Wurden Jesus Worte in den Mund gelegt?

14 Antworten

Zunächst gibt es nach wie vor Zweifel, ob dieser Jesus überhaupt gelebt hat. Etwas, worüber sich allerdings die meisten Historiker, auch die nicht- und andersglaubenden, relativ einstimmig einig sind.

Aber ich halte es mit Bertrand Russells, nach dem dort besondere Vorsicht angebracht ist, wo sich alle Experten einig sind.

Die biblischen Berichte scheiden als Zeugen für die historische Existenz Jesu schon deswegen aus, weil es sich dabei nicht um Geschichtsschreibung, sondern um Glaubenszeugnisse handelt.

Hinzu kommt, dass es sehr schwierig ist, sie zeitlich einzuordnen und die darin enthaltenen Verfasserangaben in der Regel nicht stimmen. Die Mehrheit der Theologen räumt heute ein, dass die jeweiligen Evangelien nicht von den in der Überschrift genannten Verfassern stammen. Einige Evangelien werden erstmals am Anfang des zweiten Jahrhunderts bezeugt – allerdings von „Zeugen“, die ihrerseits im Verdacht stehen, gefälscht zu sein.

Was Paulus, den eigentlichen Begründer der christlichen Religion, betrifft, so kann der schon deswegen nicht als Zeuge eines historischen Jesus gelten, weil er gar nicht über ihn, sondern über den Hauptdarsteller eines mythologischen Dramas schreibt.

Der Wert der paar außerchristlichen Zeugnisse wurde in der Vergangenheit maßlos überschätzt. Man sah darin unabhängige Quellen. In Wahrheit aber wurden sie christlich überarbeitet – was angesichts der antiken und mittelalterlichen Methode der handschriftlichen Überlieferung nicht weiter verwundert. Für einen christlichen Kopisten war es ein Leichtes, den vorliegenden Text in seinem Sinne zu verbessern und zu „ergänzen“.

Neuere "Quellen", wie das Judasevangelium oder die nach 1945 entdeckten Handschriften in Qumran und Nag Hammadi haben im Hinblick auf die Frage der Historizität Jesu wenig neue Erkenntnisse gebracht. Auffallend ist, dass Jesus in den Qumranschriften gar nicht vorkommt, während er in der gnostischen Literatur von Nag Hammadi vorwiegend als mythologische Gestalt auftritt.

Nun muss man nicht gleich böswillig schlussfolgern, dass hier Betrugsabsichten vorliegen (sog. "Priesterbetrug").

Der Vorwurf des Priesterbetrugs setzt voraus, dass Menschen von Priestern bzw. Theologen wissentlich hinters Licht geführt wurden. Der Mensch Jesus von Nazaret ist nicht das Ergebnis eines wissentlichen Betrugs, sondern einer längeren, sehr komplizierten historischen Entwicklung, an deren Ende niemand mehr genau wusste, was am Anfang wirklich passiert war.

Um auf deine Frage zurückzukommen:

Das betrifft damit gleichermaßen die Historizität seiner Sprüche und Worte, die damit zum allergrößten Teil mehr einem Wunschglauben als verbürgten historischen Fakten entstammen. dürften.

Ganz sicher sogar!

Die Autoren der Evangelien verarbeiteten mündliche und schriftliche Quellen der ersten Generation, also der Menschen, die Jesus noch selbst erlebt hatten, gehörten selbst aber schon der 2. Generation an, haben Jesus also nicht mehr selber erlebt. Die aktuelle Forschungslage spricht vom jüngsten Evangelium von Markus und das müsse nach 70 entstanden sein.
Nun, verschiedene mündliche und schriftliche Quellen zu verwenden impliziert geradezu, dass auch Fehler passieren. Hier kann es also unabsichtlich zu sowas kommen.

Dann wollten die Autoren der Evangelien eine Geschichte aus diesen Quellen komponieren, damit sie von ihrer Zielgruppe auch gelesen wird. Die hatten ja ganz bestimmte Gemeinden vor Augen (nicht uns heute!). Damit diese Komposition dann auch stimmig wird, muss man an der ein oder anderen Stelle etwas weglassen oder hinzufügen oder umstellen.

Aber ganz so krass darf man sich das nicht vorstellen. Mal hier ein Wort oder da ein Satz - nicht ganze Abschnitte - dafür war die Botschaft zu wichtig und Jesus zu heilig. Die hatten da schon Respekt davor.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Nein.

Aussprüche, die Jesus nie getan hat, ihm "in den Mund zu legen", das gibt es nicht.

Was es dagegen geben kann, ist der genaue Wortlaut.

Man kann sich das so vorstellen. Mann X hat mit Mann Y ein wichtiges Gespräch. Aufgeschrieben wurde der Wortlaut nicht. Jahre später, wissen beide noch recht genau, welches der Inhalt war. Doch in ihren Worten klingt es nicht gleich.

Wurden Jesus Worte in den Mund gelegt?

Tatsächlich ist es geschickter und sinnvoller zu fragen, welche Worte denn authentische Jesusworte sind oder sein können. Dafür hat man ein paar Kriterien definiert, anhand derer man das prüfen kann.

Wenn ja, welche?

Um mal ein grobes Beispiel zu nennen: Alles im Johannesevangelium.

Ja (Lk.23,3).

Woher ich das weiß:Recherche

Roentghen  17.05.2022, 10:59

Ausgezeichnet. An diese Stelle habe ich gar nicht gedacht.

Pilatus aber fragte ihn: Du bist der König der Juden? 
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