Wie war das Verhältnis zwischen Kirchenstaat und Heiligem Römischen Reich?

4 Antworten

Der moderne, kleine Kirchenstaat wurde von Mussolini eingerichtet. Wir sprechen hier vom mittelalterlichen Kirchenstaat, der die ganze Stadt Rom und das weitere Umland umfasste ("urbi et orbi").

Das Heilige Römische Reich entstand mit der Kaiserkrönung von Otto I. durch Papst Johannes XII. Dieser Papst hatte Otto als militärische Unterstützung zu Hilfe geholt, weil Graf Berengar II. drohte, Rom anzugreifen. Otto war zu dieser Zeit bereits König der Sachsen und Franken, und war dann auch König der Lombarden geworden (hatte Adelheid, die verwitwete Königin der Lombarden, geheiratet, wodurch er deren König wurde). Berengar wollte auch König der Lombarden werden und war darum Ottos Gegner, und darum war Otto sehr naheliegend als guter Verbündeter für den ungewöhnlich jungen Papst.

Nachdem Otto den Berengar ausgeschaltet hatte, wurde wie vereinbart Otto zum Imperator (also zum obersten militärischen Anführer) gekrönt, wobei dieser aber zugleich die zivile Herrschaft von Octavian über den Kirchenstaat anerkannte (Octavian war der bürgerliche Name des Papstes Johannes XII, der nämlich in Personalunion auch Fürst von Rom war wie sein Vater Alberich II.).

Aber schon kurz danach ging der Streit los. Johannes=Octavian starb schon mit 27 Jahren überraschend, und nun bestand Otto darauf, bei der Auswahl den nächsten Papstes mitzubestimmen, während die Römer die Papstwahl als ihr alleiniges Recht beanspruchten ... und so kam es wiederholt dazu, dass der Kaiser einen Papst seiner Wahl einsetzte, aber sobald der Kaiser von Rom wegging, haben die Römer einen anderen Papst ernannt, bis dann der Kaiser wieder nach Rom kam und den seinen wieder einsetzte, usw. usw.

VOR Johannes XII war es so gewesen, dass die Fürsten von Rom bestimmten, wer römischer Bischof, also Papst wurde. Dann kam diese Personalunion Fürst=Papst, und danach war es dann oft ziemlich unklar wer nun eigentlich der weltliche Machthaber in Rom ist. Typisches Beispiel dafür ist Crescentius.

Die Antwort auf Deine Frage ist also: immer wieder Revolten der Römer/Welfen gegen den Kaiser/die Waiblinger.

https://www.youtube.com/watch?v=coPsfCg7Y6o

Nach dem Gang nach Canossa gab es eine Wende im Verhältnis kirchliche und weltliche Macht. Im obigen Video ist mit einem Historiker die katholische Sicht dargelegt.

Der Historiker meint, dass der Gang nach Canossa später überbewertet wurde. Es gab eine Machtzunahme des Papstes, aber auch eine Machtzunahme der Fürsten gegenüber dem König oder dem Kaiser.

Die Rivalität kirchliche und weltliche Macht wurde durch Canossa nicht beseitigt, aber es hat sich zu Gunsten der Kirche verschoben. Es gab auch Zeiten, wo zwei oder drei Päpste nebeneinander einen Teil der Macht hatten.

Zu deiner Frage ist vor allem das Ende des Videos interessant.

Sie sind Beide "Eins" (Offb.13,4-7; 17,1-7).

Woher ich das weiß:Recherche

Alles gehorchte dem Papst. Der Papst krönte den Kaiser, schon von daher ist er der Mächtigste. Könige begehrten auf, aber durch den "Gang nach Canossa" war im Grunde die alte Ordnung wieder hergestellt. Der Investitionsstreit endete, indem dem jeweiligen Kaiser, Fürsten ein wenig mehr Macht erteilt wurde.

Hessen001 
Fragesteller
 26.07.2023, 21:54

Bedeutet das also, dass der Kirchenstaat, obwohl zum Heiligen Römischen Reich gehörig, dem Kaiser keinen Gehorsam schuldig war?

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adelaide196970  26.07.2023, 22:02
@Hessen001

doch, in erster Linie schon, aber der wiederum schuldete dem Papst Gehorsam. Wenn der Papst etwas verlangte, gab es der Kaiser nur weiter. Z. B. Aufruf zum Kreuzzug.

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rr1957  24.10.2023, 11:59
@Hessen001

Nein, denn es gab auch die gegenteilige Auffassung, nach der der König (und auch Kaiser) das Recht hat, die jeweiligen Bischöfe einzusetzen, bzw. deren Amtantritt genehmigen muss oder eben auch ablehnen kann. Der Papst ist ja einfach der Bischof von Rom, d.h. der römische König (Kaiser) muss den Papst genehmigen, bzw. kann ihn ablehnen.

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