Was hältst du von Förderschulen? Warum?


18.04.2023, 20:12

Ihr könnt auch gerne darauf Antworten

Das Ergebnis basiert auf 24 Abstimmungen

Ich finde sie gut 50%
Die Idee ist gut, aber die Umsetzung nicht 25%
Ich bin absolut dagegen 25%

13 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
Ich bin absolut dagegen

Förderschulen bedeuten Exklusion. Politiker müssten eigentlich endlich mal umsetzen, wozu sie sich schon vor über 10 Jahren verpflichtet haben: Inklusion.
Und dazu gehört auch schulische Inklusion. Dies geschieht jedoch nicht!

Das muss nämlich auch in Zusammenhang mit einer grundlegenden Reform des Schulsystems passieren. Ohne so eine Reform kann echte Inklusion nämlich nicht gelingen.

Ich habe den Eindruck, dass man dort kaum etwas lernt. Ein Mädchen hat erst mit 14 lesen gelernt und ein anderes nimmt mit 18 den Lehrstoff durch, den ich in der 3. Klasse hatte.

Auf einer Förderschule gibt es sehr individuelle Lernpläne. Es geht nicht darum, dass die Schüler*innen alles lernen, was nicht-behinderte Schüler*innen auch auf den Regelschulen lernen. Stattdessen sollen Menschen auf einer Förderschule lernen möglichst selbstständig ihren Alltag zu bewältigen. Wenn die Person darüber hinaus Kapazitäten und Zeit hat, dann wird auch noch der restliche Horizont erweitert.

Manche Schüler*innen erreichen durchaus das Niveau einer Regelschule, andere eben nicht.

Ich arbeite mit geistig behinderten Menschen, die um die 60 Jahre alt sind und auch nicht lesen können. Absolut nicht schlimm, weil sie aufgrund ihrer Behinderung schlicht und einfach nicht lesen können.

Man wird dort nur auf die Arbeit in einer Behindertenwerkstatt vorbereitet und hat keine Chance, später woanders zu arbeiten. Es gibt dort nämlich weder Berufsberatung, noch Praktika in frei gewählten Betrieben (nur in der Werkstatt).

Das ist leider in der Tat so. Das liegt aber auch teilweise an dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Es ist nämlich schon schwierig genug als behinderte Person eine Ausbildung oder einen Job auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu bekommen. Jemanden für 2 Wochen Schulpraktikum nimmt kein AG, wenn schon keine AN für viele Jahre eingestellt werden. Dementsprechend ist es sinnlos ein Schulpraktikum anzubieten. Denn die Schüler*innen würden länger nach einem Praktikumsplatz suchen, den der Großteil dann eh nicht findet, als die Praktikumszeit überhaupt wäre.

In diesen Schulen hat man nur sehr wenig bis gar keinen Kontakt zu gesunden Menschen außerhalb der Familie. Dieser Kontakt ist meiner Meinung nach jedoch wichtig.

Das ist grundlegend falsch, denn auch behinderte Menschen können gesund sein!

Deshalb haben sie ganz viel Kontakt zu gesunden Menschen, allerdings eben nicht zu nicht-behinderten Menschen.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Heilerziehungspflegerin/ Ally der Behindertencommunity
Nerdkidfreak007 
Fragesteller
 19.04.2023, 16:30

Es gibt auch Betriebe, die einen trotz einer Behinderung nehmen und deren Tätigkeiten die Kinder ausführen können.

0
Selkiade  19.04.2023, 19:33
@Nerdkidfreak007

Ja natürlich. Aber es wird genug Schüler*innen geben, die eben keinen Platz finden würden. Was ist dann mit denen?

1
SBV777  02.05.2023, 17:10

Ich habe als Kind selbst eine Sprachheilklasse besucht. Dafür bin ich sehr dankbar. In unserem Ort wollte ich nicht beschult werden, weil ich sowieso geärgert worden wäre und auch bin.

Als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen in einer Behörde weiß ich leider, dass nicht alle schwebehinderten Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt einen Arbeitsplatz finden können.

Wichtig ist doch, dass ein behindetes Kind sich in der Schule wohl fühlt und nach Möglichkeit bestmöglich gefördert wird.

Ein körperlich behindertes Kind sollte grundsätzlich inklusiv beschult werden. Wenn ein Kind den Unterrichtsstoff auch mit Unterstützung nicht lernen kann, halte ich die inklusive Beschulung auch für das behinderte Kind nicht für zielführend.

1
Selkiade  02.05.2023, 17:26
@SBV777
Wenn ein Kind den Unterrichtsstoff auch mit Unterstützung nicht lernen kann, halte ich die inklusive Beschulung auch für das behinderte Kind nicht für zielführend.

Dafür müsste aber erstmal ausprobiert werden, ob der Unterrichtsstoff auch mit Unterstützung nicht verstanden wird. Dies wird aber nicht gemacht.

Stattdessen wird aktuell einfach grundlegend behauptet, dass ein behindertes Kind den Unterrichtsstoff sowieso nicht verstehen wird - egal ob das der Wahrheit entspricht oder nicht.

1
SBV777  02.05.2023, 17:31
@Selkiade

Okay, vielen Dank für deinen Kommentar.

Können sich die betreffenden Eltern nicht bei ihrer Kreisverwaltung beraten lassen? Behinderte werden ja auch gefördert?

0
Selkiade  02.05.2023, 17:41
@SBV777

Die Eltern können sich beraten lassen, ja.

Aber dass das eigene Kind mit Behinderung auf eine Regelschule gehen kann, ist ein Kampf gegen Windmühlen (RW). Es ist mit viel Bürokratie und Beweislast der Eltern verbunden. Abgesehen davon muss die Schule auch den Bedürfnissen entsprechend Barrierearm sein.

Schwierige Fachtexte versteht ein behindertes Kind womöglich nicht. Wenn es den gleichen Text jedoch in Leichter Sprache erhalten kann, dann kann möglicherweise ein Verständnis vorhanden sein.

Aber die meisten Schulen sind ja nicht mal für Rollstuhlfahrer geeignet, weil Aufzüge und Behinderten-WCs fehlen. Von Material in Leichter Sprache oder Unterricht in Gebärdensprache mag ich gar nicht erst anfangen, denn sowas ist schlicht und einfach nicht vorhanden!

2
SBV777  02.05.2023, 22:20
@Selkiade

Vielen Dank! Barrierefrei muss die Schule bei Bedarf selbstverständlich sein.

Vielleicht sollten einige Eltern entsprechend klagen..

1
  1. Ich habe den Eindruck, dass man dort kaum etwas lernt. Ein Mädchen hat erst mit 14 lesen gelernt und ein anderes nimmt mit 18 den Lehrstoff durch, den ich in der 3. Klasse hatte.

…..Könnte das an geistigen Behinderungen liegen?

Zu 2: ich habe mal gegoogelt, ob das überall so ist:

https://foerderschule-nordkreis.de/eks.html

zu 3: ist das so? Gegenfrage: wie viele echte Freunde auf Augenhöhe hat denn ein geistig behindertes Kind in der Regelschule? Und wie viele Freunde hat es auf einer Förderschule?

Es gibt ja den Rechtsanspruch Kinder mit Behinderungen auf Regelschulen zu beschulen. Das ist einerseits schön, aber gerade was Freunde angeht, sehe ich das Thema gespalten. Und auch wenn es zu Ausstattung, Klassengrösse, Therapiemöglichkeiten etc geht. Da sind Förderschulen deutlich besser ausgestattet. Das Problem sehe ich in der Schwierigkeit weiterführende Abschlüsse in Wohnortnähe zu erreichen.

Es gibt ja nicht nur Förderschulen mit dem Schwerpunkt Lernen, sondern auch welche mit dem Schwerpunkt Hören für Hörbehinderte oder Sehen (Sehbehinderte) oder Sprache (Sprachlich Behinderte). Da sind die Förderschulen eigentlich besser, weil sie kleinere Klassen haben, Therapeuten in die Schule kommen und das technische Equipment/die Ausstattung auf die Speziellen Bedürfnisse der Schüler ausgerichtet sind. Außerdem ist es eben nicht so toll, immer derjenige zu sein, der „anders“ ist in der Regelschule.

Ich finde sie gut

Du schmeißt grade alle Arten von Förderschulen in eine Schublade, wie mir scheint.

Es gibt beispielsweise Sprachförderschulen. Für Kinder die aus individuellen Gründen Probleme mit der Aussprache haben/ mit der Sprachentwicklung hinterherhängen/ selektiven Mutismus haben, etc.

Frühchen, Kinder aus sozial schwachen Familien (wo keine Zeit, kein Geld, oder kein Interesse daran bestand vorher schon mit Förderung zu beginnen), Kinder die durch traumatische Erlebnisse in diesem Entwicklungsbereich zurückgeworfen wurden, etc.

Meine Erfahrung (als Elterteil) mit einer solchen Sprachförderschule:

  • durchweg positiv
  • die 4 Grundschuljahre wurden auf 5 Grundschuljahre ausgeweitet (das erste Jahr ging quasi 2 Schuljahre lang). So war genug Zeit um alle Kinder ankommen zu lassen, um sich einzufinden in den Schulalltag
  • es wurde zusätzlich eng mit Logopäden und anderen Therapeuten zusammengearbeitet, auch während der Schulzeit.
  • der Schulunterricht fand im normalen Umfang statt, nur etwas breiter aufgefächert (nicht so wie in Regelgrundschulen a la "Wir haben jetzt soundsoviel Zeit bis das und das Thema komplett von der ganzen Klasse kapiert und angewendet wird").
  • Ansonsten aber alle Fächer wie in jeder anderen Grundschule auch. Musik, Mathe, Deutsch, Englisch, Gemeinschaftskunde, Sport, und so weiter.
  • Hausaufgaben gab es natürlich auch..... Teils auch nicht wenige. Gelernt werden musste auch, für Klassenarbeiten und Tests.
  • Zeugnisse gabs entsprechend auch, ganz nach dem typischen Schulsystem üblich.

Diese Sprachförder-Grundschule hat in unserem Fall wahre Wunder vollbracht (naja, zusätzlich in der Freizeit noch zur Logopädie). Bei Einschulung in die weiterführende Schule war nichts mehr von irgendeinem Rückstand der aktiven Sprache zu merken. Hier und da hatte man noch später Kontakt zu früheren Mitschülern - auch sie haben von dieser Schule profitiert. Man merkt ihnen ihre einstigen Probleme nicht mehr an, sie hangeln sich gut durch die weiterführende Schule.

Also, Förderschule ist nicht gleich Förderschule.

Ich bin absolut dagegen

Es ist eigentlich längst rechtlich festgelegt, dass solche Schulen abgeschafft werden sollen. Auch aus den, von dir genannten Gründen. Punkt 3 ist wissenschaftlich belegt.

Aber bei so einer schwachen Lobby, bewegt sich da in manchen Bundesländern (Bildung ist länderspezifisch organisiert), gern begründet mit Geldmangel, Umsetzungsschwierigkeiten usw. recht wenig. Bei dieser Motivationslage ist allerdings auch fraglich, ob eine Umsetzung tatsächlich besser für die Betroffenen wäre, als die aktuelle oft noch übliche Variante der Sonderschulen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
SBV777  02.05.2023, 17:01

Es gibt Förderschulen, die sinnvoll sind. In unsere Stadt kämpfen einige Eltern darum, dass ihre Förderschule nicht geschlossen wird.

1
Ich finde sie gut

Guten Abend @Nerdkidfreak007,

ich gehe hier mal auf deine Punkte ein, bei den du glaub gar nicht wirklich weißt, ob diese wirklich stimmen und auch nicht für alle Förderschulen sprechen, wie du es in der Überschrift formuliert hast.

  • Punkt 1 : Es gibt Menschen, die eine Lernschwäche haben, und da kann es sehr gut sein, dass sie auch erst mit 14 erst richtig lesen können. Bei geistigen behinderten Menschen kann es leider auch so kommen, dass sie es niemals richtig können.
  • Punkt 2 : Menschen die körperlich und vielleicht auch geistig behindert sind, können meist auch gar nicht in einem normalen Beruf arbeiten, da sie viel zu arg eingeschränkt sind und vielleicht nicht einmal die Tätigkeit vom Beruf bewältigen können.
  • Punkt 3 : Es gibt auch Förderschulen die z.B. für Sprachbehinderte Menschen sind. Da sind viele Kinder, die gar keine Behinderung haben, sondern eher nur eine Schwäche fürs Lernen haben. Diese Schule, die ich z.B. meine, geht nur bis zur 6. Klasse, danach geht man in die normale Haupt- oder Realschule.

Und da wird man sehr gut auf die Zukunft vorbereitet.