Was hat die Epoche Sturm und Drang mit der Empfindsamkeit zu tun?

2 Antworten

Die Empfindsamkeit ist eine der drei „Gefühlsströmungen“ im 18. bzw. zu Beginn des 19. Jahrhunderts, die sich gegen den Rationalismus der Aufklärung richteten: daneben sind noch Sturm und Drang und Romantik zu nennen.

Die Empfindsamkeit unterscheidet sich vom Sturm und Drang durch ihren eher verhaltenen Gefühlsausdruck. Sie favorisiert die „guten“ Gefühle, z.B. die Nächstenliebe (auch die Moral ist ein wichtiges Anliegen der Empfindsamkeit), Geschwisterliebe (natürlich die moralisch integere!), dann Freundschaft, Naturliebe und Trauer, während Raserei, Zorn, Begehren und Temperament nicht zu ihren Idealen gehören. Kernthemen sind außerdem Mitleid, sittliches Verhalten, das Bewusstsein der eigenen Innerlichkeit, das Privatleben und die Schwärmerei für Mensch und Natur. Im „Werther“ gibt es zahlreiche „empfindsame“ Passagen: so die gefühlvollen Betrachtungen der Natur, Werthers „Herzensergüsse“, als er den Schmerz verarbeiten muss, dass die von ihm geliebten Nussbäume gefällt worden sind, seine „sentimentalen“ Überlegungen über den Sinn des Lebens, angesichts des ihm absurd erscheinenden Bemühens der „braven Bürger“, ihr Rosengärtchen zu pflegen, nur um die Sonne noch ein paar Minuten länger zu genießen. Auch der gefühlvolle Abschied Werthers von Lotte und Albert am Ende des 1. Teils, wo sie äußerst gefühlvolle Betrachtungen über ihr Wiedersehen im Jenseits anstellen, ist typisch empfindsam. Desgleichen seine Ausführungen über den todgeweihten Gesellen, der einen Nebenbuhler umgebracht hat. Sie sind voll Gefühl und Verständnis; Werther ergreift Partei für einen, der nach seinem leidenschaftlichen Gefühl gehandelt hat, und äußert Unverständnis für den Richter, der nach Paragraphen urteilt.

Wo die Gefühle intensiver werden und sich zur Leidenschaft steigern (Selbstmord Werthers, kaum noch gezügelte Leidenschaft Werthers gegenüber Lotte) oder wenn die Anklage gegen den Bürokratismus des rationalen Staates oder die Kritik am Hochmut des Adels vernehmbar werden, geht die Empfindsamkeit in den Sturm und Drang über. Über weite Strecken ist der Werther-Roman (m.E.) ein typischer Roman der Empfindsamkeit. Sogar Klopstock wird einmal von Werther erwähnt, (also der typische Repräsentant der Empfindsamkeit), als Werther und Lotte während des Balles sich in sentimentalen Schwärmereien ergehen (die Begriffe „Sentimentalität“, „Herzensergüsse“ und „Schwärmereien“ sind hier nicht negativ gemeint; „empfindsam“ war damals das deutsche Wort für „sentimental – aus dem Englischen).

Weitere Vertreter in Deutschland sind Gellert, Klopstock, Sophie von Laroche, Johann Gottfried Schnabel.

Woher ich das weiß:Recherche

Beide betrachten sich als Gegenströmung zur Aufklärung:
Gefühl und Gemüt <=> Rationalität, Vernunft