfragen bzgl der Möglichkeit sich zu verpflichten mit dem Ziel des Medizinstudiums und der Karriereperspektive Sanitätsstabsoffizier / Facharzt. Bevor Sie sich verpflichten möchten, rate ich zu einem Berufserkundungspraktikum ein einer Sanitätseinrichtung der Bundeswehr, z.B. in einem der fünf Bundeswehrkrankenhäuser, dort z..B. in der jeweiligen Notfallaufnahme, da hier am ehesten interdisziplinär gearbeitet wird und viele der Kollegen dort Erfahrungen in der zivilen wie der einsatzbezogenen Medizin haben. Hier können Sie von Ärzten / Medizinstudenten unmittelbar erfahren was für Vor- / Nachteile der Arztberuf im Umfeld der Bundeswehr im Besonderen mit sich bringt. Dieses Wissen kann es erleichtern eine nachhaltige Berufswahl zu treffen und nicht blauäugig überrascht zu werden.
Nach dem eigentlichen Studium der Humanmedizin mit einer Mindeststudiendauer von 6 Jahren schließt sich eine erste klinische Verwendung von etwa 2 Jahren an, während der auch diverse Kurse durchlaufen werden wie der zur Erlangung der bundeswehreigenen Qualifikation für notärztliche Tätigkeit, die bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen durch die jeweils zuständige Landesärztekammer anerkannnt werden kann als Zusatzbezeichnung Notfallmedizin. Danach schließen sich weitere Lehrgänge und Kurse an, die die Ärzte "combat ready" machen. Ins Ausland geschickt wird man als Arzt also frühestens nach etwa 9-10 Jahren. Ob wir in 9-10 Jahren noch in Südasien präsent sein werden ist fraglich. WO wir mit der der Bundeswehr im Ausland präsent sein werden ist fraglich. OB wir mit der Bundeswehr im Ausland aktiv sein werden ist abhängig vom schwer vorhersagbaren Verlauf nationaler und internationaler Politik. Wenn es dann ins Ausland geht, so ist für Ärzte der maximale Einsatzzeitraum bei 2-4 Monaten, in besonderen Verwendungen auch länger, das ist aber die rare Ausnahme. Familien zerbrechen in solchen Zeiträumen, Freundschaften lösen sich auf und das Privatleben leidet.
Zur eigentlichen Frage:
Die Sprache die benötigt wird ist in erster Linie deutsch, dann englisch als NATO - Sprache zu Kommunikation mit den Partnern im multinationalen Kontext. Es kann hilfreich sein regionale Sprachen zu beherrschen, in Afghanistan wären dies Dari als Dialekt des Farsi und Pashto. Andere Sprachen / Dialekte sind für die Verständigung vor Ort nicht erforderlich. Für die Kommunikation mit Einheimischen stellt die Bundeswehr in aller Regel englischsprachige Ortskräfte ein, die mal kaum verständlich, mal ausgezeichnet übersetzen können. Im Rahmen ärztlicher Tätigkeit ist die sichere Beherrschung der englischen Sprache ausreichend, spezielle Sprachkurse werden im Rahmen des Ausbildung zum Offizier durchlaufen. Die medizinische Fachsprache ist durch das Lesen englischsprachiger Fachliteratur relativ einfach erlernbar und dank Verwendung anglisierter lateinischer Fachtermini nicht sehr unterschiedlich zur deutschen Fachsprache. Ich kam mit vielleicht 50-100 Worten / festen Redewendungen in Dari gut über die Runden...... .
Die Zukunft ist unsicher. Ein Analyst sprach von sehr viel Potential für Auslandseinsätze auch der NATO im nordafrikanischen Raum. Hier war und ist die Bundeswehr bereits mit zahlreichen kleineren Missionen präsent - von Somalia bis nach Mali, von Uganda bis in den Kongo leisteten und leisten Soldaten der Bundeswehr ihren Dienst. Nicht immer sind Ärzte involviert. Man darf aber damit rechnen, das Syrien nicht über 10 Jahre hinweg ein Tabuthema bleiben wird, das aufgrund der besonderen Beziehungen Deutschlands sowohl zu Israel als auch zu den arabischen Staaten hier ein Engagement jenseits der UNIFIL vorstellbar ist. Zentralasien ist weiterhin vorstellbar als Schauplatz künftiger Szenarien.