Was ist der Unterschied zwischen dem Tragischen und dem Gemischten bzw.Mittleren Helden?

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Gotthold Ephraim Lessing bezieht sich in theoretischen Schriften auf Aristoteles und meint mit den Helden/Hauptpersonen gemischten Charakters etwas, das auch Aristoteles in seiner Poetik bei der Untersuchung der tragischen Helden/der Hauptpersonen von Tragödien als Auffassung vertritt. Gemischter Charakter und mittlerer Charakter ist bei Lessing der Sache nach das Gleiche.

Vgl. knapp dazu: Stefanie Stockhorst, Einführung in das Werk Gotthold Ephraim Lessings. Darmstadt : Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2011 (Einführungen Germanistik), S. 60

Bei einem gemischten Charakter ist der Charakter aus guten und schlechten/fehlerhaften Eigenschaften gemischt. Ebenso steht ein mittlerer Charakter in der Mitte zwischen einem ganz guten und vortrefflichen Charakter und einem durch und durch schlechten Charakter.

Lessing hebt bei einem Charakter, der sowohl Vorzüge als auch Mängel hat, hervor, damit könnten sich die Menschen im Publikum identifizieren und so könne die Wirkung der Tragödie (Mitleid und Furcht eintreten). Lessing betont besonders die Rührung und die moralische Wirkung.

Ein Unterschied zwischen Aristoteles und Lessing besteht nicht darin, etwas voneinander Abweichendes im grundlegenden Verständnis der Hauptpersonen von Tragödien zu vertreten. Ein Unterschied wäre in einem weiteren Zusammenhang zu suchen, insbesondere in Gedanken über das Verhältnis von Verstand und Gefühl/Affekt.

Aristoteles, Poetik (Πεϱὶ ποιητικῆς; Über Dichtkunst; lateinischer Titel: De arte poetica), Kapitel 13, gibt eine Darstellung über die Hauptpersonen von Tragödien, wonach diese, wenn die Tragödie gut gedichtet ist, weder ganz und gar vortrefflich sind und völlig richtig handeln noch von Schlechtigkeit und Verdorbenheit gekennzeichnet sind. Sie sind weder makellos gut noch verwerfliche Verbrecher. Die Hauptpersonen haben insofern eine Zwischenstellung, wobei sie eher etwas besser als etwas schlechter sind (vgl. auch Aristoteles, Poetik 2, 1448 a 16 – 18; auch Aristoteles, Poetik 14, 1454 b 8 – 9). Sie geraten durch einen großen Fehler vom Glück ins Unglück. Der Fehler/die Verfehlung (ἁμαρτία [hamartia]) hat zugleich eine intellektuelle und eine moralische Seite, wie unter Einbeziehung von Aristoteles, Nikomachische Ethik deutlich wird.

Lessing schließt sich dem Gedanken der Zwischenstellung an. Nur gibt es von ihm auch einmal eine Äußerung, als ob nach der Theorie des Aristoteles in einer guten Tragödie eine Hauptperson mit einem Charakter der mittleren Gattung nicht möglich sein könnte und dann ein etwas besserer gewählt werden sollte (dies ist durch den Aristoteles-Text nicht gedeckt, bei dem die Tendenz zum besseren Charakter innerhalb der Zwischenstellung geschieht).

Gotthold Ephraim Lessing, Hamburgische Dramaturgie, 82. Stück (12. Februar 1768):  

„Ja Aristoteles hält ihn hierzu noch für ungeschickter, als den ganz tugendhaften Mann; denn er will ausdrücklich, falls man den Held aus der mittlern Gattung nicht haben könne, daß man ihn eher besser als schlimmer wählen solle. Die Ursache ist klar: ein Mensch kann sehr gut sein, und doch noch mehr als eine Schwachheit haben, mehr als einen Fehler begehen, wodurch er sich in ein unabsehliches Unglück stürzet, das uns mit Mitleid und Wehmut erfüllet, ohne im geringsten gräßlich zu sein, weil es die natürliche Folge seines Fehlers ist. –“

Ein Held ist jemand, der unter dem Einsatz seines Lebens andere rettet und dabei auch draufgehen kann. Das ist tragisch.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Glaub es ist das gleiche:).