Worüber haben die Menschen im Mittelalter so diskutiert? Worüber führte man damals hitzige Debatten?

6 Antworten

zu deinen Fragen

1) Jesus.... darüber traute sich keiner zu diskutieren - was man zu denken hatte, schrieb Pfarrer und Kirche vor

2) Kreuzritter.... natürlich hatten die Kreuzritter diese Gedanken im Kopf - ein großer Teil der Kreuzritter stammte aus dem niedrigen und armen Ritterstand - da war die Erwartung einer Belohnung hoch (sonst wäre wohl kaum auch nur einer ins heilige Land gezogen)

3) Trolle, Hexe, Zauber, schwarze Katzen: der Aberglaube (und natürlich auch noch die Religion der germanischen Gottheiten) war noch weit verbreitet - Bildung war ein Privileg, das nur den hohen Adeligen zur Verfügung stand - ja, man hatte eine Heidenangst davor

4) Jüngstes Gericht und die Mongolen als Strafe Gottes: ein vorzügliches Druckmittel von Kaiser und Kirche, die Menschen klein zu halten (es wäre oft besser gewesen, sie hätten sich dies alles ebenfalls mehr verinnerlicht)

5) 5 Kinder und nur Mädchen: das hat die Männer umgetrieben - sie machten ihre Ehefrauen dafür verantwortlich - so einfach war das - heute wissen wir es besser

6) Schweineblut? denke ich nicht - es gab ja auch Blutwurst zu essen

7) Frankreich und England? hier bei uns, also heutiges Gebiet DE wussten die meisten nicht einmal, wo sich diese Länder befanden - also wozu sich über etwas Gedanken machen, was so weit weg ist?

8) Bier war vermutlich nicht gerade preisgünstig - wer zahlen konnte, hat sich dieses also bei jeder Gelegenheit hineingeschüttet, für die Kinder hat es dann nicht gereicht (war ja ganz gut so) - sie standen sowieso in der Hierarchie überall ziemlich weit unten

Aylamanolo  22.09.2023, 15:29

man trank schon Bier. Das braute man auf dem Dorf vermutlich schon selbst. Meist wurde es mit Wasser verdünnt, da das Wasser, nicht gerade sauber, auf die Art nicht so gefährlich war.

Ein Funfakt. Beim 100 j. Krieg war mal das Bier ausgegangen. Also haben die Soldaten die Schlacht abgeblasen und sind protestierend nach England zurückgekehrt,

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Thaumaturg  22.09.2023, 20:42
@Aylamanolo

Aus verunreinigtem Wasser kann man kein Bier brauen. Das Wasser war sauber, schmeckte aber langweilig.

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Von Experte OlliBjoern bestätigt
Aye
Wird Jesus nochmal auf die Erde kommen? Wenn ja wann?

Diese Frage war wohl nur für die intelektuellen Geistliche relevant, die versucht hatten das Datum zu berechnen. Viele erwarteten dies um das Jahr 1000 und die Debatte darüber dürfte ganz ähnlich gewesen sein wie die um 2000: Etwas Grusel, etwas Spinnkram, teilweise religiöser Wahn aber hauptsächlich Desinteresse.

Denkt ihr wir würden dafür belohnt werden, wenn wir Jerusalem von den Ungläubigen befreien?

Das werden die betreffenen Kreuzfahrer sicher diskutiert haben. Ob sie das wortwörtlich glaubten? Vermutlich ja, schließlich wollte sich jeder das schreckliche Fegefeuer ersparen, an dessen Existenz vermutlich kein Zweifel bestanden hatte. Aber es waren ja auch handfeste politische Gründe, die zu den Kreuzzügen führten und auch persönliche wie: Glücksrittertum, dem Leben einen Sinn geben, etwas richtiges zu tun, Gewinnstreben, Ruhm und Ehre, Abenteuerlust. Diese Motivationen haben sich eigentlich immer bis heute gehalten, wenn Männer freiwillig in Kriege ziehen.

Wie hüte ich mich im Wald am besten vor Trollen?

Die Menschen hatten keine Furcht im Wald, den sie kennen und immer bewirtschaftet hatten. Man trieb die Schweine zur Mast hinein, erntete Holz, verhütete Kohle, jagte, betrieb Landwirtschaft, Forstwirtschaft, und und und. Vor Trollen hatten sie ebenfalls keine Angst - es gab sie ja nicht.

Haltet ihr es gefährlich, dass diese alte Frau in meiner Nachbarschaft eine Hexe ist und mich mit einem bösen Zauber belegt?

Die Kirche hat während des gesamten Mittelalters versucht den Hexenglauben zu bekämpfen und als Aberglaube abgetan. Dennoch glaubten die Menschen an Hexen und es kam auch gelegentlich zu Hinrichtungen. Zwar wurden die Verantwortlichen sogar bestraft - aber der Hexenglaube blieb immer verdeckt da. Nicht im riesigen Maße aber doch so, dass er zur Beginn der Neuzeit neue und kräftige Nahrung bekam.

Wie werden die Strafen beim jüngsten Gericht ausfallen? Denkt ihr habt ihr gute Chancen nicht allzu hart bestraft zu werden?

Kein Diskussionsthema, weil es fest steht. Je weniger Sünden, desto kürzer die Zeit im Fegefeuer. Ganz einfach.

Ich habe letzte Woche 3 schwarze Katzen gesehen, ist der Teufel hinter mir her?

Die Menschen haben sich ganz sicher nicht vor Katzen gefürchtet.

Von meinen bisher 5 Kindern sind alles Mädchen, warum habe ich kein Glück beim Kinder zeugen?

Ja - das war Thema! Definitiv! Denn hier ging es ganz klar um Erbfolge und den Erhalt der Familie und es konnten ganze Königreiche an dieser Frage zugrunde gehen. Je weiter wir runter gehen in der Gesellschaft, desto weniger problematisch wird es für das Familienoberhaupt.

Werde ich zu einem Schwein wenn ich mir Schweineblut impfe?

Was soll impfen sein? Und warum sollte sich irgendeiner Schweineblut in die Venen spritzen? Um zu sterben? Außerdem gab es keine Vorstellungen von Impfungen.

Wurden die Mongolen von Gott gesandt als Strafe für unsere moralische Verkommenheit?

Das Verhalten gibt es doch immer noch, den Wunsch in Katastrophen die Strafe für das eigene Verhalten zu sehen. Unwetter im Arntaal? Klima, wir müssen schnell co2frei werden und von unserer Sünde ablassen. Klimasünder ;) Das Wort kommt nicht von ungefähr. Und das war damals auch nicht anders.

Werden Frankreich und England irgendwann mal ihre Feindschaft begraben?

Frankreich und England waren keine Feinde! Es ging immer nur um die Ansprüche der Herrscher auf den Thron und Gebietsansprüche. Da sowohl der englische König, als auch der französische Ansprüche herleiten konnte, kam es eben zum Krieg. Dabei ging es nicht um den Sieg über Frankreich, wie in der Moderne, sondern nur über den Thron! Ganz sicher wird man darüber diskutiert haben.

Was ist am Gefährlichsten? Gnome, Ghule, Kobolde oder Hexen?

Trolle im Internet ;)

Trinken die Leute zu viel Bier? Ist es in Ordnung dass sogar Kinder soviel davon trinken?

Darüber hat man sicher nicht geredet und es war völlig in Ordnung, dass auch Kinder Bier trinken. Das Bier von dem wir hier reden, ist Dünnbier und nur schwachalkoholisch. Es ist nicht nur nahrhaft sondern hat auch einen angenehmen Geschmack. Das starke Bier, im englischen Ale, gab es auch, ist aber nicht das Bier welches man über den Tag trank. Außerdem trank man sehr wohl auch Wasser.

Viel eher hat man sich unterhalten:

  • Über die letzte Pilgerfahrt und die Erlebnisse
  • Familientratsch
  • Klatsch aus dem Ort
  • Wetter und Ernte
  • Reiseberichte
  • Tipps und Tricks in Landwirtschaft, Hausbau und Lebensführung
  • den neuen Pastor
  • Reiseberichte
  • die kommenden oder vergangenen Großevents wie Turniere, Messen usw.
Apozero2  22.09.2023, 09:56

Dorffeste

Thing bei Vollmond

Heirat

1

Im Mittelalter durfte man nicht alles in den Mund nehmen, damals gab es keine Rede- und Meinungsfreiheit. Religiöse Themen durften nur Theologiestudenten, Pfarrer, Bischöfe diskutieren, aber nicht das gemeine Volk.

Alle Aussagen die als Kritik an Herrschern und Adel verstanden werden konnten, zum Beispiel über die Kriege die ständig geführt wurden oder den Prunk des Adels, während fast die ganze Bevölkerung in Armut lebte, konnten auch schnell an den Pranger oder den Galgen führen.

Wenn das gemeine Volk sich gefetzt hat, dann um Allerweltsfragen wie Grundbesitz (da wurde immer drum gestritten), Bierpreise (als Bier noch als "flüssiges Brot" galt), Holz- und andere Rechte (wer Holz im Wald sammeln durfte), ob die Geißen des einen mal wieder in den Garten eines anderen eingefallen und dort alles abgefressen hatten, ob der Müller beim Wiegen des Mehls betrogen hatte (ein Standardvorwurf, warum Müller oft sehr reich wurden), oder daß irgendeine Frau zu aufgeputzt daherkam oder als leicht zu haben verrufen war. Neid auf Bessergestellte war so gut wie immer im Spiel, schon damals gönnte man anderen nicht das Schwarze unterm Fingernagel.

Eisenklang  21.09.2023, 16:12
TerraX hat zugeschlagen

Leider ist deine Antwort nur wenig hilfreich. Einiges ist zwar durchaus fürs Mittelalter zutreffend - gilt aber für alle Epochen. Anderes ist einfach das übliche Mittelalterklischee und ist sogar historisch vollkommen falsch.

Im Mittelalter durfte man nicht alles in den Mund nehmen, damals gab es keine Rede- und Meinungsfreiheit.

Wie so oft in der Geschichte. Bis 1991 bestand die DDR, in der es ebenfalls keine Redefreiheit gab und auch heute wünschen sich viele mehr Redefreiheit hier und in vielen undemokratischen Staaten auch.

Religiöse Themen durften nur Theologiestudenten, Pfarrer, Bischöfe diskutieren, aber nicht das gemeine Volk.

Das ist falsch! Tatsächlich gab es während des gesamten Mittelalters über immer Laienprediger, Asketen, Erleuchtete aller Art. Die Kirche wird fürs Mittelalter gern als solider Machtblock betrachtet, die sie zu keiner Zeit war! Innerhalb der Kirche gab es viele, sehr unterschiedliche Strömungen und da Religion viel weiter verankert in der Gesellschaft war als heute, waren solche Themen natürlich auch immer Diskussionsthemen! Das "gemeine Volk", wie du es nennst, durfte nur nicht die Sakramente erteilen.

Alle Aussagen die als Kritik an Herrschern und Adel verstanden werden konnten, zum Beispiel über die Kriege die ständig geführt wurden oder den Prunk des Adels, während fast die ganze Bevölkerung in Armut lebte, konnten auch schnell an den Pranger oder den Galgen führen.

Das ist falsch! Tatsächlich wurde sehr viel Kritik geübt, wenn Menschen der Meinung war es ginge zu ungerecht zu und nicht wenige davon waren übrigens Kleriker. Allerdings überschätzt du die Armut, denn so arm war das Mittelalter nicht. Du kannst getrost davon ausgehen, dass es einem städtischen Handwerker um 1350 erheblich besser ging als ein Arbeiter 1910!

Nein, die gesamte Bevölkerung lebte nicht in Armut. Es gab Armut, gar keine Frage, aber in erheblich geringeren Maße als du annimmst. Wo sollten denn in einer kleinen Stadt wie Nürnberg mit 15.000 Einwohnern (mittelalterliche Großstadt) die vielen Armen denn gelebt haben und erst recht in den viel kleineren Gemeinden und Höfen? Weder die Funde, noch Schriftquellen belegen deine Aussage. Massenarmut ist ein Kennzeichen der Moderne!

Dann verlierst du dich in Klischees der sich ständig streitenden Handwerker und der betrügerischen Müller. Die Leute im Mittelalter waren nach deiner Darstellung also stets neidisch, voller Argwohn gegen den anderen, betrügerisch und zankhaft. Wie kommst du auf solche Vorstellungen? Ich weiß es. Es sind die grauenhaften Dokumentationen und Filmchen wie die Machwerke von TerraX, denen es tatsächlich einfällt dem Stadtarzt Stroh ins Fenster zu stopfen, weil die Leute damals ja so arm waren. Sie haben Stroh statt Fenster gehabt... kann man sich nicht ausdenken!

Natürlich gab es auch Zank und Rechtsstreitigkeiten unter Nachbarn etc. - so wie das heute ganz genauso immer noch ist. Wieviele Gerichtsprozesse wurden hier um Grenzzäune von Gärten, überhhängenden Äpfeln, Unfallverantwortlichkeiten, Handesrecht und und und geführt? Millionen! Trotzdem würdest du doch unsere Zeit nicht so beschreiben, dass sich die Leute ständig betrügen, sich alles neiden oder auf TikTok ihren Reichtum präsentieren. Das alles gibt es - aber das macht die Gesellschaft nicht aus.

Neid auf Bessergestellte war so gut wie immer im Spiel

Ja, diese bösartigen Menschen im Mittelalter - immer neidisch, missgönnend und einfach nur schlecht! Das ist deine Darstellung von echten, lebenden Menschen.

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Daoga  21.09.2023, 16:52
@Eisenklang

Du vergleichst echt einen städtischen Handwerker - der ein geprüfter Meister seiner Zunft sein mußte, um sein Gewerbe ausüben zu dürfen - mit einen ungebildeten Arbeiter anno 1910?

In Städten hat man keine großen Zahlen von Armen geduldet, wer hier sein Essen nicht jeden Tag selber verdienen konnte wurde damals sehr schnell vor das Stadttor gestellt, denn sowas wie Sozialhilfe gab es nicht. Nur eine Handvoll Bettler wurde geduldet, damit die Reichen Gelegenheit bekamen, ihre "guten Taten" in Form von Almosen zu entrichten.

Vor allem die Bevölkerung auf dem Land war bitterarm, je mehr Kinder um so ärmer (und Verhütung war unbekannt), das kann man noch in Büchern nachlesen die im 19. Jahrhundert spielen, da hatten sich die Verhältnisse seit Jahrhunderten kaum verändert. Löhne fürs Gesinde wurden im wesentlichen in Naturalien ausgezahlt, Essen, Unterkunft, hin und wieder abgelegte Kleider der Herren, Geld floss wenn überhaupt nur einmal im Jahr zu Johannis oder einem anderen festgelegten Feiertag, an dem traditionell Dienstboten zu anderen Herren wechseln konnten. Allerdings war es sehr einfach, diese geringe Summe an einem Abend im Wirtshaus zu versaufen und verspielen, schon im Mittelalter ging der Spielteufel um. Und dann hieß es ein weiteres Jahr malochen.

Für die ganz Armen herrschte im übrigen Eheverbot, damit sie sich nicht zu sehr vermehren konnten, für das Aufgebot beim Pfarrer mußte ein Mindestbestand an Eigentum (Hausrat) und ein Einkommen nachgewiesen werden. Frauen die unehelich schwanger wurden ging es dreckig, die Zahl der Selbstmorde und Tötungen ungewollter Neugeborener lag hoch. In einigen Städten gab es sogar Verbote, daß ledige Frauen nachts am jeweiligen Stadtfluß entlang spazieren durften, weil es die Stadtbüttel irgendwann satt hatten, ständig in der Frühe entsorgte Babyleichen aus dem Wasser zu fischen. Auch in Senkgruben und Latrinen wurden ungewollte Kinder entsorgt, die waren dann halt "bei der Geburt reingefallen". Übrigens soll man auch bei Ausgrabungen in ehemaligen Nonnenklöstern entsprechende Funde gemacht haben, denn auch da ging es nicht immer keusch zu.

Einer der Hauptgründe warum man damals nicht in Armen ersoffen ist, liegt in den ständigen Kriegshandlungen, für die ständig genug männliches Kanonenfutter gebraucht wurde. Plus Epidemien, die besonders Kinder wegrafften, Pocken (damals eine Kinderkrankheit wie bei uns die Masern), Diphterie ("Halsbräune", daran sind oft alle Kinder einer Familie weggestorben, eines nach dem anderen), Fleckfieber, Ruhr und Cholera durch verschmutztes Trinkwasser und viele mehr, die heute per Hygiene und Impfung praktisch ausgerottet sind, eine Verlustrate von 50 % und mehr in den ersten 5 Lebensjahren war damals ganz normal. Bei den Frauen im fruchtbaren Alter waren Schwangerschaft und Geburt die Haupttodesursachen, noch vor Seuchen und Kriegseinwirkungen, denn moderne Medizin, moderne Schwangerschaftsfürsorge oder wenigstens Verhütungsmittel, die zu viele Schwangerschaften zu schnell hintereinander verhinderten, waren unbekannt. Aber sterben konnte man damals an allem, an Wundbrand aufgrund einer Verletzung und auch an einem faulen Zahn, denn Antibiotika kannte man ebenfalls nicht. Und für Frauen galt der Spruch "jedes Kind kostet einen Zahn". Wie deren Gebisse bei 10 und mehr Kindern aussahen darf sich jeder selber ausmalen.

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Eisenklang  21.09.2023, 20:01
@Daoga Daogas echt dunkles Mittelalter - TEIL 1

Eine Welt wie die Hölle, nur schlimmer. So malst du uns das Mittelalter in kraftig dunklen Tönen: Überall nur Dreck und arme, kranke und verhungernde Menschen die in schlammigen Straßen ihre Angst vor Wasser und schwarzen Katzen ausleben, von Kriegen dezimiert und von fetten, reichen Adligen zu Tode gehetzt, dass diese ihr Recht an der ersten Nacht durchsetzen konnten. Sogar das Wetter war scheiße, immer nur Regen und alle möglichen Ängste peinigten die armen Seelen von früh bis spät. Und während sie ihre karge Kost lustlos in sich hineinstopften, ihre Mahlzeiten waren entweder sehr fade oder total überwürzt - es hat auf keinen Fall geschmeckt, beteten sie 50x täglich zu Gott, der sie eh nur im Stich ließ. Aber das machte eigentlich nichts, denn die hatten ja eh nichts und starben daher alle genau mit 35 Jahren.

Du vergleichst echt einen städtischen Handwerker - der ein geprüfter Meister seiner Zunft sein mußte, um sein Gewerbe ausüben zu dürfen - mit einen ungebildeten Arbeiter anno 1910?

Ich nicht - aber du. Ich sprach von Handwerkern, das können Gesellen ebenso gut sein wie solche, die in nur wenig bezahlten Gewerken arbeiteten. Sogar Hafenarbeiter hatten ihre eigenen, zunftähnliche Gemeinschaften.

In Städten hat man keine großen Zahlen von Armen geduldet, wer hier sein Essen nicht jeden Tag selber verdienen konnte wurde damals sehr schnell vor das Stadttor gestellt,

Das ist natürlich Blödsinn, im Gegenteil hatten auch Bettler eine gesellschaftliche Funktion. Die Vertreibung aus den Städten begann erst in der Neuzeit, als nämlich Arbeit als eigener Wert und angestrebte Norm wichtiger wurde - u.a. bedingt durch die Reformation. Aber selbst wenn du Recht hättest: Wo hätten denn die Horden Armen hingekonnt, wo haben die sich aufgehalten? Darf man sie sich als wandelnde Zombiehorden vorstellen, die stöhnend durchs Land wankten?

Vor allem die Bevölkerung auf dem Land war bitterarm,

In sich bereits unlogisch! Eben wurden Bettler nicht geduldet und aus den Städten vertrieben und plötzlich sind alle bitterarm? Warum war die Landbevölkerung denn so bitterarm? Nein, waren sie nicht! Tatsächlich hatte sich die Lebensqualität der Landbevölkerung seit dem 8. Jahrhundert stetig verbessert. Die Produktivität verbesserte sich enorm und ein günstiges Klima (wärmer als heute) und technische Inovationen ließen die Ernten immer besser werden. Allein in einem Zeitraum von nur 100 Jahren wurden in Deutschland 5000 Städte gegründet!

das kann man noch in Büchern nachlesen die im 19. Jahrhundert spielen, da hatten sich die Verhältnisse seit Jahrhunderten kaum verändert.

Welche Bücher spielen denn im 19. Jahrhundert? Und du glaubst, dass Romane dir ein umfassendes Bild der Geschichte vermitteln? Ernsthaft? Außerdem haben sich die Verhältnisse nicht nur verändert - sondern sind vollständig anders - überhaupt kein Vergleich!

je mehr Kinder um so ärmer (und Verhütung war unbekannt)

Das ist Quatsch und gilt allenfalls heute! Kinderreichtum war üblich, durch alle Schichten. Verhütung war nicht unbekannt, aber schwierig und natürlich nicht 100%ig sicher.

Löhne fürs Gesinde wurden im wesentlichen in Naturalien ausgezahlt, Essen, Unterkunft, hin und wieder abgelegte Kleider der Herren, Geld floss wenn überhaupt nur einmal im Jahr zu Johannis oder einem anderen festgelegten Feiertag, an dem traditionell Dienstboten zu anderen Herren wechseln konnten.

Im Mittelalter herrschte über Jahrhunderte die Subsistenzwirtschaft vor, also eine weitestgehend geldfreie Wirtschaft. Dies änderte sich erst langsam und zunächst auch nur im Fernhandel und Handel. Deine Beschreibung mag für deine Romane zutreffen, die im "19. Jahrhundert spielen". Dienstboten in diesem Sinne gab es auch noch gar nicht.
Den Hof eines Ritters beispielsweise musst du dir völlig anders vorstellen: nicht wie Downtown Abbey, sondern eher wie den Paten: Der Ritter als Patre Familia, Schirm und Herr der Burg und der Familie. Und zur Familie gehörten auch die Unfreien, die Waffenknechte, das "Gesinde". Dies geht im Wesentlichen noch auf die Patrizierschaft der Römer zurück. Die schliefen sogar alle in einem Raum! Privatshäre war sogar für den Ritter ein Fremdwort. Die Separation von den Untergebenen begann ebenfalls erst sehr spät.

Allerdings war es sehr einfach, diese geringe Summe an einem Abend im Wirtshaus zu versaufen und verspielen, schon im Mittelalter ging der Spielteufel um.

Das Leben war kein Fantasyfilm! Wirtshäuser gab es, waren aber selten und man ist auch nicht in die Taverne zum Zechen gegangen. Man hat privat gefeiert, privat Bier gebraut und im Dorfleben Feste organisiert. Auf dem Land gab es keine Wirtshäuser. Wenn man Unterschlupft brauchte, konnte man sich an Klöster wenden, die Unterkunft für eine Nacht boten.

Und dann hieß es ein weiteres Jahr malochen.

Tatsächlich wurden Löhne monatlich ausgezahlt. Dies ist auch ausdrücklich so festgehalten. Im Spätmittelalter neben Naturalien auch feste Geldsummen.

Weiter im Teil 2!
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Eisenklang  21.09.2023, 20:24
@Daoga

Daogas echt dunkles Mittelalter - TEIL 2

Du hast ja die Leute ganz schön übel gemalt: bettelarme Malocher, die ihr weniges Geld auch noch verspielten und dann weiter malochten. Ja, in dieser Welt will ich wirklich nicht leben. Aber, die Menschen im Mittelalter auch nicht - und taten es daher auch nicht.

Frauen die unehelich schwanger wurden ging es dreckig, die Zahl der Selbstmorde und Tötungen ungewollter Neugeborener lag hoch.

Hat es sicher alles gegeben, als Abweichung von einer Norm und nicht als Norm selbst! Du überziehst die Darstellung bis ins Groteske. Du vergisst auch die enge, soziale Kontrolle mittelalterlicher Gemeinschaften - man kannte sich. Selbstmorde waren sehr selten und Kindestötungen erst recht.

Verbote, daß ledige Frauen nachts am jeweiligen Stadtfluß entlang spazieren durften, weil es die Stadtbüttel irgendwann satt hatten, ständig in der Frühe entsorgte Babyleichen aus dem Wasser zu fischen. .

Was für ein Quatsch!
Nochmal: Natürlich kam sowas gelegentlich vor, gar keine Frage. Aber das geschieht heute auch und da sagt auch niemand: Hey, die warfen die Neugeborenen im 21. Jahrhundert einfach in Babyklappen.

Ausgrabungen in ehemaligen Nonnenklöstern entsprechende Funde gemacht haben, denn auch da ging es nicht immer keusch zu.

Das stimmt tatsächlich, ich glaube in Bayern war das. Daraus aber eine gesellschaftliche Realität zu zaubern, weil es ein, zwei Funde dieser Art gab ist doch völlig albern! Aber nein, auch in Klöstern hat es wohl mal Sex gegeben, nicht überall, nicht jede Nacht - aber es kam sicher vor.

Einer der Hauptgründe warum man damals nicht in Armen ersoffen ist, liegt in den ständigen Kriegshandlungen, für die ständig genug männliches Kanonenfutter gebraucht wurde.

Schwachsinn - vollkommen falsch! Zunächst wurden militärische Kampfhandlungen nicht mit irgendwelchen gepressten oder geworbenen Armen durchgeführt! Im Feudalismus war es eine Sache des Adels. Ein Vasall hatte seinem Herren im Kriegsfall mit einer festgelegten Anzahl an Männern zur Verfügung zu stehen. Diese wussten darüber und bereiteten sich entsprechend vor. Außerdem gab es auch nicht ständig Kriegshandlungen! Was für ein Blödsinn.

Plus Epidemien, die besonders Kinder wegrafften

Kennst du den Unterschied zwischen Ereignis und System? Eine Epidimie ist ein Ereignis aber kein systemischer Zustand! Auch sie kamen gelegentlich vor, aber wenn du dich per Zufall irgenwo ins Mittelalter versetzen würdest: du würdest statistisch in deinem ganzen Leben weder einen Krieg noch eine Epidemie erleben, nicht hungern.

Fleckfieber, Ruhr und Cholera durch verschmutztes Trinkwasser und viele mehr, die heute per Hy

Schwachsinn! Trinkwasser war nicht verschmutzt! Ganz im Gegenteil wurde peinlich genau darauf geachtet, dass Trinkwasser sauber blieb. Dafür gab es feste Regularien und städtische Ämter. Und wodurch hätte es denn in einer vorindustriellen Zeit überhaupt in großen Maßstab verschmutzt werden sollen? Wie sollte das bitte gehen? Selbst wenn nun ein Brunnen irgendwie, wodurch auch immer, verschmutzt worden wäre ... dann wäre der nächste immer noch sauber. Keine Chance für Cholera ;)

Und die Cholera gab es überhaupt nicht im Mittelalter! Ruhr schon, war aber ein Phänomen des Kriegs und dort insbesondere der Soldaten - Beispiel 100jähriger Krieg. Dafür mussten die Soldaten aber wochenlang bei Mangellage, dauerndem schlechten Wetter und dort tasächlich unzumutbaren, hygienischen Zuständen gelebt haben. Im Feld! Sonst nirgends!

eine Verlustrate von 50 % und mehr in den ersten 5 Lebensjahren war damals ganz normal.

Immerhin fast richtig. Ja, die Hälfte der Kinder hat ihren 18. Geburtstag tatsächlich nicht erlebt. Das gilt aber für die gesamte Vormoderne bis zur Erfindung moderner Medikamente etc.

Bei den Frauen im fruchtbaren Alter waren Schwangerschaft und Geburt die Haupttodesursachen, noch vor Seuchen und Kriegseinwirkungen,

Da Seuchen und Kriege selten waren und Geburten häufig, hast du sogar Recht. Nur ist das eine Nullaussage. Ja, es starben tatsächlich viele Frauen im Kindbett - das kann man nicht beschönigen, wenn auch nicht so oft, wie du hier darstellst. So, wie in allen Epochen vor der Moderne!

wenigstens Verhütungsmittel, die zu viele Schwangerschaften zu schnell hintereinander verhinderten, waren unbekannt.

Das ist falsch! Verhütungsmethoden waren durchaus bekannt. Und um zu schnelle Geburten hintereinander zu verhindern reicht es beispielsweise aus, lange zu stillen ;) 2 bis 3 Jahre waren gar nicht so selten und verhindert zuverlässig eine Schwangerschaft. Darüber wusste man über den Zyklus, es gab gar Kondome und andere Methoden. Nicht so zuverlässig wie heute - aber es gab sie.

Aber sterben konnte man damals an allem, an Wundbrand aufgrund einer Verletzung und auch an einem faulen Zahn

Glück für die Leute: Damals war die Zahngesundheit erheblich besser als heute, wie Knochenfunde beweisen. Antibiotika gab es nicht aber dennoch andere Methoden die schwere Verläufe meist verhinderten. Heilkunst ist ein spannendes Feld im MA!

Ende

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Daoga  22.09.2023, 15:59
@Eisenklang

Schwachsinn! Trinkwasser war nicht verschmutzt! Ganz im Gegenteil wurde peinlich genau darauf geachtet, dass Trinkwasser sauber blieb. Dafür gab es feste Regularien und städtische Ämter. Und wodurch hätte es denn in einer vorindustriellen Zeit überhaupt in großen Maßstab verschmutzt werden sollen? Wie sollte das bitte gehen? Selbst wenn nun ein Brunnen irgendwie, wodurch auch immer, verschmutzt worden wäre ... dann wäre der nächste immer noch sauber. Keine Chance für Cholera ;)

Rate mal wo der Dreck wohl herkam in einer Zeit, in der keine Ortschaft über Kanalisation verfügte, der Dreck der Nachttöpfe jeden Morgen im Schwung auf die Straßen (meistens ungepflastert) gekippt wurde wo man keinen eigenen Abtritt hatte, jedes Haus mit etwas mehr Tierbestand auch einen Misthaufen im Innen- oder Hinterhof hatte, (im Mittelalter war auch in der Stadt Tierhaltung üblich, die Hühner durften noch in die gute Stube, aber Gänse, Ziegen, Schweine und größere Tiere sammelte jeden Morgen der zuständige Hirte ein und brachte sie raus vor den Ort auf die Weiden) und auch die vorhandenen Senkgruben und Latrinen keineswegs so dicht gebaut waren, daß keine Schadstoffe sich bis ins Grundwasser weiterarbeiten konnten. Jede größere Stadt die sich es leisten konnte, baute daher eine Fernwasserleitung von Quellen, die größere Strecken von den besiedelten Gebieten entfernt waren, weil da noch das Wasser unbesudelt aus dem Boden kam. Im mittelalterlichen Nürnberg beispielsweise war zu diesem Zweck der alte Fischbach eingerohrt und wurde in die Stadt geführt, um die öffentlichen Brunnen zu beschicken. Zwar gab es auch jede Menge kleine private Brunnen, aber deren Wasser war wegen der Nähe zur Pegnitz, die den ganzen aus den Straßen gespülten Abfall der Stadt einschließlich Gerbereirückständen abzuführen hatte, und den zahlreichen Schmutzquellen in nächster Nähe (Senkgruben, Misthaufen, Rückstände von Handwerkerbetrieben etc.) sehr mit Vorsicht zu genießen.

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Daoga  22.09.2023, 16:25
@Eisenklang

Das Leben war kein Fantasyfilm! Wirtshäuser gab es, waren aber selten und man ist auch nicht in die Taverne zum Zechen gegangen. Man hat privat gefeiert, privat Bier gebraut und im Dorfleben Feste organisiert. Auf dem Land gab es keine Wirtshäuser. Wenn man Unterschlupft brauchte, konnte man sich an Klöster wenden, die Unterkunft für eine Nacht boten. //ZITAT

"Kein Wirtshaus" gab es nur in abgelegenen Weilern, die auch keine Kirche hatten, aber überall wo regelmäßiger Durchgangsverkehr stattfand, war der Dualismus Wirtshaus gleich neben der Kirche sprichwörtlich, Handelszentren waren oft mit Wirtshäusern gespickt, auf den Hauptstraßen ein Wirtshaus neben dem anderen. Denn im Wirtshaus (meistens im Stall, nur wer reichlich Geld hatte im Haus selber) nächtigten Durchreisende und stellten ihre Tiere unter, das diente nicht nur den (männlichen) Anwohnern als Treffpunkt. In den Klöstern war Beherbergung kein Normalfall, die Mönche schätzten ihre Ruhe, Ausnahmen machte man nur für hochgestellte Persönlichkeiten und wichtige Boten, und Hotels gab es noch nicht. Eher mußten Reisende dann unter freiem Himmel nächtigen (und waren im Regelfall darauf auch eingerichtet).

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Daoga  22.09.2023, 17:01
@Eisenklang

In sich bereits unlogisch! Eben wurden Bettler nicht geduldet und aus den Städten vertrieben und plötzlich sind alle bitterarm? Warum war die Landbevölkerung denn so bitterarm? Nein, waren sie nicht! Tatsächlich hatte sich die Lebensqualität der Landbevölkerung seit dem 8. Jahrhundert stetig verbessert. Die Produktivität verbesserte sich enorm und ein günstiges Klima (wärmer als heute) und technische Inovationen ließen die Ernten immer besser werden. Allein in einem Zeitraum von nur 100 Jahren wurden in Deutschland 5000 Städte gegründet! //

Was man damals hochtrabend als "Stadt" bezeichnen wollte, aber nur bis 1300, danach verschlechterte sich das Klima zur "Kleinen Eiszeit" (aufgrund Vulkanausbrüchen), es wurde kälter und somit auch trockener (auch schon mit Klimakapriolen der extremen Art wie das "Jahr ohne Regen" 1540 Dürre in Mitteleuropa 1540 – Wikipedia ), der Weinanbau ging in vielen Regionen ein, weil das Ergebnis viel zu sauer und nicht mehr trinkbar war, und es begann die Zeit, in der immer wieder die Pest durchmarschierte. Schwarzer Tod – Wikipedia Hohe Sterberaten bedeuteten natürlich wenig Arbeitskräfte für die Landwirtschaft, in einer Zeit in der moderne Hochleistungsgetreide und Dünger noch nicht entwickelt waren und die "ausländische" Kartoffel, der Notnagel in Hungerzeiten der Neuzeit, noch nicht eingeführt, jeder Bauer daher mit viel Glück gerade seinen eigenen Hofstand ernähren konnte, aber große Überschüsse nicht machbar waren.

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Eisenklang  22.09.2023, 18:59
@Daoga Mit allen Wassern gewaschen

Ich kann dich gut verstehen, Daoga und ich mache dir auch keinen Vorwurf. All die vielen Mittelalterdarstellungen hinterlassen ihre Spuren. All die grottenschlechten TerraX-Sendungen, die vielen Spielfilme vermitteln durch die Bilder eine stärkere Vorstellung als langweilige Sachtexte oder gar Fundortanalysen. Darum wiederholst du repetitiv die selben MA-Bilder wie so viele andere auch. Nur wahr sind sie nicht.

der Dreck der Nachttöpfe jeden Morgen im Schwung auf die Straßen (meistens ungepflastert) gekippt wurde

Das man die Menschen im Mittelalter für geistig behindert hält, ist ja hinlänglich bekannt. Kein Wunder bei solchen weit verbreiteten Fantasieaussagen. Nein, man hat auf keinen Fall seine Fäkalien einfach aus dem Fenster in die Straßen gekippt! Dieses Vorurteil geht vor allem auf ein einziges Bild zurück, nämlich diesem hier:

https://o.quizlet.com/qdJfOOZcn-IjIfLx1zRoWA.jpg

Dieses Bild ist in mehreren Variationen berühmt und beweist anscheinend tatsächlich, dass die Leute ihren Nachttopf so entleert hatten. Aber die Originalquelle ist ganz anders und entstammt aus dem Narrenschiff von Sebastian Brandt. In dieser Satire nimmt er seine Zeitgenossen aufs Korn und hier konkret eine Gruppe junger Männer, die in der Stadt nachts lärmen, musizieren, herumgröhlen und dafür von einer genervten Hausfrau bestraft werden:

https://encrypted-tbn0.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcR3_1di_ehlskMqFk8uMMl6AWOs9t39CHChEsG5rUTfodC3DwqMp4LHcympKkl6Zn9ulFg&usqp=CAU

Der Text dazu lautet:

„Die Gassentreter und die Göffel,
Die durch die Nacht nicht ruhen können,
wenn sie nicht auf der Gasse rennen,
Und schlagen Laute vor der Tür,
Ob nicht das Mädchen schau‘ herfür,
Nichts andres von der Straß‘ sie bringt,
Bis man mit Kammerlaug‘ sie zwingt.“

In der Realität wurde peinlich genau auf Sauberkeit geachtet, denn man wusste um die Krankheitsgefahren. So gab es recht hohe Strafen für verschmutzendes Verhalten.

wo man keinen eigenen Abtritt hatte, jedes Haus mit etwas mehr Tierbestand auch einen Misthaufen im Innen- oder Hinterhof hatte,

Zunächst hatten sogar sehr viele Häuser in der Stadt eigene Aborte. Latrinenarcheologie ist mittlerweile ein eigener Zweig der Archeologie geworden. Zudem nutzte man Nachttöpfe, Toilettenstühle. Die Entsorgung geschah entweder durch Beauftragte oder über die Eh- und Sickergruben.

Tiermist war ein wichtiger Rohstoff. Das Mittelalter ist eine düngerarme Zeit und es wurde gebraucht um die Felder zu düngen. In Nürnberg wurde einmal ein Wirt schriftlich aufgefordert seinen Misthaufen von der Straße zu nehmen. Es wurde ihm auch eine Strafe angedroht: Wenn er der Aufforderung nicht nachkäme, würde die Stadt den Gewinn behalten!

Brunnen werden bis zum Grundwasser gebohrt und dort unten kann das Wasser gar nicht durch Fäkalien und Misthaufen verschmutzt werden.

im Mittelalter war auch in der Stadt Tierhaltung üblich

Du wirst lachen: Das war sogar bis ins 20. Jahrhundert üblich. Und das ist hygienisch auch kein Problem.

die Hühner durften noch in die gute Stube

Nein :) die blieben im Hof oder Garten. Ich habe zufällig Hühner, sie können ihren Kot nicht zurückhalten. Das möchte man auf keinen Fall in der guten Stube.

Gänse, Ziegen, Schweine und größere Tiere sammelte jeden Morgen der zuständige Hirte ein und brachte sie raus vor den Ort auf die Weiden)

Ja, das ist sogar richtig! Nicht nur auf die Weiden, die Schweine in den Wald zur Mast. Es mussten aber ganz bestimmte Straßen benutzt werden!

daß keine Schadstoffe sich bis ins Grundwasser weiterarbeiten konnten.

Das ist Quatsch. Außerdem gab es noch Brunnen und Wasserbeauftragte, die sehr auf die Sauberkeit zu achten hatten. Und Pipi wandert nicht ins Grundwasser!

Fernwasserleitung von Quellen

Das ist falsch! Die meisten Städte lagen an Flüssen. Solche Leitungen extistieren nicht im Mittelalter oder waren kleine Anlagen für mehr Wasser, nicht aufgrund von Verschmutzungen.

Im mittelalterlichen Nürnberg beispielsweise war zu diesem Zweck der alte Fischbach eingerohrt und wurde in die Stadt geführt, um die öffentlichen Brunnen zu beschicken.

s.o.

Zwar gab es auch jede Menge kleine private Brunnen, aber deren Wasser war wegen der Nähe zur Pegnitz, die den ganzen aus den Straßen gespülten Abfall der Stadt einschließlich Gerbereirückständen abzuführen hatte, und den zahlreichen Schmutzquellen in nächster Nähe (Senkgruben, Misthaufen, Rückstände von Handwerkerbetrieben etc.) sehr mit Vorsicht zu genießen.

Falsch! Das ist einfach falsch. Gerbereien waren stets in eigenen Vierteln, flussabwärts! Misthaufen verschmutzen keine Brunnen und was für Rückstände sollten bei Handwerksbetrieben denn bitte zurückbleiben? Schweröl? Transfette oder Chemikalien?

Kurz: Alles falsch!

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Eisenklang  22.09.2023, 19:06
@Daoga Das Wirtshaus im Nirgendwo

Nein, Wirtshäuser waren bis ins Hochmittelalter äußerst selten und kamen erst im Spätmittelalter häufiger auf - zuerst in den Städten übrigens.

In den Klöstern war Beherbergung kein Normalfall, die Mönche schätzten ihre Ruhe, Ausnahmen machte man nur für hochgestellte Persönlichkeiten und wichtige Boten,

Das ist falsch, denn das genaue Gegenteil ist der Fall. Die Versorgung der Kranken und Siechen war für die Mönche aktiver Gottesdienst und die Versorgung von Reisenden praktizierte Nächstenliebe. Klöster und Abteien waren die ersten und lange die einzigen Übernachtungsmöglichkeit wenn man ein festes Dach über den Kopf wollte. In den Städten, vor allem Handelszentren, entstanden vor allem Kontorhäuser, die berühmten Hansehäuser, Gildehäuser etc. und dann auch Gasthäuser.

Ausnahmen machte man nur für hochgestellte Persönlichkeiten und wichtige Boten

Nein, sie standen allen offen, die darum baten.

Eher mußten Reisende dann unter freiem Himmel nächtigen

Das kam sicher oft vor.

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Eisenklang  22.09.2023, 19:13
@Daoga Ereignis und System

Du stellst Ereignisse als systemisch da und das verzerrt die Realität. Das wäre vergleichbar, wenn du die heutige Zeit als Epoche voller Atombombenabwürfe, immerwährenden Hunger die Menschen hatte alle Handys in den Jahrhunderten von 1700 bis 2023.

All diese Ereignisse gab es, wobei du die kleine Eiszeit mal ebenso um locker 100 Jahre in die Zeit vorlegst. Aber nochmal: Es gab natürlich, so wie in jeder Epoche der Menschheit - bis zum heutigen Tage, immer auch Kriege irgendwo und auch gelegentliche Hungerzeiten. Diese blieben aber über das gesamte Mittelalter fast immer lokal begrenzt und konnten schon 200 km weiter unbemerkt bleiben.

Die Dürre, die du erwähnst, war schon in der Neuzeit und hat mit dem Mittelalter nichts zu tun.

Als tatsächlich große und einschneidene Pandemie kann man wohl die Pest 1347 bezeichnen. Da war das Mittelalter schon 847 Jahre alt ;)

jeder Bauer daher mit viel Glück gerade seinen eigenen Hofstand ernähren konnte, aber große Überschüsse nicht machbar waren.

Das mag für die Dürre gelten, nicht für die normalen Jahre, den bäuerlichen Alltag.

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Im Mittelalter gab es noch kaum Hexenverfolgung - das war ein Phänomen der frühen Neuzeit. Mit den Bedrohungen durch Waldgeister etc. ging man da auch noch entspannter um - man mied die Regionen, wo sie lebten.

Du erwähnst mit keinem Wort die schlimmsten Tragödie, die im Spätmittelalter ganze Landstriche leerte und 1/3 der Europäer tötete: Die Pestzüge. Darüber hinaus waren andere Krankheiten eine stete Bedrohung, zb Pocken, Polio und der häufige Tod im Kinderbett und die Kindersterblichkeit und auch die nie enden wollenden höllischen Zahnschmerzen.

Dünnbier galt als gesünder, als Wasser - was bzgl damals fehlendem Wissen über Hygiene auch richtig war - deshalb war das auch ein Getränk, dass jeder trank, egal wie alt ( sofern man es sicht leisten konnte).

Religion war tatsächlich wichtig, allgegenwärtig und man wollte Gott gefallen und ansonsten war den Leuten das wichtig, was ihr Leben betraf: dem Bauern Wetter und Ernte und dem Schmied die Metall- und Kohlepreise

Die Hälfte deiner Fragen ergeben keinen Sinn für das "realistische" Mittelalter.

Fantasiegestalten waren damals noch nicht so im Munde. Bestenfalls Fabelwesen oder exotische Tiere, die man nur vom Hören her kannte.

Impfungen gab es im Mittelalter auch noch nicht so wirklich.

Mongolen kannten die Menschen im europäischen Mittelalter auch noch nicht.

Mit dem Krieg ist es auch so eine Sache. Denn es gab überall immer irgendwelche Kriege. Frankreich und England speziell dürfte vielen Menschen außerhalb dieser Länder egal gewesen sein.

Bier war damals wirklich auch ein Getränk für Kinder. Gebraut wurde es fast ausschließlich von Frauen. Also im Sinne von Fragen, ob zu viel war, kamen erst später.

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Am besten sind bei dir die Fragen bzgl. Aberglaube.

Wichtige Gesprächsthemen unter den normalen Menschen waren auf jeden Fall Themen rund um das Wetter und die Ernte und Marktbesuche! Eventuell auch Rechtsprechungen, wieviel man wem bei welchen Vergehen schuldig ist. Denn Anwälte und Richter gab es auch noch nicht, bzw. hätten sich bei vielen Dingen nicht gelohnt.

Andere Themen könnten auch diverse Bauprojekte gewesen sein. Von einer Scheune bis hin zur gigantischen Burg.

usw.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Bachelor in Sinologie (HF) und Geschichte (NF)