Ich antworte Dir als Nichtstudent, und kann Dir deshalb nur meine persönliche Meinung sagen. Mein Abi ist ein paar Jährchen her. In dieser Zeit habe ich ein wenig beobachten können und mir darüber natürlich Gedanken gemacht.
Wenn Du Dir das derzeitige Wirtschaftssystem anschaust, dann wirst Du sehen, dass Dinge passieren, die von Analysten vielleicht dargestellt, aber nicht erklärt werden können. Als eine Blase nach der andren an der Börse geplatzt war, standen sie alle ratlos da und wußten nicht was passiert. Als Banken pleite gingen wußte man im Nachhinein so halbwegs, was schief gelaufen ist. Man vermutete es eher. Mehr brauchte es aber auch nicht. Und gelernt hat man auch nichts daraus, denn es kam Hilfe, die nicht zu knapp, und nach 2 Monaten wußten die Banker schon gar nicht mehr, wie man das Wort Krise überhaupt ausspricht. Das Wirtschaftssystem ist so kompliziert, dass Politiker Kommissionen brauchen, die ihrerseits Berater anheuern, welche wiederum Wirtschaftswaisen beauftragen, um das ganze System steuern zu können. Leider reden die dann so einen Senf, dass man zwar nicken kann, aber es trotzdem nicht versteht. Das heißt, die Herrschaften backen ihr eigenes Brot und lassen sich dabei nich über die Schulter schauen und können deshalb machen was sie wollen. Wie das geht, lernst Du vermutlich schon im BWL-Studium.
Das einfache - nein, nennen wir es das arbeitende Volk, die Menschen, welche die Wertschöpfung erbringen, verstehen nicht, wieso Pleitebanken Geld bekommen, weitermachen dürfen, andere Banken mitmachen und am Sparkassenschalter ein Kurzkredit mangels Bonität abgelehnt wird. Sie verstehen auch nicht, wie es möglich ist, unheimlich viel Geld zu verdienen und keine Steuern zu zahlen. Sie verstehen nicht, wie Agenturen den Geldmarkt, die Politik und auch den Arbeitsmarkt bestimmen, indem Sie einen Furz lassen. Entschuldige die derbe Ausdrucksweise. Das im Großen. Im Kleinen sieht es so aus: Eine Belegschaft tut ihren Dienst und bekommt plötzlich einen Auswärtigen zur Seite gestellt, der die Arbeit beobachtet und bewertet. Die Belegschaft muß auf wohlgestaltete Zettel aufschreiben, was sie macht und wie lange sie dafür braucht. Am Ende der halbjährlichen Beobachtung wird die Belegschaft verkleinert - ein BWLer würde sagen: effektiver gemacht.
BWLer können in Unternehmungen aufgrund ihres Wissens gleich oben einsteigen. Oben bedeutet, sie dürfen Entscheidungen treffen, Angestellte leiten, die Geschicke des Unternehmens mitbestimmen. Das ist gut, denn sie wissen sehr viel - theoretisch. Das nicht so gute daran: praktisch aber haben sie keinen blassen Schimmer und richten in meinen Augen damit sehr viel Schaden an.
BWL ist in meinen Augen der Grundstein zum Betrug am Volk. Fertig. Das ist jetzt sehr vereinfacht ausgedrückt und mag in vielen Beispielen nicht stimmen. Ich bin trotz allem fest davon überzeugt, dass eine vernünftige Lehre in einem mittelständischen Betrieb, mehr betriebswirtschaftlichen Nutzen bringt, als jedes Studium allein. Ich bin der Meinung, ein Student, gerade ein BWLer sollten nach seinem Studium und vor seinem Einsatz als Führungskraft die Drecksarbeit in einem Unternehmen machen. Auch das ist wieder derbe ausgedrückt, aber es ist einfach: sehen die Leute die Arbeitsabläufe am Band, die Bedingungen in der Produktion, den Murks in der Planung... dann können sie wirklich Entscheidungen treffen. Entscheidungen, die fundiert sind und gut für ein Unternehmen und die Wirtschaft.
Ich selbst habe ein kleines Unternehmen und muß nach ganz einfachen Dingen handeln: Ich brauche Geld zum Leben. Geld bekomme ich durch Kunden. Ich brauche also Kunden. Kunden bekomme ich, indem ich gute Ware und noch bessere Arbeit abliefere. Gute Ware bekomme ich, indem ich mich informiere, bessere Arbeit leiste ich durch besseres Wissen. Ich muß also lernen. Lernen kann ich, wenn ich genug Geld dafür habe. Stimmt ein Punkt nicht in diesem Kreis, dann kann ich den Laden zumachen. So einfach kann Wirtschaft manchmal sein.
Ich würde gern noch jede Menge dazu schreiben, aber ich habe die letzten 10 Minuten einen wichtigen Punkt aus der Hauswirtschaftslehre nicht beachtet: Lasse niemals kleine Kinder ohne Aufsicht! :-\
In diesem Sinne. Viel geschrieben, viel Frust abgelassen, aber hoffentlich ein paar wichtige Gedanken an den Mann oder die Frau gebracht.
Herzliche Grüße.