Was hat man im Mittelalter in der Freizeit gemacht?

10 Antworten

Für die meisten Menschen gab es wenig Freizeit, da der Alltag von der Arbeit bestimmt war. Freizeit gab es praktisch nur an Winterabenden, wenn draußen nichts mehr gemacht werden konnte und die Menschen in der Stube saßen, oft dem einzigen warmen Ort im Haus. Dort wurden dann Geschichten erzählt, während die Hausfrau oft noch am Spinnrad saß (von daher kommt auch das "spinnen" im Sinn von fabulieren), es wurden kleine Basteleien gemacht oder die Kinder spielten mit den wenigen Sachen, die sie hatten: Strohpuppen oder Holzfiguren.

In den Städten gingen die Männer ins Wirtshaus, um sich dort mit anderen Menschen zu treffen und eins zu trinken.

Am Sonntag stand der Kirchgang an und auch danach wurde meist erzählt, gesungen, vielleicht auf einfachen Instrumenten gespielt. Und an den Feier- oder Markttagen tagen gab es mitunter Tanz oder andere Vergnügungen.

Das Bürgertum in den Städten und der Adel hatten natürlich andere Möglichkeiten der Zerstreuung. Es wurde viel gezecht und adeliges Volk vergnügte sich auch gern bei Turnieren oder Banketten. Außerdem gaben fahrende Sänger ihre Lieder und Erzählungen zum Besten.

Eisenklinge  24.11.2022, 23:02

Wir reden vom Mittelalter, das mal vorweg :)

Für die meisten Menschen gab es wenig Freizeit

So wenig Freizeit war es gar nicht, die Menschen damals hatten mehr Feiertage als wir heute, der Kalender war voller kirchlicher Feiertage. Natürlich hatten die Bauern davon eher wenig und die Knechte mussten auch an diesen Tag arbeiten, wenn auch weniger. Ansonsten war es deutlich entspannter, als Jahrhunderte später.

da der Alltag von der Arbeit bestimmt war

So wie Jahrhunderte davor und danach auch und wie heute eigentlich, vielleicht etwas länger.

Freizeit gab es praktisch nur an Winterabenden

Das ist für Bauern sicherlich richtig, wenn auch nicht in dieser extremen Auslegung. Ansonsten gab es immer freie Zeit. Und, dass muss man wirklich wissen: Die Arbeit war auch nicht so verdichtet und auf Effizienz gebürstet.

die Kinder spielten mit den wenigen Sachen, die sie hatten: Strohpuppen oder Holzfiguren.

Es wird heute ja gern vermutet, dass Kinder VIEL Spielzeug brauchen, dem ist nicht so. Gerade kleinere Kinder benötigen sehr wenig und haben heute zu viel. Kinder spielen wild und machen alles zu Spielzeug und dem Ort ihrer Fantasie. Abgesehen davon hatten Kinder durchaus mehr Spielzeug als du glaubst, nur nicht in Massen.

In einer Burg fand ich über der Fußleiste in einem Raum viele Kacheln mit kindgerechten Bildern (allerdings Neuzeit). Auch heute noch ist Holz ein hochwertiges Material für Kinderspielzeug und man kann nahezu alles daraus machen. Das war früher genauso. Es gab: Puppengeschirr aus Holz oder Ton, Figuren wie du ja sagst, Schwerter, Steckenpferde, Ringschlagen ist uralt, Pfeifen, Flöten, Trommeln, Puppen, Actionfiguren, kleine Kutschen. . . . auch im bäuerlichen Kontext. Kinder haben schon genug gehabt.

In den Städten gingen die Männer ins Wirtshaus

Wirtshäuser im Sinne einer Kneipe als Treffpunkt gab es in mittelalterlichen Städten praktisch gar nicht. Dünnbier wurde zuhause gebraut, Starkbier gern in Klöstern - man lud mehr ein. Aber man ging gern ins Badehaus zur Erholung und für die Hygiene.

Es wurde viel gezecht

Wann wurde nicht viel gezecht ?

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Das feudalwesen gab es im Mittelalter d. H vieles hing davon ab welchen Gutsherrn der jeweilige hatte. Da gab es bestimmt Unterschiede.

Das gemeine Volk hatte kaum Freizeit, aber wenn, dann hat man gebetet oder Geschichten erzählt (woher bloß kommen die Märchen) - und der Jahrmarkt, die Kirchweih oder auch eine Hinrichtung waren immer ganz besondere Ereignisse.

Eisenklinge  24.11.2022, 23:05
Das gemeine Volk hatte kaum Freizeit

Das ist falsch, es gab viele freie Zeit, sehr viele Feiertage und die ARbeit war nicht so verdichtet wie sie es heute ist.

dann hat man gebetet

Wie kommst du darauf, dass man in der freien Zeit betet? Beten war wichtig und ein fester Bestandteil der Religion. Aber dies vor allem in der Kirche, bei entsprechenden Gelegenheiten.

ine Hinrichtung waren immer ganz besondere Ereignisse.

Hinrichtungen kamen selten vor und waren auch kein Popevent, wie gern behauptet wird. Jedenfalls im Mittelalter nicht. Aber sie waren natürlich öffentlich und bei solchen Ereignissen werden immer Menschen zusehen. Das sollte uns aber nicht verleiten zu glauben, die Menschen wären gern zu Hinrichtungen als Freizeitbeschäftigung gegangen.

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HugoHustensaft  25.11.2022, 06:19
@Eisenklinge

Ja, es gab sehr viel mehr kirchliche Feiertage als heute - aber Du merkst schon, dass kirchlicher Feiertag auch Gottesdienst bedeutet? Und man war damals sehr religiös und hat keineswegs nur im Gottesdienst gebetet.

Bei den Hinrichtungen widersprichst Du mir nicht, das waren ganz besondere Ereignisse, eben weil meist selten. Und natürlich gab es auch solche Hinrichtungen, zu denen das Volk auf Befehl von oben erscheinen musste, gleichwohl zogen solche Dinge eben auch Gaukler, Spielleute und andere Beteiligte der damaligen "Unterhaltungsindustrie" an, die eben überall auftauchten, wo sich Menschen versammelten.

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Eisenklinge  25.11.2022, 11:11
@HugoHustensaft
aber Du merkst schon, dass kirchlicher Feiertag auch Gottesdienst bedeutet?

Ich merke vor allem, dass du einige falsche Vorstellungen über das Mittelalter hast.

Natürlich wurden Messen abgehalten, aber das wurde in großen Kirchen täglich abgehalten. Und es gab auch kein Anwesenheitszwang oder stundenlange Messen, bei denen die Leute anwesend waren. Je früher, desto weiter waren in der Regel die Wege zu Kirchen, insbesondere auf dem Land. Da sind die Leute sicher nicht täglich oder sonntäglich hingepilgert, sondern gelegentlich.

Und man war damals sehr religiös und hat keineswegs nur im Gottesdienst gebetet.

Das stimmt. Aber das war Teil des täglichen Rituals und steht doch in keinem Widerspruch zur freien Zeit. Gläubige gehen doch auch in ihrer Freizeit in die Kirche und dann wird das ja ebenfalls nicht einfach von der Freizeit abgezogen. Zudem überschätzt du den Zeitaufwand.

Hinrichtungen, zu denen das Volk auf Befehl von oben erscheinen musste, gleichwohl zogen solche Dinge eben auch Gaukler, Spielleute und andere Beteiligte der damaligen "Unterhaltungsindustrie" an, die eben überall auftauchten, wo sich Menschen versammelten

Hier beziehst du dich auf Berichte der Neuzeit, insbesondere die Zeit 17., eher 18. Jahrhundert. Für das Mittelalter sind solche Events nicht oder extrem selten belegt. Zum Beispiel, wenn ein besonders Prominenter hingerichtet wurde oder, etwas häufiger, wenn ein Verbrecher hingerichtet wurde, dessen Taten die Menschen aufgewühlt hatte.

Auch heute würden Schaulustige kommen. Ich widerspreche eigentlich nur dem Klischee einer Hinrichtung als Freizeitevent.

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Der Begriff "Freizeit" existierte nicht. Es wurde rund um die Uhr gearbeitet, Montag bis Samstag, am Sonntag war der Kirchenbesuch verpflichtende, stehend in der Kälte bei fünfstündigen Messen auf LATEIN. Wer möchte da von Freizeit sprechen? Und mit Netflix war es schwierig weil es noch keine Computer und Smartphones gab....

Freizeit ist ein Luxus der Zeit nach WWII, also erst seit den 1950er oder 1960er Jahren, denn spät erst wurde der Samstag arbeitsfrei in den meisten Berufen.

Bild zum Beitrag

 - (Freizeit, Geschichte, Mittelalter)
Eisenklinge  24.11.2022, 23:17
Der Begriff "Freizeit" existierte nicht

Und doch gab es sie, und weit mehr, als du vermuten würdest.

Es wurde rund um die Uhr gearbeitet

Das ist Quatsch. Es wurde viel gearbeitet und sicher auch länger als 8-Stunden-Tage. Aber die Arbeit war viel weniger verdichtet als heute und ganz sicher weniger stressig. Außer Landarbeit, die war sehr hart. Es wurde nicht rund um die Uhr gearbeitet. Es gibt z.B. ein Gesetz aus dem englischen MIttelalter, welches es den Bognern verbot nach Sonnenuntergang Bögen zu bauen.

Montag bis Samstag

Samstag ist bei uns immer noch Werktag und die 6-Tage-Woche kennen unsere Großeltern noch. Aber im Mittelalter gab es mehr Feiertage als wir Urlaubstage haben, regional bis zu 50 Feiertagen. Dies änderte sich erst in der Neuzeit. Also gar nicht so übel, oder?

Sonntag war der Kirchenbesuch verpflichtende, stehend in der Kälte bei fünfstündigen Messen auf LATEIN.

Ohje :)
Also "verpflichtend" waren Kirchenbesuche überhaupt nicht. Gestanden haben sie allerdings, Kirchenbänke gab es noch nicht. Die Messen waren auch auf Latein. Aber ich glaube du missverstehst den Sinn der Messe damals.

Heute soll die Messe für die Gläubigen sein: Der Pfarrer erzählt um die Gläubigen mit dem Glauben in Kontakt zu halten. Damals galt die Messe Gott, die Gläubigen kamen in die Kirche um gemeinsam Gott zu loben und anzubeten. Daher war es auch nciht ganz so wichtig, wenn man das Lateinische nicht verstand. Gott tat es auf jeden Fall.

Und 5 Stunden haben die Messen nicht gedauert, wie kommst du nur darauf?

Wer möchte da von Freizeit sprechen?

Du stellst dir das alles ziemlich freudlos vor, oder? Wir reden hier nicht von der Industrialisierung und 16-Stunden-Schichten in dunklen Fabriken. Du kannst dir sicher sein, damals hatten die Menschen viel mehr Muße.

  • Es gab keine enge Zeittaktung, keine Stechuhren, keine genauen Uhrzeiten
  • Es gab keine Nachtschichten, keine Doppelschichten,
  • Es gab keine langen Arbeitswege und stundenlanges Pendeln (Das wird ja im Vergleich Arbeit heute und Mittelalter, gern vergessen: Wieviele Menschen müssen stundenlang zur Arbeit pendeln?) Die Leute haben arbeitsnah gewohnt und waren schnell daheim.
Und mit Netflix war es schwierig weil es noch keine Computer und Smartphones gab...

Die haben sie auch nicht gebraucht. Es gab 1000 bessere Möglichkeiten zur sinnvollen Freizeitbeschäftigung. Viele dienen dem Haushalt, andere der Erholung, andere nur der Unterhaltung.

Freizeit ist ein Luxus der Zeit nach WWII

Das stimmt so für keine Epoche. Aber wenn man das etwas großzügig auslegt, dann gilt das auch nur für die Zeit des 20. Jahrhunderts, als Fabrikarbeiter in Massen tatsächlich fast nichts anderes getan haben als Arbeiten, Essen, Schlafen.

So ein Leben wäre für die Menschen im Mittelalter undenkbar gewesen, sogar für Bauern und Knechte.

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Der Adel hat rauschende Feste gefeiert! Der deutsche Kaiser residierte damals in Foggia/Italien. Da ging es besonders heiss her.

Mangels moderner Verkehrsmittel konnte der aber sein deutsches Reich nur mit dem Pferd erreichen und die Fürsten dort hatten praktisch Narrenfreiheit und feierten auch kräftig.