"The Show Must Go On!" - es sei denn, die 'stillen Tage' stehen vor der Türe...

Selbstverständlich freuen wir uns in jedem Jahr auf die freien Tage an Ostern, die wir i.d.R. im Kreise der Familie verbringen. Doch für viele (junge) Menschen würde sich an Ostern die ideale Gelegenheit bieten, ordentlich das Tanzbein zu schwingen. Das Tanzverbot allerdings gilt hier für viele als alljährliche Spaßbremse. Wir haben mit der gutefrage Community darüber diskutiert, wie sinnvoll und zeitgemäß ein solches Verbot heute noch ist.

gutefrage-Redaktion
10.4.2024
Dancefloor

Innere Einkehr und Ruhe an den 'stillen Tagen'

Wir Deutschen lieben unsere Feiertage. Ja, doch...unsere Feiertage sind uns - egal, welcher oder ob wir letztendlich überhaupt einer Glaubensrichtung angehören - mehr als heilig! Hach, was wir an den Feiertagen für gewöhnlich so alles erledigen können: Wenn das Wetter mitspielt werden die Wanderschuhe geschnürt, das Auto mal ordentlich geputzt, mit Freunden ein paar Bierchen getrunken oder ein Tag am See genossen. Natürlich kommt die Familie an Ostern ebenfalls nicht zu kurz und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass wir mit oder ohne den Kindern im Gepäck bei Oma, Opa, Mutter, Vater, Schwester, Bruder, Tante, Onkel, Cousine, Cousin oder Schwippschwager vorbeischauen und - dem Sinn und Zweck des Feiertages entsprechend - ein wenig in uns gehen und.... äh, Moment! Wieso wird gleich wieder Ostern gefeiert?!

Der Karfreitag z.B. gilt für viele Christen weltweit als der wohl wichtigste Feiertag im Jahr; am genannten Freitag unmittelbar vor Ostern gedenken Gläubige dem Leidensweg sowie dem Sterben Jesu am Kreuz. In Kontrast zu einigen anderen christlich geprägten Ländern in Europa wie beispielsweise Österreich ist der Karfreitag in Deutschland ein bundesweiter und gesetzlicher Feiertag. Und da es sich um einen äußerst wichtigen religiösen Feiertag mit symbolträchtigem Hintergrund handelt, gilt vor allem eines: Im Sinne der religiösen Einkehr sollte so manch weltlicher Freude nicht gefrönt werden!

Der Karfreitag zählt - wie in etwa auch der Totensonntag, Allerheiligen sowie der Buß- und Bettag - zu den sogenannten 'stillen Tagen', für die - je nach Bundesland - ein Tanzverbot vorherrscht. Wie? Endlich Wochenende und ein paar anschließende Feiertage zum Auskurieren und es darf nicht getanzt und ausgiebig gefeiert werden? Nein! In den meisten Fällen sind öffentliche Tanzveranstaltungen, laute Musik, gewisse Unterhaltungsveranstaltungen und sogar bestimmte Filmvorführungen wie "Das Leben des Brian" nämlich verboten.

Das Tanzverbot gilt in allen Bundesländern, hier jedoch in teils unterschiedlichen Ausprägungen: Während es in Baden-Württemberg von Gründonnerstag an ab 18:00 Uhr bis Karsamstag um 20:00 Uhr gilt, besteht das Tanzverbot in Berlin ausschließlich am Karfreitag von 04:00 Uhr bis 21:00 Uhr. In Bayern beginnt die 'stille Zeit' am Gründonnerstag um 02:00 Uhr nachts und endet in der Nacht zum Ostersonntag um Mitternacht.

Da die Anzahl der Atheisten oder nicht praktizierenden Christen unter vielen jungen Menschen von Jahr zu Jahr ansteigt, stellt sich durchaus auch die Frage nach der Verhältnismäßigkeit eines solch allumfassenden Verbots.

Jesus am Kreuz

Widerstände gegen das Tanzverbot

Dass über die Ostertage hinweg nur stark eingeschränkt getanzt, gesungen und (laut) gelacht werden darf, ja, das möchten manche Menschen wahrlich nicht länger wort- und kampflos hinnehmen. Seit mehreren Jahren formieren sich deswegen in vielen Städten Deutschlands Widerstandsverbände gegen die Beschränkungen der tanzfreien Zeit, so u.a. auch in München: Assunta Tammelleo ist Vorsitzende des religionskritischen Bundes für Geistesfreiheit (bfg) und fragt sich, wieso Menschen, die überhaupt nicht an Gott oder den Gottessohn am Kreuz glauben würden, an Ostern nicht feiern und tanzen können sollten.

Auf Seiten christlicher Vertreter hingegen verweist man auf die zentrale Bedeutung dieses Feiertages, der selbst Atheisten oder weniger gläubigen Menschen die Möglichkeit zur inneren Einkehr bieten könne. Heike Springhart, evangelische Landesbischöfin in Baden, betrachtet die Osterzeit als heilsame Unterbrechung für die gesamte Gesellschaft. Egal, ob gläubig oder nicht: In unserer schnelllebigen, komplexen und reizüberfluteten Gesellschaft, in der wir viel zu häufig viel zu wenig Zeit für uns selbst haben, können ein paar Tage der Ruhe und inneren Einkehr wie Balsam für die (dauer-)gestresste Seele wirken. Weiterhin stünden die Beschränkungen der Osterzeit mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang, wonach Clubbesitzer, Barinhaber, Kinobetreiber und Bürger nicht über Gebühr belastet werden.

Damit im Zweifel alles ruhig und leise bleibt, sorgen Ordnungsämter in stichpunktartigen Kontrollen dafür, dass die vorgeschriebene Ruhe eingehalten und das Tanzbein nicht dennoch geschwungen wird. Nach Angaben des Innenministeriums wären bei Zuwiderhandlung Geldbußen bis zu 10.000€ möglich.

Mehre Hände in die Höhe

Ist das Tanzverbot zeitgemäß? DAS sagt die gutefrage Community

Im Zuge unserer Meinung des Tages besprechen wir mit unserer Community immer wieder politisch und gesellschaftlich relevante Themen, daher wollten wir von unseren Nutzern natürlich auch erfahren, wie sie zum Thema Tanzverbot an Ostern denn so stehen.

Die User DraxHope oder Jolle2002 denken, dass das Tanzverbot bestehen bleiben sollte:

Die Leute, die argumentieren, dass wir ja allen religiösen Gruppen ihren Raum bieten sollen, haben natürlich Recht. Aber trotzdem finde ich es wichtig, dass das Tanzverbot an Karfreitag erhalten bleibt, weil

  1. Deutschland ist ein christlicher Staat. Es gibt natürlich auch andere Religionen, aber die Hauptgruppe sind die Christen. Daher sollte man das Tanzverbot erhalten, weil es einfach zum christlichen Glauben dazugehört, um um Jesus zu “trauern”.
  2. Wir sehen doch schon unsere Offenheit für alle Religionen an dem Beispiel des Zucker- und Schlachtfestes. Die Muslimischen Kinder zum Beispiel müssen an dem Tag nicht in die Schule, um den Feiertag ihrer Religion zu feiern. Warum kann man dann nicht auch einen christlichen Trauertag beachten?

Also, meiner Meinung nach sollte man das Tanzverbot am Karfreitag auf erhalten.

Liebe Grüße

Zur Antwort

Man kann schon sagen, dass das Tanzverbot nicht mehr zeitgemäß ist. Auf der anderen Seite schadet es der Gesellschaft nicht, wenn ein paar Tage im Jahr einmal etwas Ruhe herrscht und religiöse Traditionen in Erinnerung gerufen werden. Deshalb finde ich das Tanzverbot in Ordnung, verstehe jedenfalls die lächerliche Wallung nicht, die manche - von den Wirtschaftsliberalen bis zur Grünen Jugend - darum machen. (Und sie müssten dann konsequenter Weise auch die Sonntagsruhe - also den freien Sonntag und die beschränkten Ladenöffnungszeiten - in Frage stellen.)

Zur Antwort

Auch Chris428 und Ruenbezahl befürworten das Tanzverbot.

Unsere Welt ist inzwischen so umtriebig, geschäftig und laut, dass man gar keine Möglichkeit hat runterzukommen. Da sind die ca. 10 stillen Tage im Jahr (je nach Bundesland) eine echte Erholung und eine Möglichkeit mit seinen Lieben etwas erholsames zu unternehmen.

Es bleiben ja immer noch 355 Tage, an denen man laut sein kann.

Warum sich diese Diskussion immer am Karfreitag entspinnt und nicht bei allen anderen "Stillen Tagen" kann ich auch nicht verstehen. Hl. Abend scheint er nicht zu stören oder Volkstrauertag. Was mich zu der Annahme bringt, es geht gar nicht um die "Stillen Tage", sondern nur darum, Gläubigen zu zeigen, wer hier das Sagen hat. Unter völliger Verleugnung unserer christlicher Herkunft und natürlich dem Feiertag, den man gern in Kauf nimmt.

Zur Antwort

Ich selbst bin nicht religiös, aber ich habe großen Respekt vor allen Religionen und vor allen ehrlich religiösen Menschen. Einen Tag auf Tanzvergnügen zu verzichten, ist kein Opfer. Wer nicht dazu bereit ist, zeigt lediglich eine große Respektlosigkeit vor den Menschen, für die das wichtig ist. Eine solche respektlose Arroganz ist Gift für jede Gesellschaft.

Zur Antwort

Der Nutzer GuterFreund75 hat eine diplomatischere Ansicht, wohingegen sich Fokko987, kberlin639 und gunterhalt klar gegen das Tanzverbot aussprechen:

Ich bin selber Anhänger des Christlichen Glaubens und finde es schade, dass mehr und mehr Menschen sich unserer Religion der letzten 1000+ Jahre abwenden. Ich kann es aber auch verstehen, weil die christlichen Kirchen (z.B. die Päpste) sich im Laufe der Geschichte alles andere verhalten haben, als was wofür Jesus nach unserem Glauben steht und vorgelebt hat.

Ein anderer Teil von mir ist grundsätzlich demokratisch und beim Staat sekulär. Wir leben glücklicherweise nicht in einem "Gottesstaat". Jeder sollte leben, wie sie es für richtig halten. Und wir brauchen keine staatlichen Regeln, um unsere religiösen Vorsätze auszuleben. Daher halte ich Gesetze die religiös motiviert sind und Menschen ihr Privatleben vorschreiben sollen für veraltet und eines modernen Staates unwürdig.

Zur Antwort

Das Tanzverbot nutzt niemandem etwas: Ob in einem Club getanzt wird, sieht man von außen nicht. Wer Anstoß an tanzenden Menschen am Karfreitag oder anderen "Stillen Feiertagen" nimmt, wird an solchen Tagen auch sicher keine solche Lokalität aufsuchen.

Eine Beeinträchtigung für Menschen, die an solchen Tagen besinnlich sein wollen, besteht allenfalls durch sn- und abfahrende Autos und - heutzutage auch - Raucher vor dem Lokal. Dagegen hilft aber das Tanzverbot nicht. Und auch nicht gegen die Musik - falls sie überhaupt nach draußen dringt - denn die ist ja nicht verboten.

Für mich ist der Karfreitag zwar auch ein stiller Tag, aber ich habe keine Recht, meine persönliche Ansicht anderen aufzuzwingen.

Zur Antwort

Es ist sicherlich etwas davon abhängig, wo man wohnt. In einem kleinen Dorf oder einer Kleinstadt mag das vielleicht noch adäquat sein, aber in einer Großstadt, wie Berlin ist es einfach ein völliger Anachronismus. Obwohl ich selbst in der Kirche bin, muss man einfach berücksichtigen, dass nicht alle Menschen gläubig sind. Mit dem Tanzverbot ist ein nicht unerheblicher Eingriff in deren Leben verbunden. Es bekommt hier auch keiner mit, wenn die Menschen in den nächsten Club, Bar oder sonst wo hingehen.

Es sollte daher auf regionaler bzw. lokaler Ebene entschieden werden. Ein Tanzverbot vor 0 Uhr stört hier letztlich aber auch niemanden.

Zur Antwort

das ist die Unterordnung freier Menschen unter eine Kirche. Sollen doch die, die meinen, nicht tanzen zu dürfen, nicht tanzen.

Die Trennung von Staat und Kirche ist nicht vollzogen.
Ich, der keiner Kirche angehört, respektiere die Regel, am Karfreitag nicht zu tanzen, fühle mich aber durch das Verbot für alle in meiner Freiheit eingeschränkt.

Zur Antwort

Wie Du siehst ist das Tanzverbot immer noch ein Thema, über das intensiv gesprochen und diskutiert werden kann. Hast vielleicht auch Du eine ganz bestimmte Meinung zum Thema und würdest diese gerne mit der gutefrage Community teilen? Dann wirf doch gerne einen Blick auf unsere Meinung des Tages zum Thema Tanzverbot.

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