Wieso hat Zellkern eine Doppelmembran?

1 Antwort

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Die äußere Membran des Zellkerns geht allmählich in die Membran des rauen endoplasmatischen Retikulums über. Schauen wir uns mal ein mikroskopische Aufnahme der Kernmembranen an:

Bild zum Beitrag

Bild: wikipedia, credits: Opossum58, Lizenz: CC BY-SA 3.0, link: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11103216

Dann sieht man, dass der Zwischenraum der beiden Hüllmembranen, der perinucleäre Raum, mit dem Lumen des rER direkt in Verbindung steht. Die äußere Kernmembran geht in das Membransystem des rauen ERs über und ist selbst auch ribosomenbesetzt.

In einem anderen Maßstab betrachtet, ergibt sich folgendes Bild:

Bild zum Beitrag

Bild: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e8/0313_Endoplasmic_Reticulum_a_en.png

Man sieht, dass der Zellkern vom rauen ER umgeben wird und zwischen beiden ein enger Kontakt besteht.

Die Interpretation wäre dahingehend, dass diese beiden Kompartimente Kern und rER stark zusammengerückt sind, da sie so effektiver zusammenarbeiten können.

Denn anhand genetischer Anweisungen des Kerns (mRNA), die den Kern verlassen, werden zum Teil an den Ribosomen des rER Proteine gebildet. Diese beiden Kompartimente arbeiten also Hand in Hand. Wenn man eine Firma hat, die sehr oft Postsendungen hat, macht es Sinn eine Postfiliale im oder direkt am Haus zu haben, als jede Sendung erst 5 Straßen mit dem Auto weiterzubringen. Daher ist es hier tatsächlich zu einer partiellen Verschmelzung bzw. starken Annäherung von Kern und rER gekommen, indem Kern und rER sich die äußere Membran des Kerns teilen.

Bei Chloroplasten und Mitochondrien scheint die äußere Membran immer noch ein Relikt ihrer Inkorporation in die Zelle zu sein. Vgl. dazu Endosymbiontentheorie. Diese Organellen waren vorher eigenständige einzellige Lebewesen. Sie wurden, nach der Theorie, in einem phagozytoseähnlichen Vorgang einer Zelle einverleibt, aber nicht verdaut, sondern überlebten dauerhaft als Endosymbionten.

Wenn man sich anschaut, wie so eine Phagozytose zum Zwecke der Ernährung einer Zelle abläuft, werden gefressene Zellen stets von einer Hüllmembran umgeben, um sie in die fressende Zelle zu bringen. Diese Situation scheint bei Mitochondrien und Chloroplasten wie eine Art Momentaufnahme bis heute erhalten geblieben zu sein.

Natürlich übernimmt der Intermembranraum inzwischen spezielle Aufgaben, weshalb man die zweite Hüllmembran nicht einfach wegrationalisieren könnte.

Vergleiche z.B. das chemiosmotische Modell der ATP-Synthese in Mitochondrien:

Bild zum Beitrag

Bild: https://quizlet.com/de/436378583/64-biologische-oxydation-atmungskette-flash-cards/

Der Intermembranraum bildet ein Reservoir an H+-Ionen für die ATP-Erzeugung. LG

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologielehrer SI/II a. D.
 - (Biologie, Bio, Zellen)  - (Biologie, Bio, Zellen)  - (Biologie, Bio, Zellen)