Was denkt ihr über Menschen, die keine Kinder haben wollen?

Krader303702  08.03.2023, 14:08

Und du?

DoctorInge 
Fragesteller
 08.03.2023, 14:33

Ich muss eigentlich nicht antworten, aber gut:

Ich will selbst keine.

15 Antworten

Ich finde, jeder sollte das für sich selbst entscheiden. Ich beurteile Menschen nicht danach, ob sie Kinder wollen oder nicht. Das ist ne sehr individuelle Entscheidung, die ich weder gut noch schlecht finde.

Jetzt kommt aber ein ABER 🫣: In Deutschland werden immer weniger Kinder geboren. Das ist grundsätzlich erst mal nichts Schlimmes, für die Umwelt und das Klima wäre es sogar positiv, aber wir übersehen auch, dass wir alle Älter werden. Die Gen Y ist beispielsweise eine riesige Generation. Was passiert, wenn wir immer weniger Nachwuchs haben, das heißt, die Generationen nach uns sind wesentlich kleiner? Was passiert dann, wenn Menschen alt sind? Das ganze Versorgungssystem, Gesundheitssystem, Altenpflegesystem bricht zusammen, da es nicht mehr genug Menschen gibt, diese Systeme aufrecht zu erhalten. Was passiert dann mit älteren Menschen? Woher bekommen diese ihr Essen, ihre schmerzlindernden OPs, ihre Pflege? In fast allen Gesellschaften auf der Erde ist und war es immer so, dass die eigenen Kinder quasi eine Art Lebensversicherung waren. So war immer sicher gestellt, dass sich die Kinder später um die Eltern ,kümmern“. Unser System ist ein Solidarsystem, bei dem alle, auch Kinderlose in den ,Genuss‘ kommen, von den Kindern den nächsten Generation mitversorgt zu werden. Das funktionierte bis dato auch gut, da es genug Kinder gab und man sich quasi durch Steuerabgaben die Arbeitsleistung der nachfolgenden Generation ,verdienen‘ konnte. Das wird in Zukunft aber so nicht mehr funktionieren. Ältere Menschen werden um die Versorgung durch Jüngere konkurrieren (wer bekommt Pflege, wer bekommt essen, wer bekommt medizinische Hilfe, etc.). Und wenn man sich da ehrlich macht, ist es nur fair, wenn zuerst die Personen die Hilfen bekommen, die dafür gesorgt haben, dass es noch nachfolgende Generationen gibt. Das sind Eltern, die sich für Jahre finanziell eingeschränkt haben um Kinder zu erziehen und die auch Jahrzehntelang in ihren persönlichen Freiheiten eingeschränkt waren. Sehr sehr viele Menschen entscheiden (wenn sie sich für Kinderlosigkeit entscheiden und es keine Lust unfreiwillige Kinderlosigkeit ist) sich ja genau aus diesen Gründen gegen Kinder: keine Aufgabe der persönlichen Freiheit, keine finanziellen Einschränkungen, keine beruflichen Einschränkungen, keine Erziehungsverantwortung, Umweltgründe… Deshalb ist es meiner Meinung nach nur fair, dass wenn man sich in jüngeren Jahren gegen Kinder entscheidet, weil sie Einschränkungen mit sich bringen, in älteren Jahren damit leben muss, dass es vielleicht niemanden gibt, der sich um einen kümmert. Das Argument: ,ich habe in die Kasse eingezahlt’ zählt dann nicht mehr, da das auch Eltern tun und es letztendlich nicht darum geht, wer am meisten gezahlt hat, sondern wer überhaupt dafür gesorgt hat, dass es noch jüngere Menschen gibt, die sich kümmern und dafür selbst persönliche Einschränkungen in Kauf genommen hat. Dementsprechend sind mir Menschen ohne Kinderwunsch per se erst einmal nicht mehr oder weniger sympathisch als Menschen mit Kinderwunsch…. Es ist eine persönliche Entscheidung, die ich nicht bewerte. Das einzige, was ich kritisieren würde, wäre halt die Haltung: ich habe in jungen keine Lust auf Kinder und im Alter bezahle ich dann halt Leute für meine Pflege…. Das darf auf die Dauer nicht so laufen, dass bei ,Pflegekraftmangel‘ die Eltern (vor allem die Frauen) den Kürzeren ziehen, weil sie über Jahre weniger in die Kassen eingezahlt haben, um unbezahlte care-Arbeit zu leisten und sich kinderlose Menschen, die dann quasi kaum Lücken im Lebenslauf haben, einen Anspruch auf höhere Pflegeleistung haben als Eltern.

Kurzer Nachtrag: natürlich bekommt man keine Kinder nur aus den Gründen der Versorgung im Alter. Das ist natürlich absurd. Aber es ist schon ein Aspekt: wie viel Verantwortung übernehme ich, dass auch in Zukunft das Leben für ältere Menschen in Deutschland sicher gestellt ist. Kinder zu haben, ist nicht nur eine persönliche Entscheidung (die ich nicht bewerte), sondern auch eine gesellschaftspolitische.

DoctorInge 
Fragesteller
 12.03.2023, 14:47

Dann wäre es aber auch fair, wenn ich keine Steuern mehr in dieses System zahle (nicht allgemein, aber das Geld, was etwas damit zu tun hat), damit ich dieses Geld wenigstens für das Alter sparen kann.

Wir haben eine Teuerung. Wovon soll man leben, wenn man keine Pensionsleistung bekommt? Kein normaler Job reicht aus, um sich genug anzusparen.

Da werden Leute gezielt in die Altersarmut getrieben.

Und wieso soll es bestraft werden (genau das ist es, eine Strafe, nur nennst du es nicht so), keine Kinder zu bekommen, wenn man ganz genau weiß, dass man sich nicht um sie kümmern kann oder will?

Sollen die Zahlen an psychischen Problemen bei der Folgegeneration in die Höhe schießen, weil sie an (emotionaler/physischer) Vernachlässigung oder Misshandlung leiden? Wird diese Generation 'gut' werden?

Du unterstellst außerdem, dass einfach nur mehr Freiheit das Motiv sei. Was nicht einmal verwerflich sei, du weißt nicht, was Leute in ihrer Kindheit und Jugend schon alles durchmachen können, sodass sie nachher einfach nur noch Luft zum Atmen brauchen/wollen.

Es gibt daneben noch mehrere Motive, bei mir z.B. Ich weiß erstens nicht, wie ich überhaupt ein Kind großziehen soll. Ich habe von meiner Mutter Gewalt erfahren und alleine der Gedanke, ein Kind (emotional) erziehen zu müssen, überfordert mich extrem. Ich habe extreme Vertrauensprobleme, sodass es für mich schon schwierig ist, überhaupt eine Beziehung zu beginnen. Wenn das Problem jetzt nicht schon offensichtlich ist, dann wird es das spätestens dann, wenn ich sage, dass ich nach aktuellem Stand mit einem mögl. Partner nicht einmal intim werden kann. Kinder? Wie soll das gehen?

Außerdem haben diese Kinder es schöner ohne mich. Besser eine gute, nicht überforderte Mutter als jemand, der für einige psychische Probleme sorgen wird.

Dann ist es karrieretechnisch noch ein Faktor, der einfach wirklich nicht gut funktionieren kann. Ich muss da ganz spontan sein, aber mehr will ich dazu nicht sagen.

Du bestrafst nicht nur Leute, die aus legitimen Gründen keine Kinder wollen, sondern auch die, die aus welchen Gründen auch immer keine bekommen oder großziehen können. Bei mir ist es eine Mischung.

Ich sehe es nicht ein, in das System mit meiner Arbeitskraft einzahlen zu müssen, aber dann nichts herauszubekommen und an Altersarmut zu verrecken und deshalb evt. sogar obdachlos zu werden, weil man sich ja nichts oder nicht genug ansparen konnte.

Das ist menschenunwürdig und eine Bevorteiligung von Leuten mit gleicher Meinung wie du.

Man kann nur hoffen, dass so etwas in der Politik nie umgesetzt wird.

Wir zahlen mit unseren Leistungen ja auch für Leute, die mit ihrem Alkohol- und Drogenkonsum (auch Nikotin) das System mit Folgeerkrankungen belasten. Es ist kein wirklicher Vergleich mit der Entscheidung gegen Kinder, aber vom Prinzip her dasselbe. Da müsste man da auch sagen, dass die nichts mehr bekommen sollten, denn die hätten es ja selbst versaut.

Ich als gesundheitsbewusster Mensch zahle aber gerne für diese Menschen mit, wenn ich dann einem regulären Job nachgehe, da auch die Gesundheitsleistungen verdient haben. Ich käme im Schlaf nicht auf die Idee, diese Leute durchs Raster fallen zu lassen, nur weil sie es selbst verbockt haben und ich gesund lebe.

Du schon.

Es ist schade, dass Menschen diesbez. überhaupt so denken.

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Avariel  12.03.2023, 16:10
@DoctorInge

Ich sage ja, dass es auf der persönlichen Ebene durchaus gute Gründe gibt, die gegen Kinder sprechen. Da bin ich ganz bei dir und finde das auch richtig, dass niemand Kinder bekommen sollte, der keine möchte. Das wäre allein für die Kinder total schlimm.

Gleichzeitig gibt es in der Gesellschaft vermehrt eine bestimmte Haltung, die immer stärker zu werden scheint. Ich habe mich in den letzten Jahren tatsächlich vermehrt mit dieser Thematik beschäftigt und viele Berichte und Dokus dazu gesehen. Ich stehe tatsächlich hinter jeder Frau, die sagt, sie möchte keine Kinder. Das können körperliche Gründe sein, psychische, gesellschaftliche, etc. Total legitim und niemals würde ich sagen, dass es eine gute Idee wäre, diese Menschen vom Gegenteil zu überzeugen. Ich denke, die meisten Menschen treffen diesbezüglich eine gute und selbstreflektierte Entscheidung.

Aber es gibt auch immer mehr die Haltung: Kinder sind zu anstrengend, Kinder berauben mich meiner Freiheit, ich kann mit Kindern nichts anfangen….. Und diese Menschen erwähnen dann im gleichen Atemzug, dass sie ja jetzt dafür arbeiten, dass die Generation nach ihnen für sie aufkommt. Das Problem ist aber, dass diese Rechnung leider nicht mehr aufgehen wird in Zukunft, da das Verhältnis zwischen Jungen und Alten nicht mehr stimmen wird. Derzeit kommen noch 2-3 Menschen für einen Älteren auf. In Zukunft muss aber 1 Mensch für ca 2 Menschen aufkommen. Und da ist der Haken. Das Rentensystem, das als Solidaritätsprinzip funktioniert, das unabhängig von der Familie funktioniert, geht nicht mehr auf. Es gibt schlicht und einfach zu wenige junge Menschen in diesem Land. Es wird zu wenig Pflegepersonal, zu wenig Krankenhauspersonal, zu wenige Renteneinzahler, etc. geben….. Und ich kann dir jetzt schon sagen, dass die Kinder, die jetzt geboren werden, und für die ältere Generation mitsorgen müssen, sich wahrscheinlich dazu entscheidet, sich für die eigenen Eltern einzusetzen und nicht für gänzlich Fremde. Derzeit funktioniert das System noch einigermaßen, das wird es aber in Zukunft nicht mehr. Sollte man gute Gründe haben, die gegen eigene Kinder sprechen, dann ist das total ok, aber leider wird die Haltung, dass man keinen Bock auf eigene Kinder hat, weil sie eine Einschränkung der persönlichen Freiheit bedeuten, immer stärker. Und diese Menschen sollten dann wahrlich nicht die ersten sein, für die die jüngere Generation dann Verantwortung übernehmen soll. Und ich spreche nur von diesen speziellen Fällen, nicht von denen, die aus gesundheitlichen, psychischen, sozialen Gründen keine Kinder haben können/wollen.

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Avariel  12.03.2023, 16:19
@Avariel

Und noch ein kleiner Zusatz: natürlich zahle ich mit meinen Beiträgen auch gerne für Kranke mit, auch wenn sie ,selbst Schuld sind‘ an ihrer Erkrankung. Aber im Moment funktioniert dieses System auch noch. Im Moment gibt es noch genügend Gelder, um das zu bezahlen und jeden gleich zu behandeln. Und ich mache das auch gerne.

Aber Menschen lassen sich leider nicht durch zwei Teilen. Das Problem in der Zukunft wird leider nicht mehr das gleiche sein, sondern es wird es so einen krassen Mangel an verfügbaren jungen Menschen geben, dass das System so nicht mehr funktioniert. Wir alle zahlen wahrscheinlich gerade in die Rentenkasse ein, werden davon aber wahrscheinlich wenig haben, weil wir nicht ausreichend dafür Sorge tragen, dass später noch genug Menschen hier in Deutschland leben, die unter 60 sind.

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Avariel  12.03.2023, 16:21
@Avariel

Und Eltern zahlen natürlich auch in die Rentenkassen ein. Gleichzeitig sind Kinder extrem teuer und jeder Kinderlose wird mehr Geld ansparen können, als Eltern es jemals können.

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Sehe ich als völlig legitim an, zumal ich selbst es ja genau so handhabe.

Kein Außenstehender hat das Recht, einem anderen eine Lebensplanung aufzuzwingen. Diese Entscheidung muss jeder Mensch für sich allein treffen, keine Freunde, keine Verwandten und keine Moralapostel.

Es gibt auch keine "evolutionäre Pflicht", die eigenen Gene weiterzugeben, wie gern behauptet wird. Die Evolution ist keine "Gottheit", sie hat keinen Willen, keine Moral und keine Ziele. Es gibt auch keinen festgeschriebenen "Sinn des Lebens". Diesen können nur wir allein für uns finden. Man pflanzt sich fort, oder man lässt es bleiben. Beides tangiert die Evolution/die Natur nicht.

putzfee1 schrieb :

Sie werden ihre Gründe dafür haben. Und wenn Menschen keine Kinder haben wollen, dann sollten sie auch keine bekommen. Ich denke, wenn Kinder merken, dass sie ungewollt sind, ist das kein schönes Gefühl für sie. Das sollte man ihnen ersparen.

Dem stimme ich völlig zu.

Das heisst, wenn es Menschen sind, die vor dem Zeugen, und Gebären der Kinder schon wissen, dass sie keine Kinder wollen, und außerdem nicht kinderfeindlich sind, dann kann man überhaupt nichts dagegen einwenden.

Alles andere ist asozial.

Wir sind aktuell eher auf dem Stand, das wir keine Kinder haben wollen (33 und 26, sind seid 2 Jahren verheiratet).

Warum? Zum einem halten wir es für sehr egoistisch Kinder in diese Welt zu setzen.
Zum anderen passen Kinder nicht in unsere Pläne. Wir wollen uns beide Ausleben und selbst Verwirklichen.
Und da passen Kinder nicht rein. Wir würden diese dann nur allzuhäufig zu Verwandten abschieben und dann haben wir lieber keine.

Wir wollen derzeit keine.

Wir haben zwar auch noch Zeit (Ende und Mitte Zwanzig), aber

  • die Finanzierbarkeit von Wohneigentum ist krass, wir wohnen zwar "kostenlos" (dank den Eltern) in einer Eigentumswohnung in Müc. aber die reicht auch nur für uns zwei.
  • wir wollen evtl. auswandern (Lebenskosten, Energiepreise etc., gffs. auch soziale Spannungen sollte sich das bis nach Bayern durchschlagen)
  • Erziehungsverantwortung (Kinder dürfen das nicht mehr, ja keine Werbung für Mars, Snickers und Co., LGBTQ+ Erziehung schon im Kindergarten, usw.)

Da sind ne Menge Sachen, die aktuell dagegen sprechen und solange sich da für uns noch nicht "der Weg" abzeichnet, haben wir gesagt, wir warten noch.