Was sind "Neue Kriege"

6 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

dabei handelt es sich um einen Begriff den Mary Kaldor eingeführt und vor allem Herfried Münkler im deutschsprachigen Raum geprägt haben. Im Endeffekt hat sich insbesondere die Art der Kriegsführung laut beiden insbesondere seit dem Ende des Kalten Krieges grundlegend geändert. Laut Münkler gibt es drei zentrale Charakteristika:

  1. Entstaatlichung & Privatisierung bzw. Kommerzialisierung der Gewalt
  2. Asymmetrisierung der kriegerischen Gewalt
  3. Verselbstständigung der kriegerischen Gewalt

zu 1. Die neuen Kriege treten in Gebieten auf, in denen die Staatlichkeit zusammenbricht bzw. das Gewaltmonopol langsam verliert (scheiternde bzw. bereits gescheiterte Staaten wie Somalia); in Anbgrenzung von den klassischen Staatenkriegen kämpfen dort keine regulären Armeen sondern es gibt vor allem private Akteure wie Warlords, Rebellengruppen, Söldner etc. Dabei entstehen Gewaltökonomien - das heißt, dass einige der Akteure aktiv an den Kriegen verdienen und daher daran interessiert sind, sie am laufen zu halten. Sei es durch Waffenlieferungen, Drogenanbau (wie in Afghanistan), den Abbau von Ressourcen (Blutdiamanten in Afrika) etc.

zu 2. Es führen nicht mehr zwei gleichartige reguläre Armeen Krieg gegeneinander und halten sich dabei größtenteils an die inzwischen vereinbarten Regeln des Krieges (Haager Landkriegsordnung, Genfer Konvention); dadurch ist oft einer der Akteure stark unterlegen bzw. greift auf andere Waffen und Mittel zurück. Ein Beispiel ist, dass vorwiegend eine Partisanen- bzw. Guerillakriegsführung angewandt wird und somit nicht länger eine Entscheidungsschlacht angestrebt wird, wie es zumindest in den klassischen Staatenkriegen lange der Fall war.

zu 3. Bestimmte Aspekte der Kriegsführung die früher ind ie alten Kriege eingebunden waren, verselbstsständigen sich. Ein Beispiel hierfür ist auch der Partisanenkrieg, der nun zu einer der hauptsächlichen Aktivitäten wird. Hinzu kommt eine Brutalisierung der Kriegsführung - Gewalt gegen die Zivilbevölkerung wird systematisch genutzt zur Erreichung der eigenen Ziele genutzt (u.a. Unterstützung erzwingen); Massaker werden zu einem Mittel der Kriegsführung. Durch das Fehlen einer staatlichen Kontrolle bzw. ausgebildeter und gedrillter Soldaten nehmen Übergriffe ebenfalls zu.

Wie man sehen kann, ist das ganze ein komplexes Thema. Ich empfehle Herfried Münklers "Die Neuen Kriege" und Mary Kaldors "Neue und alte Kriege" zu lesen. Ersteres liest sich etwas leichter. Man sollte aber beachten, dass das ganze eher der Vorschlag einer neuen Begriffsdefinition ist und es auch eine ganze Reihe von Autoren gibt, die neue Kriege anders definiert, für ähnliche Merkmale andere Bezeichnungen hat ("Wilde Kriege, "Kleine Kriege" ...). Außerdem gibt es eine nicht unbeträchtliche Zahl von Autoren, die das Konzept von Münkler kritisieren. Unter anderem, weil viele der "neuen" Merkmale so neu nicht sind und er die neuen Kriege vor allem mit den klassischen Staatenkriegen nach Clausewitz abgrenzt.

Außerdem hilfreich:

  • Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ 46/2009): www.bpb.de/files/QD0I9V.pdf
  • Der Bürger im Staat (4/2004) Die Neuen Kriege: buergerimstaat.de/404/Dieneuen_Kriege.pdf

Ich glaube damit ist gemeint, das es bei Kriegen nicht mehr wie früher in erster Linie um die geographische Ausdehnung (Gebietsgewinne) von Staaten oder die Erweiterung des Machtbereiches geht, sondern um den Zugang zu Wirtschaftsressourcen wie Bodenschätze bis es irgendwann schon ums Wasser gehen wird.

Eine andere mögliche Definition wäre, das gerade heute vermehrt Konflikte nicht mehr zwischen zwei, oder mehr Staaten ausgetragen werden, sondern zwischen Staaten auf der einen Seite und z.B. Terrororganisationen auf der anderen

Nicht-staatliche Kriege nach 1989, zeichnen sich durch state failure, Zerfall von Staaten in der 3. Welt, Verselbständigung der Gewalt in Gewaltmärkten und Bürgerkriegsökonomien aus.. Eigentl wurde der Begriff als Verallgemeinerung v. Staatezerfalls und Aufbaus neuen Nationalstaaten des ehemaligen Jugoslawiens entwickelt.

Moderne Kriege werden nicht mehr zwischen zwei Staaten, sondern von mindestens einer nichtstaatlichen Partei, wie zum Beispiel von Terrororganisationen oder lokalen Warlords geführt. Es sind häufig Bürgerkriege.

bei heutigen konflikten wie in afghanistan oder palästina wird häufig von einer asymmetrischen kriegsführung gesprochen.