Wirtschaftswachstum so wichtig?

6 Antworten

Der Lehrer argumentiert auf der Grundlage einer kapitalistischen Gesellschaft, Marx hat aber schon die Grundlage in Frage gestellt.

Die Frage, die du hier stellst, ist Gegenstand vieler (meistens eher emotionaler als faktenbasierter) Debatten, und sie wäre eine sehr gute, weil kritische Frage für den Unterricht gewesen.

Wenn dein Lehrer diese Behauptung (und mehr ist es nicht) als Argument gegen die Marxsche Analyse anführt, dann wird er Marx nicht wirklich gerecht, sondern geht nur sehr, sehr oberflächlich mit dem "Kapital" um.

Ewiges Wachstum ist ein Märchen. Ressourcen sind endlich. Selbst Reptilien, die ihr Leben lang wachsen, haben eine Obergrenze. Man kann nicht pauschal sagen, dass Wachstum wichtig ist. Ab einer gewissen Grenze ist Schluss und wie "groß" eine Wirtschaft sein muss, um noch "gesund" zu sein, ist eine Frage, die bei den entsprechenden Entscheidungsträgern einfach nicht gestellt wird.

Was Marx angeht, hat er die Macht- und Besitzverhältnisse kritisiert, nie das Wachstum. Ihm war klar, dass selbst bei Umverteilung das Wachstum nicht ausreichen würde, seine Utopie des Kommunismus zu erreichen. Marx war anders als manche Salonmarxisten nicht der Meinung, dass die Menschen freiwillig wieder in die Höhlen zurückkehren und Laub von den Bäumen essen würden. "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!“ (Losung des Kommunismus) bedeutet eine Steigerung der Produktion am besten mit Robotern, wie sonst können alle Maler werden und dennoch eine Weltreise nach der anderen machen? Marx war kein Verzichtstheoretiker!

Solange die Menschheit wächst, bedeutet Null- oder gar Negativwachstum, dass es Verlierer geben wird, denn für mehr Menschen braucht man mehr Produkte. Da Konjunkturschwankungen nicht auszuschließen sind, braucht man Wachstum, um konjunktuelle Verluste auszugleichen. Man braucht über den aktuellen Produktverbrauch immer mehr für Reinvestitionen und Ausgleich einer Schwundquote. Das Hauptargument aber ist: Der Drang nach mehr und Verbesserung hat die Menschen aus den Höhlen der Steinzeit und durch die Geschichte von Entwicklung zu Entwicklung getrieben. Wieso soll sich der Mensch jetzt ändern? Fortschritt aber geht nicht ohne Wachstum, weil der Austausch alter Produktionsmethoden sozial abgefedert werden soll. Es heißt immer, Grund für die Völkerwanderung sei der Krieg. Das stimmt nur bedingt. Grund (auch für den Krieg) ist vor allem ein Bevölkerungswachstum, denen die jeweiligen Länder mit ihrer antiquierten Wirtschaft keine Zukunft bieten können. Das wiederum ist Grund für Unzufriedenheit mit den versagenden Eliten, für Aufstand und Krieg. Schau Dir mal den Anteil der Altersgruppen in Marokko an der Gesamtbevölkerung an. Das ist unsere deutsche Alterspyramide auf den Kopf gestellt!

Ein Wirtschaftswachstum ist wichtig, weil auch die Produktivität steigt.

Wenn also nicht mindestens 2 % Wirtschaftswachstum vorhanden sind, werden jedes Jahr weniger Arbeitnehmer benötigt.

Im Idealfall mehrt Wirtschaftswachstum den Wohlstand, schafft Arbeitsplätze, führt zu höheren Einkommen, zu höheren Steuereinnahmendes Staates, womit wiederum Schulen, Straßen Sportstätten usw. gebaut werden. Eine Rezession hingegen hat den gegenteiligen Effekt. Unternehmenspleiten, Entlassungen, Verarmung usw.

FrageSchlumpf  05.11.2015, 17:31

Diese Schwarz-Weiß Sichtweise würde voraussetzen, dass es zwischen Wachstum und Rezession nichts gäbe, sowas, was wir in den letzten Jahrzehnten öfter hatten, mehr oder weniger Stagnation.

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archibaldesel  05.11.2015, 18:55
@FrageSchlumpf

Die Sichtweise ist die Antwort auf die Frage. Sie wurde ausdrücklich als Idealfall gekennzeichnet. Der Frager hat nach der Bedeutung des Wirtschaftswachstums und nicht nach der Historie gefragt.

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