Wieso haben Giraffen so einen langen Hals?

5 Antworten

Es gab verschiedene Überlegungen zur Entstehung der Arten. Die ursprüngliche Annahme bestand darin, dass alle Arten entsprechend dem biblischen Schöpfungsmythos unveränderlich und von Gott erschaffen worden wären. Ab der 2. Hälfte des 18. und insbesondere im 19. Jahrhundert begann man damit, die Natur intensiver und systematisch zu erforschen. Bald schon tauchten Fossilien auf und es wurde erkannt, dass es die Überreste längst ausgestorbener Tiere waren. Offensichtlich konnte die biblische Schöpfungsgeschichte nicht stimmen. Anfangs versuchte man, die Fossilien anhand der sog. Katastrophentheorie zu erklären und mit der Schöpfungsgeschichte in Einklang zu bringen. Ein bedeutender Vertreter dieser auch Katastrophismus genannten Erklärung war Georges Cuvier (1769 - 1832), einer der Begründer der Paläontologie. Laut dieser Hypothese hätten Katastrophen zum Aussterben jener Arten geführt, die man als Fossilien entdeckt hatte. Danach hätte Gott die Erde einfach mit neuen Arten bevölkert. Der Katastrophismus erkannte zwar die Existenz der ausgestorbenen Arten an, er ging aber immer noch von der Unverändelichkeit der Arten aus.

Je mehr Fossilien entdeckt wurden, umso mehr wurde jedoch klar, dass diese Erklärung nicht stimmen konnte. Wir wissen heute, dass es tatsächlich mehrere große Massenaussterbeereignisse gab, insgesamt fünf Stück (den Beginn eines vom Menschen verzrsachten sechsten großen Massenaussterbens erleben wir gerade). Aber nie verschwanden alle Arten und diejenigen Arten, die nach den großen Katastrophen im Fossilienbericht auftauchten, waren eindeutig Nachfahren, die sich aus jenen Arten entwickelt haben mussten, welche jeweils die vorangegangene Katastrophe überlebt hatten. Nach und nach erkannte man, dass die Arten ganz klar nicht unveränderlich waren und sind. Was aber nich fehlte, war ein Mechanismus, der plausibel erklärte wie die Arten sich über die Zeit verändern und sich in neue Arten entwickeln konnten.

Einer der ersten, die sich mit dieser Frage auseinandersetzten, war Jean-Baptiste Lamarck (1744 - 1829), dessen Erklärung heute als Lamarckismus bekannt ist. Er glaubte, dass im Lauf des Lebens durch Gebrauch erworbene oder durch Nichtgebrauch verkümmerte Merkmale vererbt würden und so die Veränderlichkeit der Arten bewirkten. Dass erworbene Eigenschaften erblich wären, war eine damals weit verbreitete Sichtweise. Das Zustandekommen des langen Giraffenhalses erklärte Lamarck beispielsweise so: die Vorfahren der heutigen Giraffen, quasi die "Ur-Giraffen" hatten noch kurze Hälse. Um nun aber an die Blätter in den Baumkronen gelangen zu können, mussten sie ihre Hälse in die Höhe strecken. Dadurch wurden die Hälse länger und diese Eigenschaft vererbten sie schließlich an ihre Nachkommen weiter. Die nächste Generation der Giraffen wurde also automatisch mit einem längeren Hals geboren. Zu jener Zeit zweifelte niemand an, dass erworbene Eigenschaften vererbt werden könnten. Selbst Darwin, den wir gleich kennenlernen werden, zweifelte das nicht an. Heute wissen wir, dass Lamarck nicht richtig lag. Erworbene Eigenschaften werden nicht vererbt. Das zeigt ein einfaches Beispiel: Wenn du ins Fitnessstudio gehst und trainierst wie blöd, bis du aussiehst wie Arnold Schwarzenegger in seinen besten Glanzzeiten, müssten, hätte Lamarck recht, deine Kinder bereits mit einem Körper wie ein Bodybuilder geboren werden. Das ist aber nicht der Fall.

Schließlich entwickelte Charles Darwin (1809 - 1882) eine andere Idee, mit der er die Entstehung der Arten erklären konnte. Wie bereits erwähnt glaubte auch Darwin, dass eine Vererbung erworbener Eigenschaften möglich sei, er hielt dies aber nicht für den Hauptgrund, der zur Veränderlichkeit der Arten führen sollte. Darwin entwickelte eine Theorie, die die Evolution der Arten durch natürliche Selektion erklärte. Sie ist heute als Darwinismus bekannt. Allerdings entwickelte auch ein anderer Forscher unabhängig von Darwin zur gleichen Zeit eine ganz ähnliche Theorie, Alfred Russel Wallace (1823 - 1913). Darwin stützte sich auf folgende Beobachtungen:

  • Die Individuen einer Art ähneln sich, sind aber nicht völlig gleich, sondern variabel. Was Darwin nicht wusste, war, wie die Variabilität zustande kommt (durch Mutation der DNA und durch Rekombination). Stellen wir uns die Ur-Giraffe vor, so hatten manche von ihnen einen etwas kürzeren Hals, andere einen etwas längeren Hals usw.
  • Die Ähnlichkeit ist nicht zufällig, sondern Verwandte sind sich ähnlicher als Nichtverwandte. Eltern mit längerem Hals haben meist auch Kinder mit längerem Hals. Darwin schlussfolgerte, dass die Merkmale vererbt werden müssen. Was Darwin nicht wusste, war, was genau vererbt wird (die Gene auf der DNA) und nach welchen Gesetzmäßigkeiten das geschieht (Mendelsche Regeln).
  • Die Ressourcen in der Natur sind begrenzt, z. B. das Nahrungsangebot. Es werden aber stets mehr Nachkommen geboren als durch die Menge der vorhandenen Ressourcen überleben können. Darwin schlussfolgerte, dass die Individuen sich deshalb in einem Konkurrenzkampf miteinander befinden müssen, den er Kampf um's Dasein (struggle for life) nannte. Die Ur-Giraffen konkurrierten z. B. um das Angebot an Blättern in der Baumkrone.
  • Es gibt eine Varianz im Überlebenserfolg: diejenigen, die zufälligerweise am besten an ihre Umwelt angepasst sind, überleben am erfolgreichsten. Darwin nannte das das Überleben des Angepasstesten (survival of the fittest). Unter den Individuen der Ur-Giraffe waren etwa jene mit den etwas längeren Hälsen eher in der Lage an die Blätter zu kommen. Sie überlebten, während die Individuen mit kürzeren Hälsen verhungerten.
  • Diejenigen, die am längsten überleben, erzielen auch den größten Fortpflanzungserfolg. Ihr Merkmal, das ihnen einen Selektionsvorteil verschafft hat, vererben sie mit großer Wahrscheinlichkeit an ihre Nachkommen weiter.
  • Die Nachkommen der nächsten Generation sind wieder nicht gleich. In der nächsten Generation findet der Ausleseprozess erneut statt. Im Laufe vieler Generationen wurden stets die Individuen mit den längsten Hälsen begünstigt. Nach und nach entstanden so schrittweise die Hälse der heutigen Giraffen.
Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

Nein, so funktioniert Evolution nicht :D

Du wirst ja auch nicht zu einem Vierbeiner, wenn Du lang genug auf allen Vieren krabbelst.

In Savannenlandschaften und Halbwüsten ist Nahrung immer ein direkt begrenzender Faktor für die Gesamtpopulation aller Pflanzenfresser. Unten kann jeder fressen, deswegen ist dort die Konkurrenz besonders groß. Ein langer Hals ist ein evolutionärer Vorteil, weil er die Blätter hoher Bäume als Nahrungsquelle erschließt. Ein Lebensraum, der ein Tier ernährt, das nur unten fressen kann, kann gleichzeitig ein weiteres Tier ernähren, das auch oben fressen kann. So ist es möglich, dass im selben Lebensraum mehr Tiere leben.

Die Zahl der Bäume als Futterquelle ist aber auch begrenzt. Deswegen entwickeln nicht alle Tierarten mit der Zeit lange Hälse. Sobald die erste Art diese Nahrungsquelle erschlossen hat, ist diese ökologische Nische besetzt. Für andere Arten ist es kaum noch von Vorteil, sich auch in diese Richtung zu entwickeln. Deswegen ist die Zahl der auffälligen "Langhälse" unter den Säugetierarten eher klein.

Neben den verschiedenen Giraffen gibt es noch Giraffengazellen, die weiter oben fressen können als die meisten Gazellen und Antilopen, die aber längst nicht so hoch kommen wie Giraffen. Und natürlich haben auch Elefanten viel Reichweite nach oben.

Giraffen sind übrigens ein echter Extremfall. Ihr Hals und ihre Beine dürften nicht länger sein, sonst könnten sie nicht mehr trinken.

Hi. Es gibt 2 Evolutionstheorien. Die, die du genannt hast ist von Lamarck.Also wenn ein Organ nach oftem Gebrauch wächst. Die zweite und richtige Theorie ist von Darwin. Wenn man das Beispiel von der Giraffe nimmt, musst du dir das so vorstellen :

Giraffen werden geboren, haben unterschiedliche Hälse ( Individuum) und fressen die Blätter die weit oben sind.Die Giraffen mit kurzen Hälsen verhungern, aber die Giraffen mit langen Hälsen kommen gut an die Blätter dran und leben länger.Diese Giraffen kriegen dann Jungen, welche auch verschiedene Hälse haben und soweiter.Nach und Nach werden immer mehr Giraffen mit einem langen Hals geboren, weil sie länger leben bis es (fast!) ausschließlich nur welche mit einem langen Hals gibt.
Das fast ist wichtig, da es selten immer noch Individuen gibt.

Hoffe ich konnte dir helfen :)

Das war eine Vermutung damals, aber Darwin's Vermutung war eher, dass die Giraffen mit kurzen Hals nicht an die Blätter weiter oben kommen, weswegen diese nicht so gut ernährt sind, wie die mit langem Hals, weswegen die schneller sterben können. Daher kommt ein Überschuss an großen Giraffen, welche sich immer weiter entwickeln, und so immer größer und angepasster an die Verhältnisse werden.

Nein, mit Strecken hat das nichts zu tun.

Die Bäume wurden im Laufe der Jahrtausende höher, um nicht kahlgefressen zu werden. Darum wurden Giraffen immer größer, um doch die Blätter zu erreichen. Kleinere Giraffen verhungerten, kleinere Bäume starben, weil sie kahlgefressen wurden. Das ist Evolution.

Es konnten sich immer diejenigen am erfolgreichsten fortpflanzen, die lange genug lebten.

HALLO78366  20.03.2023, 17:31

Das mit dem Strecken war, glaube ich, eine Theorie von Lamarck, der so die Evolution durch den reinen Willen beschreiben wollte.
Aber Darwins Theorie kommt mir, und eigentlich auch den meisten anderen, logischer vor.

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