Hallo:
Zum einen ist es Neid. Annehmbare Arbeitsbedingungen, anders als z.B. zur Zeit in der Lebensmittelbranche der Fall (immer mehr geringfügig beschäftigte - Lohndumping wird hier ausprobiert...)
Aber auch folgendes:
Die Umsetzung von Gesetzen erfolgt über die Formulare, die die Bürger abgeben, um damit Leitungen des Staates in Anspruch zu nehmen. Dies erfolgt über die Dienstleistung, die die Verwaltung macht: Auswerten und erklären der Formulare.
Also ist die Verwaltung eines "der Besten" Angriffsfläche gegen teilweise (unsinnige) Gesetze. Da bringt manch ein Bürger seinen Unmut über bestimmte Gesetze in Berlin damit zum Ausdruck, dass "ihn der Papierkram so aufregt".
Umso mehr Zeit allerdings ein Bürger mit dem "Papierkram" zu tun hat, umso weniger Zeit hat er auch, sich mit Leuten zu treffen, irgendwelche Demonstrationen zu besuchen oder zu organisieren.
Dass heißt, umso mehr er sich auf die Ausfüllung der Formulare = "Negativstress" konzentrieren muss, umso weniger Zeit hat er, sich auf eben "Positivzeugs" wie Treffen mit Leuten zu konzentrieren. Das heißt, man wird durch das sich-mehr-mit-Formularen-beschäftigen gezwungen, sich weniger in Gruppen, Partei-
en etc. zu organisieren, was wiederum die Wut auf "die Behörden" erhöht, weil man keine andere Möglichkeit hat, sich gegen als z.B. wenig gerecht empfundene Gesetze zu wehren. Also ein Teufelskreis. Auch weil man weiß, dass manche Gesetze von dem bzw. der einzelnen Sachbearbeiterin, je nach dessen/deren Interessen (also was er/sie sich am meisten behält von dem Gelernten) auch unterschiedlich ausgelegt werden könnte. Kein Sachbearbeiter der Welt, selbst mit 20 Jahren Berufserfahrung, kann alle Regeln, alle Formulare etc. so gut kennen, denn jeder Fall ist unterschiedlich! Dass heißt der einzelne Sachbearbeiter müsste meiner Meinung nach auf EIN oder ZWEI "Formularsätze" getrimmt werden, um alle "Querverbindungen" zu anderen "Formularsätzen" dauerhaft kennen zu lernen. Aber das wird nicht umgesetzt, im Gegenteil fängt man an, immer mehr Teilzeit- bzw. befristet Beschäftigte und nicht sozialversicherungspflichtig Beschäftigte einzusetzen. Die dann noch länger brauchen, glaube ich.
Bei schon 40% in einer 1-Z.-Whg.-Lebenden ist die Zeit, in der man die Formulare ausfüllen muss, als noch wertvollere Zeit anzusehen als früher, da man ja dann auch noch oft Strecken zurücklegen muss, die Zeit kosten, um seine Freunde zu treffen.
Ausserdem fällt es immer mehr Leuten schwer, ihre ganzen Unterlagen über Fortbildungen etc. privat zu ordnen - da es ja immer mehr werden, man besucht ja heute viele Weiterbildungen und lässt sich über wirklich alles - auch den zweitägigen Schwimmkurs - eine übermäßig hochwertige "Bescheinigung" geben. Warum: Weil die Inflation greift und immer mehr Menschen immer mehr arbeiten müssen, um ihren Standard zu halten. Früher musste ein Familienvater arbeiten, als höherer Angestellter z.B., um ein Haus zu bauen und Kind und Kegel zu ernähren, ihnen eine gute Ausbildung zu verschaffen usw. Leider ist DE im europäischen Vergleich auch schon Billiglohnland. Heute muss Mann wie beschrieben arbeiten und noch einen 400Euro Job ausüben oder seine Frau etwas arbeiten, um dasselbe Niveau halten zu können. Auch dass es immer weniger Kinder gibt, hat damit zu tun.
Und wenn man heute, wie du schon sagtest, 45-50 Std. in der Woche arbeitet, ist es natürlich auch für die nicht in der Verwaltung arbeitenden Bürger, die keine Affinität zum Ordnen und Verwalten spüren, eine ernsthafte Arbeit, diese Unterlagen, gerade auch die von vor Jahren, zu ordnen und sich mit unverständlichen Nummern und wenig Aussagekräftigen "Formblättern" (ich rede jetzt vom Beispiel BaföG) und ellenlangen Erklärungsblättern zu beschäftigen.
Ist ja nett und so - aber z.B. gerade wenn man in der Familie dann nach Formularen sucht, kann das schon mal nerven.
Naja, und dann muss man sich ansehen, was in der Gesellschaft passiert: Schau mal, wie viele Zeitarbeitsfirmen entstanden sind. Habe ich schonmal beobachtet: Da kannst du hingehen, ein Formular, ganz kurz, vor Ort, an der Rezeption, ausfüllen, dir kann sofort jemand bei Fragen weiterhelfen, du musst nicht warten, das Formular ist eher eindeutig gehalten, du kannst persönliche Anmerkungen machen, z.B. eine genaue Beschreibung einer Tätigkeit in einem kurzen Satz - es gibt eben immer mehr Berufe, die nicht auf diesen normalen Formularen zu finden ist - heute ist eben nicht jeder DiplIng oder Meister oder "Berufsausbildung", sondern es gibt irgendwelche Fernabschlüsse von privaten Fernunis (asugedacht "Esoterischer Heiler", Staatl. anerkannt, kennt aber kein Mensch), irgendwelche Weiterbildungen (Business Management English, 1600 Std., Staatl. anerkannt), die auch kein Mensch kennt, die aber existieren und auf diesen Formularen nie sicher einzuordnen sind. Dass heißt, die Formulare sind altmodisch. Also ist das evtl. für manche Bearbeiter ein Problem, wenn sie nicht wissen, wie dein Abschluss zu bewerten ist, weil neu.