Was ist der Grund, dass sich ketten/riemenlose Fahrradkonzepte nicht durchgesetzt haben?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Das Ceramicspeed-System hat den großen Nachteil, dass die Gangsprünge nicht variabel sind.

Bei einer Kettenschaltung kannst du dir über die variablen Ritzelgrößen für jeden Gangsprung überlegenn, ob er eher groß oder eher klein sein kann. Ausgehend vom Ritzel mit 20 Zähnen, kann der Sprung zum nächsten Ritzel wahlweise 5%, 10%, 15% oder 20% sein, je nachdem ob das nächste Ritzel 21, 22, 23 oder 24 Zähne hat. Auf diese Weise kann man generell für Rennradler eher feine und für Mountainbiker eher grobe Abstufungen wählen... und vor allem: Man kann über die ganze Bandbreite der Kassette einigermaßen gleichmßige Gangsprünge umsetzen. Bei den dicken Gängen hast den 10% Gangsprung vom 10er aufs 11er Ritzel, bei den Berggängen hast den 10% Gangsprung vom 40er aufs 44er Ritzel.

Beim Ceramicspeed muss der jeweils nächste Zahnring so groß sein, dass er um den kleineren Zahnring herum passt. Sprich, der Gangsprung ist vorgegeben. Außerdem ist der prozentuale Größenunterschied bei den kleinen Zahnringen größer als bei den großen - sprich, du bekommst eine grobe Abstufung bei den dicken Gängen und eine feine Abstufung bei den kleinen Gängen. Das ist auch nicht so vorteilhaft.

Aufs Mountainbike bezogen (die Entwicklungsabteilungen für MTB- und Rennradschaltungen sind sowohl bei Sram als auch bei Shimano dieselben, um Synergieeffekte zu nutzen) hast du bei so einem Wellensystem noch das Problem, dass bei einer Hinterradfederung der Abstand zwischen Tretlager und Hinterradnabe je nach Einfederungszustand variiert. Das wäre schwierig umzusetzen.

tommgrinn  14.02.2024, 10:33

Dem schließe ich mich an.

Was ich auch aus dem Video herausgehört habe... nämlich was explizit erwähnt und was eben nicht extra hervorgehoben wurde. So wurde extra darauf hingewiesen, dass es die schnellste Übersetzung ermöglichen könne. Was ist aber mit den kleinen Übersetzungen? 1.wie tief runter geht es denn überhaupt? Würde das für ein MTB ausreichen? 2. Da es nur eine Zweipunkt-Auflage gibt - wie viel Kraft könnte man kleinstmöglich noch übertragen?

0
RedPanther  14.02.2024, 10:35
@tommgrinn
Was ist aber mit den kleinen Übersetzungen? 1.wie tief runter geht es denn überhaupt? Würde das für ein MTB ausreichen?

Naja, theoretisch könnte man diese Zahnscheibe annähernd so groß machen wie den Felgendurchmesser... Alternativ könnte man die Zahnscheibe an der Kurbel kleiner machen. Also das wäre nicht das Problem.

2. Da es nur eine Zweipunkt-Auflage gibt - wie viel Kraft könnte man kleinstmöglich noch übertragen?

Das ist sicherlich eine interessante Frage. Wenn ich mir überlege, dass selbst Hobbyssportler beim Antritt manchmal eine Kette reißen..

1
tommgrinn  14.02.2024, 10:47
@RedPanther
Naja, theoretisch könnte man diese Zahnscheibe annähernd so groß machen wie den Felgendurchmesser... Alternativ könnte man die Zahnscheibe an der Kurbel kleiner machen. Also das wäre nicht das Problem.

Stimmt auch wieder. Viele (vor allem E-Bikes) haben vorne ja auch nur noch ein statt 3 Ketten-Blätter. Aber schau mal auf 00:25 Min. Mir scheint das Zahnrad/Blatt an der Kurbel ist extra so groß gewählt worden, dass die Kugellager-Welle (oder wie man das nennen sollte) möglichst weit nach hinten kommen um genügend Platz zu erhalten (das ragt ja sogar bis in die Radfelge hinein). Würde man das Blatt an der Kurbel kleiner machen, würde diese Art Kugellager/Welle nicht mehr zwischen Rahmen und Tretkurbeln hinein passen. Man müsste die Lager verkleinern, die dann wiederum weniger Kräfte aufnehmen könnten.

Das ist sicherlich eine interessante Frage. Wenn ich mir überlege, dass selbst Hobbyssportler beim Antritt manchmal eine Kette reißen.

Vor allem wirken hier die Kräfte voll auf die Zahnflanken (Abbruchgefahr). Während bei einem normalen Kettenantrieb die Zahnflanken überwiegend die Kette "nur" auf Position halten. Die Kraft wird aber radial auf den Durchmesser des Zahnkranzes übertragen (die Zähne werden also nicht so sehr auf Scherwirkung belastet wie bei dem neuen Konzept).

0

Im Rennsport kommt es darauf an, fehlerhafte Teile möglichst schnell ersetzen zu können. Das klassische Kettensystem ist da vermutlich einfach viel wartungsfreundlicher als dieses Königswellensystem.

Die neutralen Materialwagen haben beispielsweise normale Laufräder dabei, keine mit solchen Systemen.

Aber, wenn man in die jüngere Vergangenheit blickt, die Scheibenbremse hat sich im Rennrad- und Triathlonsport auch sehr, sehr langsam durchgesetzt.

Selbst bei Motorrädern ist der Kardarnantrieb im Alltag immer eine Nische geblieben; im Sportsektor (Renne oder Gelände) gibt es ihn gar nicht. Einige Motorradfahrer schwören drauf, weil man einen Kardarnantrieb unterwegs nicht abschmieren muß und die Hinterradfelge sauber bleibt.

Ein Kardarnantrieb ist schwerer, teuerer und hat einen schlechteren Wirkungsgrad als ein gut gewarteter Kettenantrieb. Bei Profirennrädern wird um jedes Watt gefeilscht, was weniger getreten werden muß.

Bei Alltagsfahrrädern dürfte vorrangig der Preis eine Rolle spielen; beim Sport der Wirkungsgrad.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Diese Wellenkonstruktion wird mit 99% Wirkungsgrad angepriesen.

In Anbetracht dessen, dass lt. ChatGPT der Wirkungsgrad eines Kettenantriebs bei 95 - 98 % liegt, halten sich die Unterschiede doch stark in Grenzen. Das könnte ggf. im Profisport einen Unterschied machen. Im Alltagsgebrauch wohl kaum.

Es stellt sich daher durchaus die Frage von Hafnafir bezüglich der Störungsanfälligkeit und des zus. Gewichtes - was ich aber nicht zu beurteilen mag.

Ein weiterer Faktor dürfte auch der Preis solcher Fahrräder sein - sowie Fahrradwerkstätten/Techniker, die mit der neuen Technik vertraut sind bzw. umgehen können.

Es handelt sich hier ja um eine neue Entwicklung.
Die Zeit wird zeigen, ob es sich durchsetzen kann.