Wo hört das Recht auf Meinungsfreiheit auf?

7 Antworten

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Das ist eigentlich eindeutig:

Wenn mit öffentlichen Meinungsäußerungen Straftatbestände erfüllt werden, dann hört die Meinungsfreiheit auf.

Das könnte zum Beispiel eine Beleidigung (§ 185 StGB), üble Nachrede (§ 186 StGB), Verleumdung (§ 187 StGB), Volksverhetzung (§ 130 StGB), Verunglimpung des Bundespräsidenten (§ 90 StGB) oder des Staates und seiner Symbole (§ 90a StGB) und andere Tatbestände sein.

Die Grenzen sind allerdings tatsächlich manchmal schwierig zu ziehen.

Behauptet jemand z.B. bei einer Google-Bewertung: "Der Speisen im Restaurant XY sind aus vergammelten Essensresten hergestellt", könnte das strafbar sein, wenn es wissentlich nicht stimmt. Die Behauptung "Das Essen im Restaurant XY hat meiner Meinung nach so geschmeckt, als ob es aus vergammelten Resten hergestellt wurde", wäre schon wieder eine persönliche Meinung, keine wahrheitswidrige Behauptung.

Also tatsächlich kein einfaches Thema.

wenigmotivation 
Fragesteller
 12.05.2023, 16:19

Sehr schöne Antwort, vielen Dank

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xubjan  12.05.2023, 16:23

Gut zusammengefasst.

Und tatsächlich nutzen Demagogen das auch geschickt aus. Also genau diese Grenze zwischen "Eigentlich ist das ein Konjunktiv, eine Spekulation, eine persönliche Meinung". Sie formulieren dann so geschickt, dass man kaum noch erkennt, dass es eine Lüge usw. ist. Oder sie adressieren ihre Opfer nicht direkt, sondern sehr indirekt.

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mulan2255  12.05.2023, 17:02

Nicht GG Art. 5.2 zu vergessen

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Wer entscheidet dann in so einem Fall?

Zuerst einmal der Inhaber der Seite. Auf höherer Ebene entscheidet spätestens das Bundesverfassungsgericht, wo die Meinungsfreiheit aufhört.

Woher ich das weiß:Hobby – Ich beschäftige mich privat viel mit Politik
was als offensichtliche Lüge zählt?

Gerichte. Wenn ich öffentlich behaupte, du seiest der Mörder der kleinen Peggy Knobloch, dann ist das eine Lüge. Und du kannst gerichtlich dagegen vorgehen.

Und wenn man noch weiter spinnt, könnte ich ja beispielsweise einfach sagen, dass meine Meinung ist, dass es keine Lüge ist,

Ja. Wenn ich sage, dass es Indizien gibt, die meiner Meinung nach darauf hindeuten, du seiest der Mörder der kleinen Peggy Knobloch ist das keine Lüge, kann aber dennoch eine Rufschädigung sein.

Wer entscheidet dann in so einem Fall?

Ein Gericht.

Alex

xubjan  12.05.2023, 16:28
Ja. Wenn ich sage, dass es Indizien gibt, die meiner Meinung nach darauf hindeuten, du seiest der Mörder der kleinen Peggy Knobloch ist das keine Lüge, kann aber dennoch eine Rufschädigung sein.

Doch. Es kann genauso eine Lüge sein. Dann nämlich, wenn es exakt 0 Indizien gibt oder wenn ich irgendetwas frei erfunden habe. Sprich: Wer sagt, es gäbe Indizien, der muss auch irgendwo benennen können, welche das sind oder es wird zur Lüge.

Ansonsten aber korrekt. :-)

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EinAlexander  12.05.2023, 16:32
@xubjan
Wer sagt, es gäbe Indizien, der muss auch irgendwo benennen können, welche das sind

Kann ich ja. Sie wohnen beide in derselben Stadt und haben sich mal gestritten ...

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xubjan  12.05.2023, 17:04
@EinAlexander

Wenn du weißt, dass das beides nicht wahr wäre und dabei erwischt wirst ;-)

Wir können das natürlich ewig so weiterspinnen. Was ich damit nur sagen wollte: Wer etwas völlig frei Erfundenes und Ausgedachtes als Meinung verkaufen will, der sollte es lieber lassen. :-)

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EinAlexander  12.05.2023, 17:07
@xubjan
Wer etwas völlig frei Erfundenes und Ausgedachtes als Meinung verkaufen will, der sollte es lieber lassen. :-)

Korrekt.

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Aus Sicht einer Demokratie und eines Rechtsstaates: Beim Begehen einer Straftat.

Das ist erst mal sehr banal. Es gibt viele eindeutige Fälle, beispielsweise gibt es nur quasi eine Handvoll Menschen, die einen eindeutigen Mordaufruf als "Meinungsfreiheit" unbestraft sehen wollen und dafür eintreten.

Es gibt alleine dabei schon Grenzfälle, die teilweise schwer zu beurteilen sind. Beispielsweise ein "Vielleicht hättest du gar nicht geboren werden sollen." Was ist mit diesem Satz? Ist das eine sehr versteckte Morddrohung oder nicht? Selbst ein "Ich bring dich um" überzeugt viele Staatsanwälte nicht als Morddrohung, da das oft nur ein unvollendeter Spruch bleibt. Ich habe schon Anzeigen von Klienten gesehen, die abgewiesen wurden mit der Begründung, dass ohne "klare Ankündigung einer Mordmethode und einer Tatzeit samt Tatort" keine Morddrohung aus so etwas wird.

Tja. Im Endeffekt kannst du ewig oft solche Beispiele finden. Ich habe auch bewusst mal das drastische genommen, denn Beleidigung ist vielleicht doch für viele harmlos oder irgendwie "normal" gefühlt. Aber eine Morddrohung ist das hoffentlich nicht. Dennoch gibt es auch hier immer wieder Grenzfälle.

An diesem Punkt ist die Justiz halt leider irgendwann im schwammigen Bereich. Wie bei meinem Beispiel oben gibt es zwar immer wieder auch möglichst sachliche und objektive Kriterien, die angewendet werden, aber selbst dann bleiben Grenzfälle zurück.

Bei der Beleidigung ist das noch etwas schwieriger, denn das ist deutlich weitläufiger als eine Morddrohung. Aber auch hier gibt es einige Sachkriterien, wann etwas eine Beleidigung ist und wann nicht.

Bei der Lüge ist es manchmal schwieriger nachzuweisen, was wirklich eine Lüge ist, denn da müssen juristisch zwei Dinge zusammenkommen: A) Wer etwas sagt/schreibt, muss durchaus wissen oder ahnen, dass das falsch ist. B) Er muss die Absicht haben, dass ein Gegenüber ihm glaubt (womit klar erkennbare Satire beispielsweise auch rausfällt).

Eine einfache "Meinung" in Unkenntnis der Fakten oder Sachlagen, ist hingegen erst mal keine Lüge. Wenn man aber Kenntnis von den Sachlagen erhält, kann es zur Lüge werden. Ein simples Beispiel: Jemand tratscht die Lüge der versprochenen Nicht-Nato-Osterweiterung einfach nach, weil er es nicht besser weiß. Wenn man denjenigen dann damit konfrontiert, dass es eine Lüge ist und dass die Wahrheit eine andere ist (beispielsweise durch O-Ton von Gorbatschow), hat er ja Kenntnis von der Wahrheit und weiß auch, dass dies offensichtlich eine Lüge ist. Bleibt er dabei, wird es auch aus seiner Sicht zu einer Lüge.

nur wer legt denn bitte fest, was als offensichtliche Lüge zählt?

Man reiche ihm / ihr ein Strafgesetzbuch, blättere zu den §§ 185 - 187 und lies diese verstehend.

Äußerungen die ehrverletzend sind, sind strafbewehrt.