Beziehung zu Emma in Hermann Hesses's Unterm Rad

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Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hermann Hesse – Betrachtung eines seiner Werke aus heutiger Sicht.

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UNTERM RAD

Ein Kind wächst in behüteten Verhältnissen auf. Es ist ein ruhiger Ort inmitten von Wäldern und Wiesen umgeben, wo dieses Kind seine Kindheit verbringt. Von außen betrachtet fehlt dem Kind an Nichts, um seinen Träumen Ausdruck zu verleihen. Dieses Kind lebt im Einklang mit sich selbst, und so beginnt auch seine Schulzeit in diesem Sinne.

Doch das Kind fängt an, sein Interesse auf das Erlernte zu lenken. Für ihn ist dieses andere Wissen etwas Neues, und so fängt es an, Wissen zu sammeln. Der Junge möchte sich in Zukunft in einer Lehranstalt vervollständigen, um der zu sein, wovon er träumte. Eines Tages werde ich dieser Mensch sein.

Doch andere Menschen wurden auf ihn aufmerksam. Sie sahen zunehmend in diesem Jungen eine Art Medium, welches dazu dienen könne, ihre eigenen Träume und Wunschvorstellungen zu realisieren. Und so fingen sie an, dieses Kind subtil zu benutzen. Immer mehr Wissen boten sie ihm an, wissend, daß dieses Kind förmlich danach lechzte.

Und so wurde das Kind zu einem Wissenden, welcher sich über andere Kinder mit Leichtigkeit erhoben hatte. Er wurde zum Klassenprimus, und er merkte nicht, daß mit dieser Auszeichnung auch stille Pflichten verbunden waren. Die Erwachsenen hatten schon längst über ihn entschieden, als sie ihn zu einer Landesprüfung in die Landeshauptstadt ermutigten.

Kaum eine Lehrkraft zweifelte daran, daß dieses Kind diese Prüfung dort in der großen Stadt nicht bestehen würde. Ruhm und Ehre sandten ihre Vorboten bereits voraus, als sich vielerorts der Gesprächsstoff dieses Ortes nur noch um diesen Jungen drehte. Der Junge selbst, sichtlich gezeichnet, lies alles nur noch über sich ergehen.

Dem Jungen wurde jede Entscheidung bereits im Vorfeld abgenommen Erwartungen an ihn hatten bereits den Anschein eines Befehles und duldeten keine Widerrede. Und so wurden all die persönlichen Erwartungen in dieses Kind gesetzt. So ging er zur Prüfung, und er kam als Zweitbester wieder zurück in die alte Heimat, nachdem er sich in dieser Stadt oft nur fremd gefühlt hatte.

Die in ihn gesetzten Erwartungen hatte er zu aller Zufriedenheit gemeistert. Jeder Lehrer bezog diesen Erfolg zu einem nicht unwesentlichen Teil auf sich selbst. Dank dieser oder jener Unterrichtung in diesem oder jenem Fach, sei wohl ein Erfolg nicht auf diese Art und Weise zustande gekommen.

Der ganze Ort berief sich nun auf diesen einmaligen Erfolg eines ihrer Mitbewohner. Man sprach kaum über etwas anderes, als über diesen Erfolg. Der Junge bemerkte es nicht, daß sich so Mancher mit fremden Federn zu schmücken versuchte, indem er seine Verbindung mit diesem Wunderschüler im Gespräch so beiläufig andeutete.

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Die Szenen einer Reifung – vom Kind zum Jüngling

Doch die Zukunft holte das Kind wieder ein. Man schickte ihn auf eine weiterführende Lehranstalt, wo er sich auch zu Beginn in gewohnter Umgebung mit all den anderen Kindern befand. Seine Träume der Kindheit fingen an, sich zu regen. Er fühlte es nicht sofort, doch lag er manchmal nachts nur da und fühlte sich verraten.

Dieser Weg war immer weniger sein eigener. Die Träume wurden hartnäckiger und begannen, sich auch tagsüber zu melden. Es kam die Zeit, daß er durch Ereignisse an diesem Ort ihm völlig neue Erfahrungen machen mußte. Freundschaften entwickelten sich, und gingen wieder auseinander.

Er tat nichts, und er wurde ganz von selbst zum Außenseiter erklärt. Man bemerkte, wenn er sich nur aus Pflicht für etwas begeisterte. Er war immer weniger mit seiner Konzentration bei der sogenannten Sache. Den Lehrkräften blieb das nicht lange verborgen. Er erhielt den Ruf eines störrischen Schülers, dem man wohl die Flausen aus dem Kopf treiben mußte.

So manche Verbindung unter den Jungen wurde zwar noch geduldet, jedoch die Lehrer zeigten sehr bald ohne Umschweife ihre Mißbilligung. Und so fand ein Außenseiter einen anderen Außenseiter. Beide verbreiteten eine destruktive Atmosphäre in dieser Lehranstalt. Man wurde auf diese beiden Nonkonformisten sehr schnell aufmerksam.

Ein ebenfalls als Außenseiter deklarierter Mitschüler wurde zu seinem Vertrauten. Und genau das war den Herren ein Dorn im Auge. Diese Verbundenheit beider Jungen untergrub zunehmend ihre gekünstelte Autorität. Noch andere Ereignisse in dieser Lehranstalt führten zum weiteren Unmut dieses Kindes, nicht mehr an diesem Ort jemals glücklich werden zu können.

Es kam so weit, daß man ihm nahe legte, doch lieber wieder nach Hause zu gehen, da ein weiterer Aufenthalt in dieser Lehranstalt kaum noch Aussicht auf Erfolg zeigte. Dies war geschehen, als sein Freund eines Tages spurlos verschwunden war, und keiner so recht wußte, wohin dieser junge Mensch abgeblieben war.

Man warf ihn nicht hinaus, doch so wie es kam, war es wohl ein kollekt

kypros  06.02.2012, 02:02

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Die unerwartete Rückkehr des Ruhmreichen

Wie ein Fremder traf er mit dem Zug zuhause ein. Niemand stand am Bahnsteig zum Empfang. Er mußte sich zu seinem Haus schleichen, damit er nicht gesehen wurde. Ein einstiger Held durfte nicht auf diese Art und Weise zurückkommen. Doch sein Vater mußte sich notgedrungen mit den Tatsachen langsam vertraut machen. Er hatte keinen Primus mehr als Sohn.

Zuerst mußte der Junge wieder zu Kräften kommen. So kam es, daß er, zurückgezogen vom Alltagstrubel dort draußen, in ruhiger Umgebung zu sich selbst finden konnte, indem er wieder alte Örtlichkeiten aufsuchte, und alte Erinnerungen weckte. Mit verträumten Gedanken tauchte er noch einmal in Kindheitstage ein um festzustellen, daß er nun kein Kind mehr war.

Die Fürsorge um seiner Gesundheit wegen brachte ihm den Lebensmut wieder zurück. Alte Bilder aus der Lehranstalt verschwammen zusehends, da sie laufend durch neue ersetzt wurden. Über die gesamte Sommerzeit hatte man sich um seinen Gesundheitszustand gekümmert, da er in einem bedauernswerten Zustand seine Heimatstadt erreicht hatte.

Doch langsam begann er aufzublühen und am Leben wieder teilzunehmen. Er zeigte dies durch eine beginnende Unruhe in sich selbst. Er konnte sich nicht ewig vor Allem verbergen. Er mußte sich irgendwann dort draußen zeigen. Und der Tag kam. Kaum jemand wagte, ihn direkt anzusprechen. Eher wurde schon der Vater diesbezüglich diskret angesprochen.

Und jedes Mal versank er beinahe in Scham, wenn er Fragen bezüglich seines Sohnes beantworten mußte. Nun war allmählich Gras über dieses Ereignis gewachsen, und kaum noch ein Bürger sprach über das Damalige. Die alten Wunden schienen mit der Zeit geheilt.

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Das Ende der Kindheit

Die Zeit der Ernte war vorüber, und nun begann man, die Früchte des Feldes, nachdem man sie gesammelt hatte, auch zu verarbeiten. Überall wurde nun Most gemacht. Auch beim Schuhmacher Flaig war dies der Fall, und als er sich dort zeigte, lud man ihn zum Mosten ein. Dort machte er eine erste Begegnung mit dem Weiblichen. Es war die Nichte des Schuhmachers.

Für ihn schien dieses Zusammensein mit dieser jungen Frau auf engstem Raum an der Apfelpresse zuerst unangenehm, und doch auch gleichzeitig anziehend. Er war die Nähe eines weiblichen Wesens nicht gewohnt. Und so entstand eine leise Beziehung zwischen ihm und der Nichte des Schuhmachers.

Völlig neue Gedanken und Träume durchstreifen seine Phantasie, wenn er nur an das Bild dieser Frau dachte. Der Jüngling in ihm verdrängte das Kind, und nun erlebte er Wallungen des Blutes, wovon er zuvor nur andeutungsweise durch andere gehört hatte. Das Erleben der aufsteigenden Gefühle warf ihn von einer Ausweglosigkeit hinüber zu einer neu entstehenden Hoffnung.

Er suchte die Nähe zu dieser Frau, und gleichzeitig fürchtete er sich vor neuen Erfahrungen mit ihr. Sein Verstand konnte ihm seinen Zustand nicht erklären. Hilflos mußte er ein Gefühl nach dem anderen über sich ergehen lassen, bis das Kind in ihm sich nicht mehr zeigte. Etwas in ihm war erwacht und wollte da draußen auch nun Erfahrungen mit dieser Frau machen.

Zaghaft und ungeschickt näherte er sich ihr, indem er bei Dunkelheit vor ihrem Haus stand und nichts Genaues erwartete. Und eines Tages kam sie im Dunkeln aus dem Haus zu ihm ans Gartentor und sprach ihn an. Erste Berührungen der Hände stürzten ihn in Verwirrung. Er hatte noch keine Erfahrungen mit weiblichen Wesen gemacht.

Und so übernahm sie die Initiative, da sie bemerkte, daß er sich kaum zu atmen getraute in ihrer Gegenwart. Es war für sie keine große Mühe, diesem Jungen ein bißchen den Kopf zu verdrehen, und ein wenig mit ihm zu spielen. Sie wunderte sich kaum über seine Zurückhaltung, als daß sie ihn ermutigte, seine Hände über ihren Körper wandern zu lassen.

Das Erlebnis griff ihn auch physisch an, als er schwankend den Heimweg antrat. Sie hatte ihn bis zum Gartentor geleiten müssen, und in seiner Verwirrung nahm er den Abschiedsgruß nicht mehr war. Zuvor in ihm unbekannte Gefühle hatten durch diese Erfahrung ihre Fesseln gesprengt, und schienen ab sofort zu seinem Dasein zu gehören.

Er wollte sie nicht haben. Er wies sie von sich. Dunkle Ahnungen stiegen in ihm auf, als er an Sünde dachte. Er hatte die Lust des Fleisches hautnah erlebt, und war im Nachhinein in ein Dunkel gestürzt. Eine innere Verwirrung, gepaart mit einer Art Ungeduld des Herzens, und dem nun krampfhaft suchenden Verstand, aus dieser Lage wieder heil herauszukommen, so legte er sich zuhause aufs Bett, ohne die Kleider abzulegen und schlief ein.

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kypros  06.02.2012, 02:04
@kypros

Nach einer traumreichen Nacht erwachte er zerknittert an Körper und innerer Unruhe über Vergangenes. Nachdenkend versuchte er, Herr über sich selbst zu werden, und so ging er wieder an den Ort, wo er hoffte, diese junge Frau nochmals zu treffen. Doch es kam anders. Die Kinder des Schuhmachers erzählten ihm so ganz beiläufig, daß die Frau früh am Morgen mit dem Zug nachhause gefahren sei.

Und sie hatte ihm am gestrigen Abend kein einziges Wort davon gesagt. Nun erkannte er das Spiel. Sie hatte ihn nur benutzt. Diese tiefe Einsicht weckte erneut seine Gefühlswelt und verstimmte ihn zusehends mehr und mehr. Eine Nebelwand schien sich aufzulösen vor seinen Augen, und so sah er nun klarer, was sie mit ihm für ein Spiel nur gespielt hatte.

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Was wird nun aus mir ?

Es wurde nachgedacht, was aus dem Kind werden sollte. Nur zuhause herumsitzen war undenkbar für den Vater. Doch nach einer gewissen Zeit war es keine Neuigkeit mehr, daß dieser einstige Wunderknabe wieder in heimatlichen Gefilden aufgetaucht war. Auch der Alltag wurde nun für den Jungen zunehmend langweilig, da er etwas tun wollte, aber nicht wußte, was.

Und so entschied wieder einmal ein anderer über ihn. Es war der Vater, der eine Lehrstelle für ihn ausfindig gemacht hatte. So stand er eines Tages in einer Werkstatt und schaute sich dort verwundernd um. Er wurde mit Dingen vertraut, die aber auch nicht seine Träume widerspiegelten. Doch er tat, was man von ihm verlangte. Er wollte es seinem Vater Recht machen.

Mit der Zeit wollte er nur noch dazugehören. Er suchte jemanden, der ihn so annahm, wie er nun einmal war. Ständig kam er mit Menschen in Kontakt, die in ihm etwas völlig anderes sahen, als das, was er im Grunde war. Er hatte öfters das Gefühl, nicht verstanden zu werden.

Und aus diesem Bedürfnis heraus, anerkannt zu werden, ging er mit den Gesellen seines Betriebes auf eine Art Gaststättenwanderung. Sie zogen von einer Stätte zur anderen, und sie genossen den Alkohol, der ihnen eine gewisse Leichtigkeit vermittelte, mit der sie in die kommende Nacht wanderten. Doch es sollte die definitiv letzte Nacht für diesen Knaben werden.

Am anderen Tag zog man ihn aus dem Fluß. Kein Mensch konnte sagen, wie er ins Wasser gelangt war. Man trug den Leichnam ins väterliche Haus, wo er bis zum Begräbnis aufgebart wurde. Und es kam wieder einmal ein Tag, an dem über diesen Knaben allerorts gesprochen wurde. Sie fanden sich alle zum Begräbnis ein.

Auch diejenigen kamen, welche ihn als Schüler benutzt hatten, um ihre eigenen Interessen in diesem Jungen verwirklicht zu sehen. Doch es war ein Mensch am Grab geblieben, der dem Vater beistand. Es war der Schustermeister Flaig, welcher hier genannt werden soll. Er war wohl einer von den Wenigen, die das ganze Spiel durchschaut hatten.

Hermann Hesse hat diesen Menschen ganz bewußt an diesem Ende sprechen lassen. Die Worte des Schustermeisters sind mehr, als nur leere Worte. Flaig bringt zum Ausdruck, was Hesse empfunden haben mußte, als er seine eigene Zeit als Schüler in all den Schulen nochmals betrachtete.

Herzliche Grüße

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kypros  06.02.2012, 02:07

Man warf ihn nicht hinaus, doch so wie es kam, war es wohl ein kollektives Aufatmen, als er mit gepacktem Koffer die Örtlichkeit dort verlies. Viele Worte wurden nicht gemacht. Wozu auch. Die Erleichterung über seinen Weggang war gegen Ende hin ein offenes Geheimnis geworden. Dieser Schüler hatte im Laufe der Zeit viel zu viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Und das durfte nicht sein.

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vielleicht nochmal lesen ;-)

KekskruemelxD 
Fragesteller
 20.12.2011, 11:50

mach ich ja grad -.- aber ich versteh den sinn nich, warum Hesse die eingebaut hat..

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