Was sind die Rechte des Königs/ der Adligen und was sind die Rechte der gewöhnlichen Bürger im Mittelalter? Gibt es Übereinstimmungen?

2 Antworten

Das ist unterschiedlich - je nach Gegend/Land und nach Zeit.

Grundsätzlich darf aber eine König "alles" und die einfachen Leute dürfen ... dem König gehorchen und Steuern zahlen.

Es gibt dann unter Umständen diverse Einschränkungen - z.B. der Papst hatte manchmal auch noch ein Wörtchen mitzusprechen in bestimmten Angelegenheiten.

Eisenklang  18.03.2024, 12:34

Das ist falsch

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Eisenklang  18.03.2024, 15:43
@VanLorry Das war etwas zu knapp, oder ;)

Ich führe es gern etwas länger aus.

Ein König im Mittelalter war alles andere als ein absoluter Herrscher und durfte keineswegs "alles", ja er konnte ja nicht einmal alles entscheiden. Der König war, wie alle in einer feudalen Gesellschaft, durch unzählige Beziehungsgeflechte gebunden. So waren ihm seine Vasallen Gefolgschaft und Gehorsam schuldig, er hatte ihnen aber auch Verpflichtungen und konnte keineswegs einfach über die Köpfe der Niederen hinweg regieren.

Die einfachen Leute widerum hatten wenig bis nichts mit dem König zu tun und seine Befehle und Gesetze betrafen sie nur in Ausnahmefällen. Sie waren wiederum selbst ihren Herren verpflichtet. So hatten sie beispielsweise die bekannten Hand- und Spanndienste zu verrichten, waren allerdings auch frei von Waffendienst und hatten das Recht auf juristischen wie militärischen Schutz.

Unser Denken von Befehl und Gehorsam ist eben sehr modern. Wer herrscht, regiert. Das ist für uns eindeutig. Aber so war es eben im Mittelalter keineswegs. Ein Ritter beispielsweise hatte seinem Herren Militärdienst zu leisten - ohne Wenn und Aber. ABER: es gab Grenzen und diese waren teilweise überaus eng gesteckt.

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VanLorry  18.03.2024, 16:15
@Eisenklang

Ja, hiermit kann ich schon etwas mehr anfangen. Danke.

Ich habe den restlichen Adel außen vor gelassen - das war wohl mein Fehler? König <-> Adel <-> gemeines Volk. Der König hat nur so viel Macht, wie er durchsetzen kann - und dafür braucht er den Adel.

Wenn also z.B. der König in ein Dorf reitet und mit seinen Männern alle dort umbringt, kann er das tun und keiner der evtl. überlebenden kann ihm dafür wirklich etwas.

Aber der Adelige, der für das Dorf zuständig ist, dem es gehört (bzw. als Lehen bekommen hat), wird das nicht gefallen. Der wird Entschädigung, o.ä. dafür vom König fordern. Und seine Adelskollegen werden ganz genau hinschauen, dass der König das auch tut. Denn andernfalls könnte er nämlich beim nächsten Krieg mit äußerst unmotivierten Adeligen (+ von ihnen gestellten Truppen) dastehen.

... so in etwa?

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Eisenklang  18.03.2024, 17:57
@VanLorry Spannend

Du stellst nun ein ziemlich krasses hypothetisches Beispiel vor und stellst damit eigentlich eine Frage, die weit über das Mittelalter hinaus geht. Denn gerade das letzte Jahrhundert ist ja voll von solchen Beispielen und wenn es einen gewissenlosen Gewaltherrscher gibt, dann wäre sein Mittel möglicherweise der Terror. Wir erinnern uns, dass z.B. Kambodscha es geschafft hatte sein eigenes Volk durch einen Genozid um 1/3 zu reduzieren ohne dass der Hauptverantwortliche, Pol Pot, dafür jemals zur Rechenschaft gezogen wurde.

Natürlich kann der Bauer selbst nicht viel tun. Wenn er ein freier Bauer ist, kann er sich natürlich versuchen zu verteidigen, schließlich sind freie Bauern durchaus schwer bewaffnet (sie müssen ja ggf. Kriegsdienst leisten). Aber bleiben wir bei deinem Beispiel. Ein hoher Adliger oder gar der König würde in einem Dorf die Bevölkerung ohne Grund ermorden. Die Überlebenden könnten den König nicht verklagen. Dass müsste ihr Schutzherr tun, denn der ist ja für seine Hörigen verantwortlich, ist ihnen zum Schutz verpflichtet und muss für sie auch juristisch kämpfen. Dafür haben sie ja ihre Freiheit aufgegeben und sind an der Scholle gebunden. Der König hätte mit seiner Tat im Prinzip die gesamte mittelalterliche Rechtsordnung und das Gesellschaftssystem zerstört. Kein Adliger wäre ihm mehr Gehorsam schuldig. Denn er ist ja seinerseits durch Eide an seine Untertanen und Vasallen gebunden. Diese hätte er mit so einer Tat gebrochen.

Einbruch aber ist mit das schlimmste Verbrechen in einer Zeit, wo Eide einen sehr viel höheren Stellenwert haben als bei uns.

Es gibt eine mittelalterliche Geste, die diesen Bund ausdrückt und jüngst bei der Krönung Chales in UK wiederholt wurde: der Vasall schwört dem König die Treue und legt seine Hände in die des Königs. Er gibt sich also in seine Hände. Dieser nimmt sie und hält sie einen Moment. Diese Geste geht bis zum Bauern hinab und versinnbildlicht sehr schön, wie Herrschaft im Feudalismus funktioniert.

Erst viel später, in der fortgeschrittenen Neuzeit, hatten Könige tatsächlich absolute Macht: im Absolutismus.

Weit aus mehr als heute war der Ruf, die Ehre eines Adligen absolut unantastbar. Beleidigung eines Ritters durch einen Gleichgestellten hätte Satisfaktion zur Folge, eines Bauern dessen Tod. Umgekehrt konnte sich ein Adliger nicht erlauben, durch allzu offensichtlichen Machtmussbrauch seinen Ruf zu verschandeln. Stell dir die Ehre wie eine knallharte Währung vor.

Wir demokratiegewohnten Menschen können uns schlecht vorstellen, dass die Menschen früher rechtssicher gelebt hatten, weil wir eine völlig andere Vorstellung von Freiheit und Rechten hatten. Wir alle sind,in Grenzen, sehr frei. Für einen Menschen im Mittelalter, egal in welchem Stamd, wäre dieser Freiheitsbegriff völlig absurd, ja nicht wünschenswert gewesen. Es gab Freiheiten. Freiheit vom Kriegsdienst oder einer Steuer, Privilegien und Rechte. Aber niemand im Mittelalter war in unserem Sinne frei. Denn wer frei war, hatte keinen Herren. Wer keinen Herren hatte, hatte keinen Schutz, keine Rechtssicherheit.

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Eisenklang  18.03.2024, 18:06
@VanLorry
Denn andernfalls könnte er nämlich beim nächsten Krieg mit äußerst unmotivierten Adeligen (+ von ihnen gestellten Truppen) dastehen.

Richtig. Die Gefolgschaft würde aufgekündigt und der König könnte nichts, absolut nichts dagegen tun.

Denn er verfügt über keine Armee, allenfalls eine kleinere Hausmacht. Er braucht seine Vasallen. Wenn der Ritter in seiner Burg bleibt, dann kann er ihn nicht mehr rausholen.

Es gab ja viele Konflikte, z.B. zwischen Städten und dem Adel oder den König, die sogar zum Krieg führten. Die Gründe waren z.B. unterschiedliche Auffassungen von Verpflichtungen oder gar, dass eine Stadt überhaupt dem König verpflichtet ist oder ungerechtfertigt besteuert würde. Hatte der König erst einmal das Stadtrecht gewährt, hatten diese im Spätmittelalter und auch schon im Hochmittelalter erhebliche Freiheiten und Rechte. Diese wurden auch verteidigt. Zumeist wurde aber geklagt oder der Streit anderweitig beigelegt. Denn eine Belagerung ist ein sehr aufwendiger Akt und kostet unglaublich viel Mühen, Geld und Menschenleben. Das Belagern einer einzigen Burg konnte Jahre dauern. Da hatte kaum jemand Lust drauf. Also musste irgendwie eine Einigung erzielt werden.

Selbst im Krieg kam es äußerst selten vor, dass die Bevölkerung einer Stadt oder eines Dorfes massakriert wurde (obgleich es natürlich in 1000 Jahren einige Beispiele gibt). Denn eine Stadt sollte erobert werden und konnte dann Gewinn einbringen. Eine massakrierte Bevölkerung konnte kaum noch Handel und Wirtschaft betreiben. Weil aber jeder Krieg Geld kostete, das war schon damals immer knapp, wäre so ein Verhalten dumm.

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Kurz: Die Rechte der Mächtigen sind immer, über die Niedrigen zu bestimmen. - Prediger 8:9