Guter Freund vertraut sich über den Tod des Freundes an, antwortet nicht auf tröstende Worte und Gesprächsangebot, sondern lädt Profilbild mit Partnerin hoch?
Von meinem besten Freund einer der engsten Freunde ist bei einem Unglück gestorben und wurde erst nach einem Monat gefunden.
Die ganze Zeit über schrieb er intensiv und rief auch zwei mal an, um von der verzweifelten Suche zu berichten.
Wir posteten alle mehrmals Suchen in Social Media und blieben ständig in Kontakt.
Ich bot ihm mehrmals an, sich jederzeit melden zu können, wofür er sich auch bedankte. Er nahm es aber nicht in Anspruch, da er viel mit dem Freundeskreis des Vermissten zusammen war.
Jetzt wurde der Freund tot von einem Spaziergänger aufgefunden. Mein bester Freund berichtete mir sofort traurig davon und auch von der Auffindesituation und der Verzweiflung, aber auch, dass er froh sei, dass die Ungewissheit nun vorbei ist.
Wir kennen uns schon viele Jahre, wohnen aber in anderen Bundesländern. Unsere Freundschaft ist sehr herzlich, allerdings verheimlicht er diese seiner frisch abgetrauten Frau, da diese sehr eifersüchtig ist und nichts davon soll, dass wir vor vielen Jahren mal was miteinander hatten.
Mein bester Freund leidet innerlich sehr an dem Tod, da dies bereits der 3. Freund ist, den er durch ein Unglück verloren hat.
Er hatte mir vor vielen Jahren mal vom Motorradunfall seines engsten Freundes aus der Kindheit und Jugend erzählt, der von einer Autofahrerin totgefahren wurde. Er habe damals nicht weinen können, da er wie erstarrt war und hat seitdem das Grab nie besucht.
Erst Jahre später hatte er betrunken auf einer Party einen Zusammenbruch. Kurz darauf starb noch ein Freund mit seiner Freundin, dessen Auto im Moor versunken ist. Nun erneut ein Unglück, diesmal unter ungeklärten Umständen.
Auf meine Frage, wie es ihm geht, schrieb er "Ja aber das ist halt blöd , weil das schon einmal passiert ist ….Kommen Erinnerungen hoch."
Ich schrieb ihm zuletzt folgendes, was unserem normalen Umgangston entspricht:
"Ich weiß, Du Lieber.
Ich weiß, dass du das nie richtig aufgearbeitet hast und immer noch mit Dir rum trägst.
Du sagtest, Du konntest auf der Beerdigung nicht weinen und bist damals nie wieder zum Friedhof gegangen, weil Dir das so weh getan hat. Erst lange Zeit später hat es Dich voll umgehauen.
Das ist wirklich schlimm und ich verstehe Dich. Es ist auch schrecklich, dass Dir das mehrmals passiert ist und anderen passiert sowas nie.
Du hast jedes Recht und jeden Grund, traurig zu sein wegen damals und wegen heute und wenn Du weinen, schreien oder irgendwo gegen boxen willst, dann ist das völlig verständlich.
Lass das echt mal raus. Ich weiß, dass Du ein Denker bist, der sowas nach innen trägt, aber da kapselt es sich ein, deshalb versuch mal, es aufzuarbeiten.
Männer dürfen auch weinen und es ist eine Stärke, es zu tun.
Wenn Du magst, können wir mal über x (1. verunglückter Freund) und y (aktuell verunglückter Freund) reden und Du kannst erzählen, wie sie so waren.
Als meine Eltern gestorben sind, habe ich wahnsinnig viel darüber geredet und es hat mir unglaublich geholfen.
Du kannst auch ruhig dabei weinen, oder wenn die Stimme schwankt, das ist nicht schlimm.
Wir sind doch alle Menschen und müssen mit unseren Sorgen irgendwohin.
Ich wollte eigentlich den Umarm-Emoji da hin setzen, aber da der fröhlich guckt, lass ich den weg.
Würde Dich gerne fest drücken.
Ich weiß, man fühlt sich zurückgelassen, wenn jemand stirbt und der Gedanke, dass vieles das letzte Mal war, macht einen fertig.
Ich glaube aber auch, Ihr wart lange und gute Freunde und dass ihr gemeinsam tolle und lustige Zeiten hattet.
Du hattest also Anteil daran, dass er eine gute Zeit hatte. Du hast sein Leben bereichert und warst ihm genauso wichtig.
Vielleicht versucht ihr wirklich, eine Gedenkfeier unter Freunden zu machen.
Wenn Du reden oder weinen musst, melde Dich.
Du kannst selbst entscheiden, ob Du das möchtest.
Und lass die Gedanken nicht darum kreisen, ob er gelitten hat oder in welchem Zustand er gefunden wurde. Er hat es überstanden und hat keine Schmerzen mehr."
Er las die Nachricht auf relativ bald. Am selben Tag postete er noch im Status ein Foto, wie er und Freunde am Ort Blumen ablegten.
Darauf reagierte ich nicht, da ich ihm bereits Unterstützung zugesichert hatte.
Seit mehreren Tagen antwortet er darauf nicht mehr und hat stattdessen nun als Profilbild sich mit seiner Frau eingestellt.
Seit ich ihn kenne, hat er es vermieden, Fotos seiner Frau öffentlich in Social Media zu posten oder ihren Accounts zu folgen.
Das Profilbild ist nur in WhatsApp und nirgends sonst.
Er schaut durch meine Statusbilder, meldet sich aber ansonsten nicht.
Das mit dem Foto interpretiere ich entweder als Statement gegen meine Nachricht (sehe aber eigentlich keinen Grund dazu und es entspricht nicht seiner Art, einen reinzuwürgen... oder er will sich selber beweisen, dass er in dieser Situation Halt hat.
Er ist generell sehr labil.
Wie würdet Ihr das Schweigen auffassen? Einfach als Trauer und kurze Erholpause oder als Abwehr?
Andererseits... warum erzählt er es mir dann?
Deine Vermutung?