Welche Erfahrungen habt Ihr mit Aikido gemacht? Eignet sich Aikido zur Selbstverteidigung?

9 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Selbstverteidigung beginnt NICHT mit der ersten Handgreiflichkeit, sondern viel früher. Wenn man zu bescheuert ist, um seine Umgebung zu realisieren, mit wem man zusammen ist, was die Stimmungslage ist und wie sich die Situation jederzeit entwickeln kann, dann nützt dir die Technik von Aikido nichts mehr. Dann hat man es mit seiner bescheuerten Wahrnehmung vermasselt.

Die situative Wahrnehmung der ganzen Umgebung, die einem Aikido vermittelt, funktioniert wie ein Langdistanzradar. Dabei kriegt man mit, wer was in der Umgebung tut und welche Bewegungen zu einer potentiellen Gefahr führen können

Dazu ist Aikido da!

Wenn es dann trotz Langdistanzradar zu Handgreiflichkeiten kommt, ist Aikido in seinem technischen Potential ebenso effektiv, wie jede andere Kampfkunst auch. Natürlich kann man es sanft versuchen, wenn man das für angebacht hält. Aber ebenso kann man "shinken waza" - reale Kampftechniken - anwenden. Das geht ohne Umschweife zur Sache mit dem entsprechenden Ausfall-Resultat.

Shinken Waza im technischen Repertoire von Aikido besteht an und für sich nur noch aus den Eintretensbewegungen. Es ist eine Ausführungsvariante, keine Technik.

Die Ausführungsvarianten sind:

  • Kigata - lenken der Angriffsintention bevor der Angreifer einen Griff hat setzen können
  • Tanren - Ausführungsvariante, wenn der Angreifer bereits einen Griff hat setzen können
  • Shinken Waza - "Ernstfalltechnik", Ausführung in der Originalversion, wie sie auf dem Schlachtfeld angewandt worden wäre.

Das bedeutet, dass eine Technik in ihrer ganzen Länge eben aus mehreren Phasen UND Ausführungsvarianten besteht:

  1. Eingang
  2. Überleitung der Bewegung zu einer Technik
  3. Ausführung der aus der Eingangsbewegung optimal folgenden Technik
  4. Härte der Ausführung der eingeleiteten Technik

In der Shinken Variante lässt man 1 und 2 weg und geht direkt zur Ausführung der optimalen Gegenmassnahmen über mit dem Potential des entsprechenden Ausfalls eben.

Woher ich das weiß:Hobby – betreibe seit bald 30 Jahren Aikido; 4. Dan-Grad
RonMcWin 
Fragesteller
 18.11.2019, 23:41

Sehr ausführlich, danke dafür

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Sagen wir es mal so: Es gibt aus meiner Sicht bessere Selbstverteidigungskonzepte. Grundsätzlich ist es aber immer eine Frag von wie lange du etwas trainierst. Jemand der 20 Jahre Aikido macht kann sich besser verteidigen als jmd der 1 Jahr Krav Maga übt.

Also ich hab Aikido auf nem Wettkampf gesehen und ich halte nicht viel davon, zumindest das was ich gesehen hab.

Ist trotzdem möglich, dass es etwas bringen könnte

Ich unterstelle das Aikido in einer realen Verteidigungssituation gar nichts nutzt.

Dafür ist - wie stets von mir empfohlen - Arnis/Escrima oder Modern Arnis weitaus besser geeignet, weil es erstens auf reale Situationen eingeht und zweitens undogmatisch ist, veränderlich, es nimmt immer wieder passend erscheinende Elementa aus anderen Kampfkünsten auf und passt diese an reale alltagstaugliche Verteidigunssituationen an.

Der spirituelle Aspekt ist schon vorhanden, etwas stärker kann er ausgeprägt sein als bei anderen Kampfsportarten und es kommt auf den Lehrer an, wo er das Hauptaugenmerk legt.

Im Grunde ist Akido aber meiner Meinung bestens für die Selbstverteidigung ausgelegt. Du bist nach dem Grundprinzip nämlich kein Angreifer, sondern nutzt immer die Energie des Gegners, damit dieser sich selbst zu Fall bringt.

RonMcWin 
Fragesteller
 18.11.2019, 13:15

Vielen Dank für Deine Antwort!

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