Das "Trennungsprinzip" beinhaltet, dass das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft (z.B. Kaufvertrag, Tauschvertrag, Schenkungsvertrag) von dem dinglichen Erfüllungsgeschäft (Übereigung) getrennt ist.
Das "Abstraktionsprinzip" besagt darüber hinaus, dass die Wirksamkeit der beiden Geschäfte nicht voneinander abhängt d.h. das das eine auch ohne das andere wirksam besehen (bleiben) kann.
Im Einzelnen:
Ein Kaufvertrag ist ein sog. (schuldrechtliches) Verpflichtungsgeschäft. Mit dem Kaufvertrag verpflichtet sich der Verkäufer (nur) den Kaufgegenstand an den Verkäufer (irgendwann einmal) zu übereignen. Der Käufer verpflichtet sich leidglich (irgendwann einmal) den Kaufpreis zu bezahlen. Weiter nichts. D.h. trotz wirksamem Kaufvertrag bleibt der Verkäufer weiter Eigentümer der Sache und der Käufer bleibt weiter Eigentümer des Geldes. Beide haben sich eben nur verpflichtet. Der Kaufvertrag wurde aber noch nicht vollzogen bzw. „erfüllt“. Der Vertrag ist auch ohne Erfüllung wirksam.
Um den Kaufvertrag (irgendwann) zu erfüllen, sind dann zwei sog. (dingliche) Erfüllungsgeschäfte notwendig. (1). Der Verkäufer muss dem Käufer gem. §§ 929 ff. BGB Eigentum an der Sache verschaffen. (2.) Der Käufer muss dem Verkäufer gem. §§ 929 ff. Eigentum an dem Geld verschaffen.Dass im deutschen Recht die Verpflichtung zur Übereignung (z.B. Kaufvertrag, Tauschvertrag oder Schenkungsvertrag) und die möglicherweise irgendwann folgende Vollziehung der Verpflichtung d.h. Übereignung (z.B. einvernehmliche Übergabe) rechtlich voneinander getrennt sind, nennt man „Trennungsprinzip“.
Dass die Verpflichtung zur Übereignung (z.B. Kaufvertrag, Tauschvertrag oder Schenkung) darüber hinaus auch ohne eine Eigentumsübertragung wirksam bestehen kann und dass andersherum die Eigentumsübertragung wirksam bestehen bleibt, selbst wenn das Verpflichtungsgeschäft (z.B. Kaufvertrag, Tauschvertrag, Schenkungsvertrag) unwirksam war oder z.B. durch eine Anfechtung unwirksam wird, nennt man „Abstraktionsprinzip“. D.h. die Wirksamkeit der Verpflichtung ist „abstrakt“ d.h. unabhängig von der Wirksamkeit der Vollziehung (z.B. Übereignung). Der Kaufvertrag bleibt bestehen, selbst wenn die Vollziehung (Übereignung) unwirksam war oder wird und die Übereignung bleibt bestehen, auch wenn der Kaufvertrag unwirksam war oder wird.
Ich kann Ihnen nach deutschem Recht z.B. wirksam den Mond verkaufen d.h. mich schuldrechtlich dazu verpflichten, Ihnen Eigentum am Mond zu verschaffen, auch wenn ich nie in der Lage sein werde, diese Verpflichtung zu erfüllen, d.h. Ihnen tatsächlich Eigentum am Mond zu verschaffen. Der Kaufvertrag ist trotzdem wirksam und führt dazu, dass ich Ihnen ggf. Schadensersatz leisten muss, weil ich den wirksamen Vertrag nicht erfüllen kann. So heißt es in § 311a Abs. 1 BGB: „Der Wirksamkeit eines Vertrags steht es nicht entgegen, dass der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht und das Leistungshindernis schon bei Vertragsschluss vorliegt.“
Das Abstraktionsprinzip ist Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, ergibt sich aber aus § 812 Abs. 1 S. 2 BGB. Dort heißt es:„Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.“
D.h. wenn z.B. ein Kaufvertrag der durch Übereignung erfüllt wurde später wegfällt, weil er z.B. wirksam angefochten wird, dann bleibt die Übereignung trotzdem wirksam bestehen und der Verkäufer hat "nur" gem. § 812 Abs. 1 S. 2 BGB ein Anspruch auf Rückübereignung.
Die meisten Rechtsordnungen anderer Länder kennen das Abstraktionsprinzip nicht. D.h. wenn dort ein Kaufvertrag geschlossen wird, geht das Eigentum in der gleichen Sekunde mit nur zwei Willenserklärungen gleich mit über. Es gibt keine gesonderte Übereignung. Das ergibt auch solange Sinn, wie es sich um Geschäfte handelt, die sofort vollzogen werden (z.B. Einkäufe im Supermarkt). Wenn aber die Verpflichtung (Kaufvertrag) und die Vollziehung (Übereignung) zeitlich auseinander fallen (z.B. Ratenkauf oder Eigentumsvorbehalt) oder wenn zwar das Verpflichtungsgeschäft (z.B. Kaufvertrag) unwirksam ist, sich aber beide Parteien einig sind, dass das Erfüllungsgeschäft d.h. der Eigentumsübergang wirksam bleiben soll, sind diese anderen Rechtsordnungen nicht so präzise wie das deutsche System.