Was versteht Karl Marx unter Entfremdung?

4 Antworten

Von Experte PeVau bestätigt

Der Produzent (Arbeiter) produziert etwas, das ihn nicht interessiert, wovon er auch nichts hat. Weiterhin produziert er es für Abnehmer, die er nicht kennt und die ihn nichts angehen. So weit zur Produktion. Der Begriff ... greift aber noch weiter ...

PeVau  31.10.2020, 18:42

Verständlich und griffig erklärt, sehr schön!

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Von Experte Geraldianer bestätigt

Den Begriff "Entfremdung" benutzt Marx insbesondere in seinen so genannten Frühschriften. Das sind die frühen Schriften die vor Ausarbeitung seiner Ökonomiekritik verfasst wurden und oft zu den "philosophischen" Schriften gezählt werden.

Der Entfremdungsbegriff ist recht komplex. In aller Kürze kann man ihn wie folgt definieren:

Der Mensch ist kein Einzelwesen, sondern ein soziales Wesen. Alle Menschen sind auf andere Menschen angewiesen. Das "normale" oder das dem menschlichen "Wesen" entsprechende verhalten besteht darin, dass die Menschen gemeinsam ihre materiellen Grundlagen erwirtschaften und die erzielten Güter nach einem gemeinsamen Plan untereinander aufteilen und konsumieren. Man kann sch das in etwa so vorstellen wie in einem Indianerdorf. Da werden die von den Jägern erlegten Bisons ja nicht an die anderen Stammesmitglieder verkauft, sondern "kostenlos" verteilt. Dafür machen die anderen Stammesmitglieder irgedwas anderes Sinnvolles: Früchte sammeln, Wasser herbeischleppen, Zelte ausbessern usw. Auch dafür werden sie nicht bezahlt. Es geschieht alles gemeinschaftlich. Die Entfremdung in einer Marktwirtschaft besteht nun darin, dass die Menschen zwar weiterhin aufeinander angewiesen sind, aber nicht bewusst zusammenarbeiten. Vielmehr produziert prinzipiell jeder für sich allein. Die Menschen müssen die Dinge einander abkaufen, was zur Einführung von Geld führt und damit die Grundlage bildet für Kapitalismus, also für Geldmachen um des Geldmachens willen. Der einzelne ist nur daran interessiert, dass der andere ihm seine Produkte gegen Geld abkauft. Ob der andere auf diese Produkte angewiesen ist oder nicht, interessiert ihn nicht. Daher werden einerseits Dinge mit große, Werbeaufwand verkauft, für die kein wirkliches Bedürfnis besteht, und andererseits erhält jemand keine Waren, wenn er kein Geld hat - mag sein Bedürfnis auch noch so groß sein. Die menschen werden gezwungen, sch alle egoistisch und unsozial zu verhalten. Liberale Theoretiker wie Adam Smith haben gerade diesen Egoismus gepriesen.

"Entfremdung" von der "menschlichen Natur" ist dabei sowohl der Zustand, als auch der gesellschaftliche Prozess, der zu diesem Zustand führt.

Entfremdet lebt nicht nur, wie das oft missverstanden wird, der Arbeiter, sondern auch der Kapitalist. Allerdings leider er weniger unter der Entfremdung.

Ich denke, die Entfremdung bezog sich auf die Entfremdung zwischen dem Arbeiter und dem, was er herstellt. Früher stellte der Arbeiter alles selber her. Später nur Teile eines Produktes. Er hatte also nur noch wenig Bezug zu dem, was er herstellte. War sozusagen nur ein Rädchen im Getriebe des Kapitals.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung