Ich kann dir leider nur die Sicht aus Krav Maga beschreiben. Protecto habe ich mir angesehen, und kann dir die Punkte nennen, die mir nicht zusagen. Ohne Protecto abwerten zu wollen, aber vielleicht findet sich noch jemand, der eine bessere Einsicht zu Protecto bieten kann.
Krav Maga (in meinem Fall Krav Maga Maor) "lebt", d.h. es fließt alles ins System mitein, was funktioniert und erprobt ist. Es wird darauf abgezielt, einen Kampf schnell zu beenden, am besten schon unter 10 Sekunden, da es hier nicht um sportliche Selbstverwirklichung geht, sondern um effektive Selbstverteidigung. Je länger ein (ernsthafter) Kampf geht, desto rapider sinken die Chancen der eigenen Unversehrtheit. Noch nie hat jemand davon profitiert, wenn ein Kampf sich unnötig in die Länge zieht. Ganz besonders, wenn es sich um mehrere Angreifer handelt. Im Grunde genommen muss mit jedem Schlag einer fallen. Denk daran, wie oft in Zeitungen von sogenannten U-Bahn-Schlägern berichtet wurde, und wie die Fälle für die Opfer ausgingen, selbst für die, die nur helfen wollten (z.B. Dominik Brunner). Krav Maga ist bei konsequentem Training in zwei Jahren erlernbar, aber die wenigen Techniken sollten dann immer weiter trainiert werden. In Krav Maga Maor trainieren wir nach dem A/B-Prinzip: du hast mehrere Möglichkeiten zu reagieren, suchst dir eine Technik die dir gut liegt und die du leicht beherrschst, das wird deine A-Technik. Dann suchst du dir eine zweite Technik, falls A nicht funktioniert. Das wird dann deine B-Technik.
Zu meiner Sicht zu Protecto möchte ich vorab sagen: ich erhebe keinen Anspruch auf Richtigkeit, stelle nur meine Sicht dar, meinen persönlichen Eindruck. Protecto sieht elegant aus. Man sieht schöne, schwingende Bewegungen, es sieht spektakulär aus, und könnte dem aktuellsten Martial-Art-Film entsprungen sein. Aber: warum soll ich mich so lange mit meinem Gegner beschäftigen? Warum nicht (unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit) einfach umhauen und im Zweifel das Weite suchen? Das hat dann nichts mit feige zu tun, so viel Reife muss sein. Statt mein Training mit aufwendigen "Specialeffects" zu vergeuden, die jahrelang eingeübt werden müssen, kann ich mich noch auch auf effektiveres konzentrieren. Natürlich sieht das alles toll aus - aber wer hat die Zeit, von morgens bis abends solche Techniken zu trainieren? Nur damit eventuelle Zeugen vor Gericht später beschreiben, wie elegant der Kampf aussah? In Selbstverteidigung sollte niemals der Weg das Ziel sein, außer du hast "höhere" Ziele.
Viel Erfolg.
Loner