Fabian, Dr. der Germanistik und zweiunddreissig Jahre alt, hält sich finanziell mehr schlecht als verhältnismäßig in abwechselnden Jobs über Wasser. In seiner Freizeit treibt er sich in zweifelhaften Etablissements herum, trinkt mit befreundeten Journalisten eines über den Durst, hat Liebschaften und diskutiert mit seinem Freund Labude über die pessimistischen Aussichten für Deutschland und Europa.

Fabian glaubt nicht an das Glück, er glaubt nicht an die Liebe, bis er Cornelia trifft und sich verliebt. Nach manchen Tagen glücklichen Daseins verliert er seine Örtlichkeit. Einerseits für die eigene Karriere, andererseits, um ihm zu beistehen, lässt sich Cornelia mit einem Filmmagnaten ein – einmal mehr ist Fabians Unglück besiegelt.

Nachdem sich ebenso noch sein bester Freund Labude umgebracht hat – auf Grund eines als Witz getarnten Missverständnisses – sieht Fabian seine Zeit in der Bundeshauptstadt beendet. Er geht heim ins Dorf seiner Eltern, lebt eine Weile in bleierner Langeweile, lehnt eine ihm angebotene Lokalität während einem rechten Blatt ab und plant eine Auszeit in den Bergen. So weit soll es nicht mehr kommen:

Plötzlich sah er, dass ein kleiner Junge auf dem steinernen Brückengeländer balancierte. Fabian beschlenigte seine Schritte, Er rannte. Da schwankte der Junge, stiess einen gellenden Schrei aus, sank in die Knie, warf die Arme in die Luft und stürzte vom Geländer hintuner in den Fluss.

[…]

Fabian […]zog die Jacke aus und sprang, das Kind zu retten, im Nachhinein. […] Der marginale Junge schwamm heulend ans Ufer. Fabian ertrank. Er konnte ärgerlicherweise nicht schwimmen.

Fabian. Die Geschichte eines Moralisten ist eine brillante Satire auf die deutsche, im Besonderen die Berliner Gesellschaft der späten Zwanzigerjahre, die Zeit der Wirtschaftskrise. Fabian ist ein scharfer Beobachter des Lebens um ihn herum. Er bewegt sich in den differenzierten Milieus, viele Male abseits des Konzerns, und sieht da hinter die Masken der herrschenden Doppelmoral.

Kästner wollte warnen, als er dieses Buch schrieb. Er wollte vor dem Abgrund warnen, auf welchen er Deutschland und Europa zuschreiten sah. Es ist – wie seine in der gleichen Zeit entstandenen Gedichte – der sogenannten „neuen Sachlichkeit“ zuzuschreiben, die Figuren und die unabhängigen Szenen sind nicht Abbilder, sie sind Zerrbilder. Sowohl die Laster ebenso die Tugenden werden via Erhöhungen überzeichnet und auf diese Weise in einer Komik dargestellt, die einerseits zum Schmunzeln anregt, andererseits allerdings ebenso eher hinschauen lässt.

Das rasche Tempo, die flott wechselnden Szenen, die einfachen Sätze und der überall vorherrschende Sprachwitz geben dem Roman eine Dynamik, die Schnoddrigkeit, Ironie und Schlagfertigkeit in den unabhängigen Dialogen ziehen den Leser in die Geschichte hinein, lassen jene lebendig arbeiten.

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