Ich hatte den Text als Kommentar hinterlassen, will das jetzt aber trotzdem noch mal als eigene Antwort dastehen lassen.
Armut zu bekämpfen heißt Wachstum stärken - nicht umgekehrt.
Soziale Sicherheit und Armutsbekämpfung sind kein Luxus der erst dann erarbeitet wird, nachdem man ein "erfolgreiches Wachstum" erzeugt. Das was die Wirtschaft tatsächlich ankurbelt sind Investionen in Humankapital und in die Kaufkraft der Unter- und Mittelschichten: Denn wer gesichert ist, kann sich weiterbilden, "konsumieren" und produktiv am Arbeitsmarkt mitmischen. Es heißt ja nicht ohne Grund, dass Länder mit starker Sozialpolitik schneller und stabiler wachsen als jene, welche mit Scheuklappen auf eine "Trickle-Down" Wirtschaft setzen. Da bleibt das Geld einfach nur bei "denen da oben" hängen und trägt prinzipiell wenig bis garnicht zu einer zukunftsorientierten Wirschaft bei.
Bezug Bürokratie:
Man liest sehr oft wie Bürokratie pauschal verteufelt wird, obwohl es eben diese zahlreichen Regulierungen sind, die gerade die Schwächsten der Gesellschaft vor Ausbeutung schützen. (Man denke hierbei an Mindestlohn, Arbeitsschutz, Mietrecht, usw.)
^ Hier allerdings auch der direkte Knackpunkt: Statt genereller Deregulierung braucht es eine zielgenaue Modernisierung. Digitale Antragstellungen und Förderprogramme könnten die Bürokratie bereits ein gutes Stück abbauen und gleichzeitig sicherstellen, dass die Hilfen dann auch dort ankommen wo sie am meisten gebraucht werden.
Zur Wirtschaft:
Schuldenaufnahmen bei Krisen (wie bei Corona oder bei den Finanzkrisen) ist zwar gerechtfertigt, darf und kann aber nicht zur magischen Lösung für alles werden. Jeder Euro den der Staat heute als Schulden ausgibt, muss morgen refinanziert werden. Und das trifft die Armutsgefährdeten und Einkommensschwachen am absolut härtesten. Denn das erste das abfließt sind die Sozialkassen oder die lecker saftigen Steuererhöhungen. (Wer die paar Prozente dann am härtesten spürt, kann man sich ja vorstellen).
Auch hier nochmal anzumerken: Eine Politik, welche die Inflation als Schuldenentwertung sieht, tut nichts anderes als die Kaufkraft derjenigen aufs Spiel zu setzten die ohnehin schon keinen Spielraum haben.
Deshalb sind Wirtsschaftsstrategien ohne moralische oder soziale Kernpunkte ein direkter Weg zur Ungleichheit und führt unweigerlich zu sozialen Spannungen welche dann am Ende den Wachstum bremsen (z.B. Streiks, Proteste oder auch die Fachkräfteabwanderung).
Genau deshalb sollte eine moderne soziale Marktwirtschaft wirtschaftliche Effizienz mit sozialer Gerechtigkeit verbinden. Denn wer das bekämpfen von Armut als "Heftpflasterpolitik" betrachtet, erkennt nicht dass eben diese präventive Maßnahmen (Gesundheitsvorsorge, Kinder- und Schulenförderung, bezahlbares Wohnen) eigentlich genau den gewünschten Effekt erreichen den man so sehr beklagt.
Deshalb: Armut bekämpfen und Wachstum schaffen sind keine Gegensätze, sondern sich ergänzende Ziele. Eine Kluge Politik investiert sowohl in Menschen durch Bildung, Gesundheit und sozialer Absicherung (Wohnen, Lohn, etc.) als auch in Strukturen (Infrastruktur und Digitalisierung) um ein nachhaltiges Wachstum zu ermöglichen.
Soziale Gerechtigkeit (In dem Fall spezifisch Armutsbekämpfung) ist daher absolut nicht zweitrangig, sondern Grundvoraussetzung dafür, dass eine stabile und wachsende Wirtschaft enstehen kann.