Was passierte mit den Kittelbachpiraten?

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Eine Unterscheidung zwischen Kittelbachpiraten und Edelweißpiraten ist nicht einfach, weil Edelweißpiraten ein Sammelname für nicht zentral organisierte und nicht einheitliche Gruppen von Jugendlichen ist und es verschiedene Außen- und Selbstbezeichnungen solcher „wilder Jugend“ gab. Ab 1941 wurde von den Nationalsozialisten allgemein die Bezeichnung Edelweißpiraten verwendet.

Lexikon des deutschen Widerstandes. Herausgegeben von Wolfgang Benz und Walther H. Pehle. Frankfurt am Main : Fischer, 1994, S. 202 – 203: „Bevor sich der Begriff Edelweiß-Piraten für die im rheinisch-westfälischen Industriegebiet bestehenden Jugendgruppe durchsetzte, benutzten die NS-Behörden die Bezeichnung Kittelbach-Piraten, die auf den 1925 in Düsseldorf gegründeten gleichnamigen Wanderbund zurückging, so benannt nach einem kleinen Fluß. Diese Gruppe war zunächst auf einer Linie mit den Nazis. Als 1933 ihre Eingliederung in die nationalsozialistischen Organisationen erfolgte, beharren einige Mitglieder auf ihrer Eigenständigkeit und blieben bei dem inzwischen verbotenen Bund. Sie hatten – wie später die Edelweiß-Piraten auch – bei vielen Jugendlichen den Ruf, «tolle Kerle» zu sein und wurden damit zum Anziehungspunkt für die mit der HJ Unzufriedenen.“

Bei der Frage, was mit den Kittelbachpiraten geschah, wäre näher anzugeben, auf welche örtliche Gruppe sie sich bezieht. Jugendgruppen dieser Art waren allgemein Überwachung und Verfolgung ausgesetzt (z. B. durch HJ [die einen „Streifendienst“ einrichtete], Polizei und gegen „bündische Umtriebe“ vorgehende Gestapo [„bündische Betätigung“ war ein politisches Delikt]). Zunächst stand Disziplinierung im Vordergrund. Jugendliche wurden verhaftet, verhört, vor Gericht gestellt und in Heime und Lager eingewiesen. Im Krieg kam es zu einer Verschärfung des Vorgehens, mit gelegentlich lebensbedrohenden Folgen.

Eine Gruppe in Düsseldorf wurde 1936 festgenommen und von einem Gericht zu Gefängnisstrafen verurteilt.

http://www.hulda-pankok-gesamtschule.de/uploads/media/JugendlWiderstandi_3.Reich.pdf (Facharbeit Tobias Kunze) S. 6 – 7: „Wie die Jugendgruppe Kittelbachpiraten in der Presse dargestellt wurden, lässt ein Zeitungsartikel vom 16. Februar 1936, in dem es thematisch um eine gegen diese Gruppe stattgefundene Razzia und einen Prozess als Folge dieser geht, erahnen. Vor allem geben die sprachlichen Mittel einen Einblick darüber, wie die Darstellung ausgesehen hat. Vor der Analyse des Zeitungsartikels muss hierbei kurz der Prozess genannt werden, der Hauptthema des Artikels ist. In dem Prozess waren Mitglieder der Kittelbachpiraten wegen illegaler Wandertätigkeiten und dem Tragen verbotener Uniformen angeklagt. Der Prozess fand am 13. Februar 1936 wegen „Gefährdung der Staatssicherheit und Sittlichkeit“ unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Anwesend sein durften 3 Pressevertreter und 4 HJ-Funktionäre. Alle Angeklagten wurden in diesem Prozess dreiwöchigen und zweimonatigen Gefängnisstrafen verurteilt. Anlässlich dieses Prozesses entstand nun der im Nachfolgenden auf Auffälligkeiten analysierte Zeitungsartikel der „Rheinischen Landeszeitung“ vom 16.Februar 1936. Die erste Auffälligkeit besteht darin, dass diejenigen Kittelbachpiraten, die sich nach dem Verbot der Gruppe der HJ anschlossen, als „gute Elemente“ gehuldigt werden und diejenigen, die sich einer Mitgliedschaft in der HJ verweigerten, als „Grobzeug“ bezeichnet werden. Die Maßnahme der Polizei (Razzia) wird als „gründlich das Handwerk zu legen“ bezeichnet. Bei den von der Polizei festgenommenen Mitgliedern handle es sich um eine „offenbar von einer falschen Räuberromantik beseelte Kohorte“. Außerdem handle es sich um „irregeleitete junge Burschen“. Knapp zwei Wochen später nach der Berichtserstattung ging beim Sondergericht eine am 28.Februar 1936 in Berlin aufgegebene, anonyme Postkarte ein. Hierin wird kommentiert: „Deutsche Zeitungen mögen sich wohl dessen bewusst sein, welche Lächerlichkeiten bei deutschen Gerichten begangen werden, wenn solche Aussprüche aus dem Munde eines Gerichtsvorsitzenden an die Öffentlichkeit gelangen“ Gemeint ist damit die auch im Zeitungsartikel zitierte Aussage des Richters, dass wenn die Angeklagten älter gewesen wären, „Todesstrafe, lebenslängliches Zuchthaus oder hohe Zuchthausstrafen zu erwarten gewesen“ wären.“

S. 10 – 11 ist als Anhang der Zeitungsartikel abgedruckt.

Ein in Anmerkungen und im Literarurverzeichnis erwähntes Buch zum Thema ist:

Alfons Kenkmann, Wilde Jugend : Lebenswelt großstädtischer Jugendlicher zwischen Weltwirtschaftskrise, Nationalsozialismus und Währungsreform. Essen : Klartext-Verlag, 1996 (Düsseldorfer Schriften zur neueren Landesgeschichte und zur Geschichte Nordrhein-Westfalens ; 42)

Eine 2. Auflage ist 2002 erschienen.

Herangezogen werden kann auch:

Alfons Kenkmann, Navajos, Kittelbach- und Edelweißpiraten : jugendliche Dissidenten im „Dritten Reich“. In: Piraten, Swings und Junge Garde : Jugendwiderstand im Nationalsozialismus. Herausgegeben von Wilfried Breyvogel. Bonn : Dietz, 1991 (Dietz-Taschenbuch ; 39), S.138 - 158

Über Kurt Kremers, der sich als Jugendlicher den Kittelbachpiraten angeschlossen hatte, gibt es einen Artikel bei Wikipedia und Informationen auf anderen Internetseiten.

Möchtest du mit deiner provokanten Formulierung Hilfe erbetteln Geschichtsstreber. Nicht verwechseln mit Edelweiß. War ein rechtsgerichtetes Gesocks welches sich wohl Naht und Saftlos den Horden anschloß. Vielleicht, wenn du lesen kannst findest du hier was.

http://www.museenkoeln.de/ausstellungen/nsd0404edelweiss/db_inhalt.asp?L=75

Fjalar 
Fragesteller
 30.09.2010, 07:20

Danke für deine überaus freundlich Hilfe. Nur mein Problem ist, dass ich aus jeder Ecke Verschiedenes höre. Mal sagt jemand, sie wurden hingerichtet, dann sie wurden aufgelöst oder sie kamen ins Gefängnis/Zuchthaus. Und da man hier Fragen stellen darf, wenn man nicht weiter weiß und Tipps braucht, brauchst du mich nicht für dumm zu verkaufen du schlaues Wesen.

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Die "Kittelbachpiraten" zählten zu den militant rechtsgerichteten Jugendverbänden wie Jungstahlhelm, Bismarckjugend etc.
Zahlreiche Hinweise belegen ihr Engagement für die Nationalsozialisten in der „Kampfzeit“, besonders im Straßenkampf mit den Kommunisten.
Offiziell wurden die informellen Gruppen im Herbst 1933 verboten, in Liedern und Erzählungen hielt sich ihre Legende bis zum Ende des „Tausendjährigen Reiches“.
Nach der Auflösung des Bundes trat ein Teil zur Hitlerjugend und SA über und übernahm dort leitende Funktionen.
Andere schlossen sich informellen Jugendgruppen oder dem Nerother Bund sowie Pfadfindergruppen an.


http://www.museenkoeln.de/ausstellungen/nsd0404edelweiss/db_inhalt.asp?L=75