Wo kann man ungelogene Geschichte studieren?

9 Antworten

Was hast du den für Vorstellungen von Geschichte und Geschichtsforschung !?

Wenn es dir hilft, versuche zu unterscheiden zwischen

  • Fakten wie z. B. von wann bis wann wer König oder so war oder wo die Hauptstadt und die Grenze war etc.
  • Einwertungen und Interpretationen solcher Daten in der jeweiligen Zeit und im Rückblick...

...letzteres muss (und kann auch gar nicht immer) "die eine einzige" Sichtweise sein...

...alleine schon über die Zeit, über neue Daten/Erkenntnisse, nach neuen Funden bei Ausgrabungen...

UND die Geschichtsforschung LEBT davon, dass Zusammenhänge diskutiert werden, auf dem Weg zum Konsens durchaus auch kontrovers!

= Wenn du das studieren möchtest - nur zu! - stelle dich drauf ein, dass du eben NICHT alles fertig serviert bekommst sondern den Prozess mitgestalten kannst und auch sollst! ;o)

Am besten in einem freien Land, d.h. wo es keine Diktatur gibt und wo auch die Politiker nicht vorschreiben, wie die Uni organisiert ist bzw. wo die Uni und die ProfessorInnen unabhängig vom Eingriff der Regierung sind und wo die Regierungen, das eigene Volk und die eigene Geschichte auch kritisiert werden können.

Abgesehen davon gibt es unterschiedliche Wahrheiten. Außerdem hat es nicht nur was mit "ungelogen" zu tun, sondern andere Sichtweisen. Diese müssen nicht gelogen sein, sondern einfach nur anders verstanden bzw, aus einem anderen Blickwinkel der Wahrheit verstanden.

Woher ich das weiß:Hobby

Dazu musst du sicher nicht ans andere Ende der Welt. Es gehört wohl zum fortgeschrittenen Geschichtsstudium, sich durch die Archive zu wühlen, und die dürften ungefiltert sein.

Was man im Studium vermittelt bekommt, ist natürlich nirgendwo völlig unparteiisch. In guten Fernsehdokus finden sich aber durchaus differenzierte Darstellungen, sonst würdest du dir die Frage ja gar nicht stellen.

DIE Wahrheit gibt es garnicht.

Geschichte wird grundsätzlich von den Siegern geschrieben und die Sicht der Besiegten aus gutem Grund unterdrückt.

Die "Wahrheit" kannst du dir "zusammenbasteln", wenn du dir viele unterschiedliche Sichtweisen, Erklärungen und am besten Augenzeugenberichte anhörst. Aber selbst dann wirst du immer nur eine subjektive "Wahrheit" bekommen.

Es kommt nicht drauf an, wo du studierst, sondern dass du genug Methodik studierst

Denn wenn du Geschichte studierst, dann lernst du nicht Daten und Fakten - dann lernst du vor allem auch Methodik. Das ist vor allem die Quellenanalyse, aber auch Theorien der Geschichtsschreibung und Wissenschaftsgeschichte. Du lernst vermutlich mindestens eine alte Sprache und liest Primärquellen und andere alte Texte. Eventuell machst du auch eine Ausbildung in Grabungstechnik oder Materialanalyse.

Daneben liest du natürlich große Mengen an Sekundärliteratur - also die Interpretationen anderer Leute. Durch deine wachsende Erfahrung im Umgang mit den Primärquellen und das Studium verschiedener und sich widersprechender Interpretationen der entwickelst du aber hoffentlich mit der Zeit eine immer bessere Einschätzung... Nicht unbedingt der "Wahrheit", die gibt es nicht, aber zumindest der Wahrscheinlichkeit. Also, du kannst dann einschätzen, ob eine gewisse Behauptung über ein historisches Ereignis wahrscheinlich wahr ist, oder zumindest eine plausible Möglichkeit, oder vermutlich Blödsinn.

Ich habe in der Schule immer fleißig Jahreszahlen auswendig gelernt und konnte brav die im Schulbuch vorgegebenen Gründe für den Niedergang des römischen Reichs auflisten... im Studium hat man mir das ganz schnell abgewöhnt. Da lernst du nicht, dass Caesar im Jahr 44 v.Chr. ermordet wurde - da lernst du, welche Kalendersysteme seit der Antike in Gebrauch waren, wie man sie untereinander abgleicht, und mit welcher Wahrscheinlichkeit die Jahreszählung überhaupt stimmen kann.

Und das ist das Wichtige. Wenn du "ungelogene" Geschichte willst, dann achte auf das, was du liest: wenn ein Buch dir sagt "wie es war", dann sei sofort misstrauisch. Du willst stattdessen Bücher und Artikel, die dir beschreiben, welche Quellen es gibt und welche Schlüsse man daraus vielleicht ziehen kann.

In einem anderen Bild gesprochen: halte dich nicht an die Anwältin, die dich von der Unschuld der Angeklagten überzeugen will. Halte dich an den Gerichtsmediziner, der dir die Wunden an der Leiche zeigt und nur Mutmaßungen über deren mögliche Ursachen anstellt.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Grundstudium Ägyptologie und Geschichtswissenschaft