Hallo Marie,
Du bist offenbar in einer wirklich sehr schweren Situation, allerdings nicht erst seit einem halben Jahr, sondern spätesten, seitdem Du Dich angefangen hast mit 12 Jahren zu ritzen.
Vielleicht kann Dich die Psychaterin krank schreiben, vielleicht kannst Du lange schlafen, aber wenn Du aufwachst, wird alles so sein, wie es vorher war.
Wenn Du seit den Sommerferien Panik hast, dann ist das ein Gefühl und zwar ein ziemlich starkes, das aus einem Angstgefühl resultiert. Fast alle Gefühle, die man als Mensch hat, sind die Folge seiner Gedanken über eine Situation in der er sich gerade befindet.
Wenn Du willst, dass es Dir wieder besser geht, dann frage Dich, welche Gedanken Dich umtreiben!
Deine erste Frage, die Du hier mit 14 gestellt hast, drehte sich um Deinen damaligen Freund und Deine Angst, dass die Beziehung kaputt gehen könnte.
Deshalb möchte ich Dir mit folgendem Beispiel zeigen, dass nicht eine Situation Deine Gefühle auslöst, sondern Deine Gedanken über die Situation.
Nehmen wir an Dein Freund hat Dich nicht nur betrogen, er hat auch mit Dir Schluss gemacht.
Was fühlst Du? Nun, es kommt drauf an, was Du über Die Situation denkst.
Wenn Du denkst: "Er war der Mann meines Lebens, er war perfekt, er war schön, ich werde nie wieder einen so tollen Freund finden", dann wirst Du vermutlich traurig sein.
Wenn Du denkst: "dieser Blödmann, der hat mich gar nicht verdient, verlässt mich einfach wegen einer anderen,", dann wirst Du Dich ärgern oder wütend sein.
Wenn Du denkst: "Gott sei Dank, der Typ ging mir ja nur noch auf die Nerven, gut dass er Schluss gemacht hat, wollte ich ja auch, aber ich hab mich halt nicht getraut", dann wirst Du zumindest Erleichterung verspüren vielleicht sogar Freude, denn Depp los zu sein.
Dreimal die gleiche Situation, drei verschiedene Gedanken und drei verschiedene Gefühle!!!
Du machst Dir viele Gedanken, wie Deine Fragen zeigen. Viele von ihnen drehen sich um Schmerzen und die Frage, was das wohl sein könnte, woraus ich schließe, dass Du Dir schnell Sorgen machst.
Wie war das bevor Du 12 Jahre wurdest? Hast Du Dir solche Fragen schon in der Grundschule gestellt?
Du hast seit den Sommerferien Panik, schreibst Du. Warum? Hast Du Angst zu versagen, Sachen nicht zu verstehen?
Wie hast Du es geschafft, in den Jahren zuvor keine Panik zu haben? Was hat sich geändert?
Du bist jetzt in der 10. Klasse. 9 Klassen hast Du also offenbar erfolgreich gemeistert. Jedenfalls bist Du versetzt worden, sonst wärst Du nicht da, wo Du heute bist. Das ist ja wohl schon mal eine gute Leistung oder?
Du schreibst, dass Du jede Englischstunde einschläfst. In den anderen Stunden scheint das nicht zu passieren. Woran liegt das? Sind die Englischstunden immer spät oder magst Du Englisch nicht, oder hast vielleicht sogar etwas Angst davor?
Wie schaffst Du es in den anderen Stunden wach zu bleiben und wie hast Du das in den letzten Jahren geschafft?
Wenn Du Zeit hast, dann setzt Dich einmal in Ruhe hin und gehe Dein Leben durch. An welche glücklichen Momente erinnerst Du dich?
Was waren das für Situationen?
Wie alt warst Du jeweils?
Was hast Du in diesen Situationen gedacht und gefühlt?
Bewerte diese Situationen auf einer Skala von 0 bis 10, wobei 0 für "Absolut grässlich und maximal depremierend" und 10 für "Einfach himmlisch, so müsste es immer sein" steht.
Dann überlege, wann es Dir schlecht ging
Was waren das für Situationen?
Wie alt warst Du jeweils?
Was hast Du in diesen Situationen gedacht und gefühlt?
Und schließlich bewerte Deine aktuelle Situation auf der Skala und beantworte Dir ebenfalls die 3 Fragen, vor allem die letzte Frage: was denkst Du über Deine aktuelle Situation und welche Gefühle löst das in Dir aus.
Für mich klingt es, als ob Du im Moment auf der Skala bei 0 oder 1 bist. Kann auch falsch sein. Bewerte Du Deine aktuelle Situation.
Egal welchen Wert Du vergibst: überlege Dir, was passieren müsste, damit Du von diesem Wert einen halben Punkt höher kommst.
Angenommen Du hättest Angst Sachen nicht zu verstehen: was könntest Du tun, um diese Situation zu verbessern?
Mit anderen Klassenkameraden lernen?
Nachhilfe nehmen?
Vermutlich gab es in der 8. und 9. Klasse auch Fächer und Themen, die schwierig waren. Wie hast Du damals alle Klippen gemeistert? Kannst Du auf die gleiche Weise Deine heutigen Herausforderungen meistern?
Stell Dir vor heute Nacht geschieht ein Wunder und alle Deine Sorgen und Probleme lösen sich in nichts auf. Du merkst es aber nicht, weil Du schläfst.
Morgen früh wachst Du dann auf und beginnst mit Deinem Tag.
1. Woran merkst Du, dass dieses Wunder geschehen ist?
2. Was ist dann anders? Was wirst Du dann tun, was Du jetzt nicht tust?
3. Was wird den Menschen, die Dich kennen als erstes auffallen?
Ich wünsche Dir alles Gute und viel Erfolg!