Würdet ihr gerne eine Woche in der DDR verbringen?

Das Ergebnis basiert auf 31 Abstimmungen

Ja, auch wenn ich dort nicht gelebt habe 39%
Nein und ich habe dort auch nie gelebt 29%
Nein und ich habe dort gelebt 19%
Ja, ich habe auch in der DDR gelebt 13%
Ich bin mir unsicher 0%

15 Antworten

Nein und ich habe dort auch nie gelebt

Tatsächlich habe ich Anfang der 80 eine Woche in der DDR verbracht. Ich war damals 15 und mein Vater und ich haben Verwandte in der DDR besucht, die über das ganze Land verteilt waren. Transit nannte sich das damals, indem wir mit dem eigenen Wagen durch die DDR fahren durften. Und glaub mir (und das können viele vermutlich bestätigen), das war kein Zuckerschlecken. Wir wurden überall angehalten, um uns immer wieder auszuweisen. Schon an der Grenze wurde unser Mercedes komplett auseinander genommen. Ein 5 Mark-Stück unter der Rückbank, das irgendwem da mal reingerutscht war, wurde uns als Devisen-Schmuggel unterstellt. Als wir in verschiedenen Städten der DDR in den Inter-Hotels übernachtet haben und Essen gehen wollten, wurden wir in den Gaststätten niemals mit Einheimischen zusammen an einen Tisch gesetzt. Wir hätten ihnen ja westliche Ideologien einimpfen können. In Berlin wurden wir sogar gefragt, ob wir mit West- oder Ostwährung zahlen wollen. Da wir Westwährung hatten, wurden wir in einen anderen Teil des Restaurants geführt, wo Ostdeutsche keinen Zutritt hatten.

Bei den Besuchen bei unseren Verwandten mussten wir uns alle zusammen in den Garten setzen. Die Verwandten hatten Angst, dass ihre Wohnung verwanzt wäre und die Nachbarn hören könnten, dass A Besuch aus dem Westen da war und dass wir ihnen B etwas von der BRD hätten vorschwärmen können. Ich mit 15 und voll in der Pubertät hab mir nur gedacht: wo zum Geier sind wir denn hier gelandet? Ich kannte ja nur die freie Meinungsäußerung.

Eine weitere Verwandte wohnte in einem Haus, das so runtergekommen war, dass jemand aus dem Westen dort niemals hätte wohnen wollen. Sie hat sich so geschämt, dass sie uns nicht reingelassen hat. Überhaupt hat man uns überall mit Misstrauen angeschaut, weil wir ja Wessis waren und einen - nicht mal dicken - Benz gefahren haben.

Nach unserem Transiturlaub war ich wochenlang ziemlich fassungslos, aber ab da auch zuhause wesentlich genügsamer und artiger. Meinen Vater hat es neue Stoßdämpfer am Benz gekostet, die waren nach den vielen Schlaglöchern auf den DDR-Straßen komplett durch.

Landschaftlich war es "drüben" allerdings einmalig schön, egal, wo wir hingekommen sind. Aber eine Zeitreise, nochmal dorthin vor dem Mauerfall? Danke, nein. Für mich wäre das keine Reise mehr wert. Umso schöner wurde alles nach der Wende, zumindest landschaftlich.

vanOoijen  15.02.2024, 15:22

Ich habe dort die kurze Phase der "Anarchie" erlebt 2 Wochen vor der Währungsunion und mein Vater hatte dort beruflich zu tun und wohnte nicht im Hotel, sondern hatte eine Wohnung gemietet. Was Du zum Eindruck vieler Häuser schreibst stimmt. Das Haus sah von außen auch heruntergekommen aus und das Treppenhaus ebenfalls. Aber die Wohnung selbst von innen war renoviert und wohnlich. Das war überraschend und hätte man nicht gedacht.

Wir sind allerdings jeden Abend ins Restaurant essen gegangen. Einmal auch ins Interhotel "Neptun" in Warnemünde.

Da kam die Rechnung in einem Holzkästchen und darauf stand: "Unsere westdeutschen Gäste werden gebeten in D-Mark zu bezahlen". Mein Vater löste das "Problem" indem er ein sehr grozügiges Trinkgeld in D-Mark da hineinlegte, die eigentliche Rechnung aber in Ostmark beglich. 😉🙄

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Kabeltante1266  15.02.2024, 15:25
@vanOoijen

Auch interessante Erinnerungen, oder? Finde ich cool, was du schreibst. Das war schon was besonderes, vor allem, weil man dafür nicht so weit weg verreisen musste. Wir hatten dieses exotische (so habe ich das damals mit 15 empfunden) Reiseziel direkt vor der Tür und waren dabei :-)

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vanOoijen  15.02.2024, 15:49
@Kabeltante1266

Ja, ich fand das auch cool und ohne die Wende hätte ich das wohl nicht erlebt, weil wir keine Verwandten in der DDR hatten.

Die VoPos gab es zwar noch, aber angehalten und durchsucht wurden wir nicht mehr.

Ich habe die DDR ja nur in Auflösung erlebt und vermutlich deshalb ein positiveres Bild als Du. Ein Land in Angst vor Überwachung war das im Sommer 90 ja nicht mehr.

Aber es ist tatsächlich cool deutsche Geschichte hautnah erlebt zu haben und nicht nur eine unkonkrete Vorstellung aus dem Geschichtsunterricht.

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Kabeltante1266  17.02.2024, 19:46
@vanOoijen

Ich war damals etwa 15 und danach ein anderer Mensch, weil mir damals klar geworden ist, wie gut ich es eigentlich in der BRD habe :-)

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vanOoijen  17.02.2024, 19:55
@Kabeltante1266

Naja, Du hast halt nicht die Nachwende-DDR erlebt.

Für mich war es zwar exotisch, aber ich hatte keine Angst. Im Gegenteil: Ich war der kleine reiche Wessi-Schnösel und konnte mir da mit 13 mehr leisten als die ganzen Erwachsenen um mich herum. Ostmark waren wie Spielgeld für mich. Jeden Morgen gab mir mein Vater 100 Ostmark (wovon ich für den Nachbarsjungen auch alles bezahlte) und meinte: "Mach Dir nen schönen Tag".

Dazu Sonne und Ostsee in der Nähe.

Unsere Erfahrungen unterscheiden sich da wohl doch sehr ordentlich.

Ich fand es cool in der DDR.

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Nikki8141  16.02.2024, 15:28

Also ich persönlich war noch zu Jung aber ich kenn die Geschichten meiner älteren Verwandtschaft und da habe ich keiner solchen Probleme gehört.

Es gab immer so ein Onkel Werner der kam andauernd aus dem Westen hat den ganzen Kofferraum voll Westkram gehabt und hat stets lauthals über die DDR gemeckert auch im Restaurant..... passiert ist nie was

Aber .... nunja über das Thema haben haben ja 10 Personen 12 verschiedene Meinungen

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Nein und ich habe dort auch nie gelebt

Nein, Ich war nur einmal, 1 Jahr vor der Wende mit einer Freundin in der DDR, ein paar Tage, und fand es "schwierig." Als wir wieder über die Grenze fuhren und ích die amerikanische Flagge sah, wäre ich am liebsten ausgestiegen und hätte sie geküsst.Endlich in der freien Welt.

Bitte nicht falsch verstehen; die Leute, bei denen wir zu Gast waren, waren sehr nett und freundlich. Aber es kam mir alles so eng vor, als ob man sich nicht frei bewegen könnte.

Zum Beispiel luden meine Freundin und ich unsere Gastgeber in diesen

Auerbachkeller in Leipzig ein. Dort gab es ein Restaurant und unten dann das berühmte Fass. Das Restaurant war ziemlich leer, aber wir mussten vor der Tür stehen bleiben und warten, Ich hatte zuerst nicht daran gedacht, machte die Tür auf und bekam sie buchstäblich an den Kopf geschlagen mit den Worten: "Sie warten hier!", Das haben wir auch gemacht, man wurde richtig demütig.

Dann endlich wurden wir eingelassen, durften uns aber keinen Tisch von den vielen leeren Tischen aussuchen, Na gut,.... dann wollten wir bestellen,. Ich sagte dem Ober, dass er mir ein Schnitzel bringen solle, "Ist aus!" schnarrte er, "Ok, dann hötte ich gerne das Steak." "Ist aus." Ich hatte mir dann irgendwas bestellt, was nicht aus war. Bratwurst, glaube ich,

Wir mussten warten und warten und warten... ich wurde immer saurer und sagte dann; "bis das Essen kommt, guck ich mir mal das Fass im Keller an." Unser DDR Begleiter fiel fast in Ohnmacht vor Schreck und fing an mir zu erzählen, dass ich doch vielleicht erst fragen solle... Da platzte ich und ich sagte: "Das Fass ist kein geheimes Atomkraftwerk, ich gehe mir das jetzt angucken!" Das tat ich auch, kam an drei Italienern vorbei und wir schauten uns nur lange wissend an. Dann grinsten wir... Na ja, ich bin nicht verhaftet worden, ich habe mir das Fass lange angeguckt, ungestört, und ging dann zurück.

Ich habe mir das alles als Machtspielchen erklärt. Wer ein bißchen Obrigkeit hatte, spielte diese kleine Macht vollkommen aus,

Na ja, Rache ist süß. Genau ein Jahr später, kurz nach der Wende war ich mit einer Freundin in Berlin. Abends gingen wir in ein Restaurant im Osten der Stadt. Ich bestellte mein Schnitzel, das gab es dann natürlich. Aber meine Freundin war da schwierig - das ist sie immer. Sie wollte auch ein Schnitzel haben, aber dann: "Kann ich Bratkartoffeln statt Pommes haben?" die sächsische Kellnerin offensichtlich neu geschult, sagte" ja. " Meine Freundin lächelte und sagte dann: "aber bitte kein Mayo, haben -sie Ketchup?" Das freundliche Löcheln der Kellnerin wurde schon angespannter. "Ja, natürlich." Und meine Freundin weiter: "Und kann ich statt der Erbsen bitte einen Salat haben, aber ohne Tomaten und Bohnen." "Ja," sagte die Kellnerin erschöpft, war aber sichlich dem Morde nahe. Innerlich habe ich mich totgelacht, obwohl mir die Kellnerin etwas leid tat. Aber nur ein bißchen, denn die Zeiten, wo einem als Gast die Tür gegen den Kopf geknallt wurden, waren sichtlich vorbei.

vanOoijen  15.02.2024, 16:05

Dass der Kunde stört war teilweise wirklich so, auch in Geschäften. Immerhin gab es keinen Bonus für gute Umsätze und die meisten DDR-Bürger hatten genug Erspartes.

Das man platziert wurde habe ich auch noch erlebt, aber aus war im Restaurant im Sommer 90 nie etwas.

In den USA wird man in guten Restaurants übrigens auch platziert, wenn auch freundlicher.

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Nur eine Woche würde mir nicht helfen. Bei längerem Aufenthalt als Kind/Jugendlicher kann ich mir gut vorstellen, dass meine besondere Veranlagung für Ausdauersportarten erkannt und entsprechend gefördert würde. Dies hätte vermutlich bei mir zu stärkerem Selbstbewusstsein mit positivem Einfluss auf meinen Werdegang geführt (oder auch nicht, wenn mir das Regime nicht zusagte).

Mir ist klar, dass ich früher oder später in einen Dopingkonflikt geraten wäre, und auch sonst sähe ich mich nicht als Freund der DDR.

Ja, auch wenn ich dort nicht gelebt habe

Wenn ich sicher wieder zurückkomme, da ja.

Aber nur, um historische Erfahrung zu sammeln und mich mit eigenen Augen zu überzeugen.

Dort leben ist wieder was anderes.

Woher ich das weiß:Hobby – Ich interessiere mich für Geschichte
Nein und ich habe dort gelebt

Um Himmels willen nein!

Ich habe 18 Jahre in der DDR gelebt und diesen Staat immer gehasst.

Er nahm meinen Großeltern den Betrieb, ich hatte keine Freiheit...