Über Sprache sprechen
Alle Menschen sollen mit geschlechtergerechter Sprache angesprochen werden

Das findet der Rat für deutsche Rechtschreibung. Und das sagt die gutefrage-Community zum Thema "Gendern"...

gutefrage-Redaktion
20.7.2023

Sprache variiert, Sprache verändert sich. Allein in Deutschland gibt es laut Sprachwissenschaftlern bis zu 20 verschiedene Mundarten. Seit einigen Jahren wird jedoch eifrig noch etwas anderes diskutiert: das Gendern. Wie spricht man alle Geschlechter gleichermaßen an? Mit genau solchen Themen beschäftigt sich der Rat für deutsche Rechtschreibung (RdR). Seit 2004 ist er die Instanz in Fragen Rechtschreibung.

Deshalb ist es für den RdR so schwierig, eine Empfehlung auszusprechen

Immer wieder bewegt das Thema Gendern die Gesellschaft. Einige sind absolute Vertreter davon, andere finden es komplett überbewertet. Eine wirkliche Lösung, wie mit der Thematik umgegangen werden soll, hat auch der Rat für deutsche Rechtschreibung noch nicht gefunden. Es gibt lediglich die Einigung, dass alle Geschlechter mit geschlechtergerechter Sprache angesprochen werden sollen.

Doch weshalb ist die Entscheidungsfindung so schwierig?

An den Diskussionen des Rechtschreibrats nahm unter anderem Heinz Bouillon teil. Er selbst agiert dort als Vertreter der Deutschen Gemeinde Belgiens. Seine Bedenken gelten primär den Problemen, die dann bei den Übersetzungen warten. Belgien hat offiziell drei Landessprachen - Niederländisch, Französisch und Deutsch. Würde nun das Gendersternchen oder ein anderes Sonderzeichen im Deutschen offiziell aufgenommen werden, so wäre dies in den entsprechenden Übersetzungen problematisch - denn in den anderen beiden Sprachen existieren diese Sonderzeichen schlichtweg nicht. Auch befürchtet er, dass Deutsch als Fremdsprache für Lernende weniger interessant werden könnte, da die ohnehin bereits komplizierte Sprache dadurch noch komplizierter würde.

Ein weiteres Problem sieht Sabine Krome, Geschäftsführerin des Rats für deutsche Rechtschreibung: Die Beeinflussung der Grammatik und Satzbildung durch das Gendern. So würde es Fälle geben, in denen die Pluralbildung komplett verloren geht. Als Beispiel führt sie das Wort "Bäuer*innen" auf, das dann sowohl Bauern als auch Bäuerinnen und eine dritte Geschlechtsidentität umfassen soll. Sie sieht die Verständlichkeit in diesem Konstrukt kritisch.

Einen dritten Problempunkt thematisiert Josef Lange, seinerseits der Vorsitzende des Rats für deutsche Rechtschreibung. Er befürchtet sogar, dass eine Aufspaltung des deutschen Sprachraums auf verschiedene Gruppenidentitäten eine mögliche Folge sein könnte.

Darauf wurde sich letztendlich geeinigt

Auch dieses Jahr wurden Genderzeichen nicht als Bestandteil der deutschen Orthografie eingestuft. Demnach bleiben die Empfehlungen vom Jahr 2021 bestehen - lediglich mit einer kleinen Änderung: Im Abschnitt der Sonderzeichen im amtlichen Regelwerk soll eine Ergänzung vorgenommen werden, die auch die besprochenen Problematiken thematisiert, so empfiehlt der Rat für deutsche Rechtschreibung. Josef Lange ist sich indes sicher, dass die Diskussionen diesbezüglich noch lange Anhalten werden. Der Rat wird derweil die Entwicklungen weiter beobachten - wann erneut darüber beraten und abgestimmt wird, ist jedoch noch nicht sicher.

So denkt die gutefrage-Community übers Gendern

Auch die gutefrage-Community hat eifrig diskutiert. Dabei kann vorweg festgestellt werden, dass Sonderzeichen auch dort nicht besonders beliebt sind - vielmehr wurden Gegenvorschläge gebracht und die Bedenken der Mitglieder des Rates geteilt.

Diese Bedenken hat beispielsweise YvonneM2508:

Für mich (w/25) gibt es nichts unwichtigeres als das Gendern.

Bitte ganz genau lesen. Gegen das Gendern an sich habe ich nichts, allerdings geht mir das Gendern mit Sternchen und Konsorten sowie den substantivierten Partizipien auf den Keks.

Jeder, der gendern möchte, sollte nochmal die 2. Klasse Grundschule besuchen, da wurde es grammatikalisch richtig gelehrt (s. Beispiele weiter unten).

Ich persönlich bin überhaupt kein Fan (nicht Fanin oder gar Fan*in!) von dieser gendergerechten Sprache mit Sternchen und ähnlichem. Das generische Maskulinum hat nichts mit dem biologischen Geschlecht zu tun.

Es gibt feste grammatikalische Regeln, und diese werden durch Nutzung des Sternchens teilweise gebrochen.

Das Gendern mit Gendersternchen (oder ähnlichem) ist aber nicht nur grammatikalisch problematisch, sondern stört den Lesefluss, sowie die Aussprache und vergewaltigt die schöne Deutsche Sprache.

Gerade für Menschen, die auf Textleseprogramme angewiesen sind oder die gerade erst Deutsch lernen, stellt dies große Probleme dar.

Durch das Gendersternchen werden zu dem teilweise falsche maskuline Formen gebildet. Schreibt man bspw. "Jüd*innen", ergibt sich daraus für die maskuline Pluralform das Wort "Jüd", obwohl die maskuline Pluralform "Juden" lautet. Gleiches Problem ergibt sich für den maskulinen Singular bei "Ärzt*in", denn der maskuline Singular lautet Arzt und nicht Ärzt! Auch bei Russ*in(nen) ergeben sich falsche maskuline Formen [Russ statt Russe (singular), und Russen (plural)].

Diese Formen mit Sternchen und Co sind im Grunde nichts anderes als generische Feminina, die durch das Sternchen minimal verschleiert werden. 

Auch von den substantivierten Partizipien a la Lehrende, Studierende, etc. bin ich kein Fan. Partizipierte Adverbien beschreiben nämlich eine gegenwärtig stattfindende Tätigkeit, während Lehrer, Student den beruflichen Status beschreibt. Ein Lehrer ist nur Lehrender, wenn er unterrichtet aber nicht in seiner Freizeit.

Wenn man schon gendern möchte, sollte man es ordentlich machen, entweder mit Nennung beider Formen ausgeschrieben und/oder richtig abgekürzt. Bespiele:

  • Juden/Jüdinnen, Jude/Jüdin
  • Ärzte/-innen (aber: Arzt/Ärztin!)
  • Wirt/-in, Wirte/-innen
  • Mitarbeiter/-in(nen)
  • Bürger/-in(nen)
  • Staatsanwälte/-innen (aber: Staatsanwalt/-anwältin!)
  • Täter/-in(nen)
  • Bauer/Bäuerin, Bauern/Bäuerinnen
  • Polizist/-in, Polizisten/-innen
  • Zöllner/-in(nen)
  • Beamter/-in, Beamte/-innen
  • Nutzer/-in(nen)
  • Lehrer/-in(nen)
  • Abgeordnete/-r 

Damit sich niemand benachteiligt fühlt, kann gerne der Zusatz (m/w/d) hinzugefügt werden, wie es bei den Stellenanzeigen im öD der Fall ist.

Gendern an sich kann ja sinnvoll sein, aber nur an Stellen, an denen es sauber funktioniert, und keine neuen Formen geschaffen werden.

Ich selbst bin Behördenmitarbeiterin und werde, solange es bei uns keine Gender-Pflicht gibt, das generische Maskulinum und die allgemeine Anrede "Sehr geehrte Damen und Herren" mit dem Zusatz "m/w/d" verwenden, außer das Geschlecht des Empfängers ist mir bekannt.

Wenn ich in Anschreiben "Sehr geehrte*r Frau Zolloberinspektor*in …" lese, vergeht mir die Lust zu antworten.

Dieser Genderwahn wird teilweise so schlimm, dass der WDR, ich glaube WDR 2 war es, sogar schon von "Krankenschwesterinnen" gesprochen hat.

FouLou schlägt eine ganz andere Lösung vor:

Auch wenn ich persönlich nicht gender, finde ich als Lösung das "gendern nach Pettberg" am besten:

https://www.bedeutungonline.de/gendern-mit-y-wie-funktioniert-gendern-nach-phettberg-bedeutung-definition-erklaerung/

Hier auf GF hat mich mal wer drauf gebracht der es benutzt hat und erklärt hat.

Der Vorteil daran ist das alle die Probleme die in der Frage benannt sind schlichtweg verschwinden. Die wortneubildung ist Super easy. Und Wir haben ein Echtes Neutrum. Und eine echte erweiterung der sprache die nicht nach irgendeinem Flickwerk.

Auch bevor ich diese art des gendern kannte lehnte ich durchaus eher in die entgegengesetze richtung. Also anstatt zu verkomplizieren vereinfachen und Schlichtweg Gender aus der Sprache entfernen. Wenn niemand implizit angesprochen wird. Sind automatisch alle meschys inkludiert.

Ungewohnt klingt es genauso wie das andere. Insbesondere dann wenn das ganze Sonderzeichen gedöns gesprochen wird und sich alles Nach Innen am ende anhört weil der unterschied zwischen einer Mitarbeiterin und einer Mitarbeiter*in im gesprochenen nur eine leichte betonung oder pause ist wie man sehr leicht überhören kann. Zum vergleich grenzt sich das mitarbeity ganz klar von Mitarbeiter und mitarbeiterin ab.

Nutzer wie Purpurnixe sehen die Lösung in der Ausformulierung:

Ich bin gegen alle Sonderzeichen und seltsamen Schreibungen wie Binnen-I. Gendern kann man auch ohne diese Optionen. "Bürgerinnen und Bürger" hat schon immer geklappt. Wem das zu lange ist, kann ja auf andere Begriffe ausweichen, beispielsweise "Bevölkerung".

Es gibt aber auch Nutzer, die ganz gegen das Gendern sind, wie beispielsweise WwernerR363:

Man soll alles so lassen wie es ist und mit diesem Genderwahnsinn aufhören! Bisher ging es auch, und jeder fühlte sich angesprochen

Nicht nur der Rat für deutsche Rechtschreibung sieht einige Probleme bei den Sonderzeichen beim Gendern. Auch die gutefrage-Community ist skeptisch über eine Umsetzung dieser Art - eine Skepsis im Bezug auf das Gendern ist nicht zu übersehen. Es bleibt spannend, was der Rechtschreibrat in Zukunft zum Thema Gendern empfehlen und wie dies in der Gesellschaft aufgenommen wird.

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