Warum studieren immer weniger Menschen Lehramt?

10 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hauptprobleme sind die immer weiter steigende Arbeitsbelastung durch mehr und mehr Aufgaben ohne jeglichen finanziellen Ausgleich sowie die schlechte Familienplanung, da Berufseinsteiger gerne kreuz und quer durch das Bundesland geschickt wurden und nicht arbeiten können, wo sie wollen, soweit man nicht auf den Beamtenstatus verzichten will. Schulartspezifisch kommen dann noch deutlich begrenzte Verdienst- und Aufstiegsmöglichkeiten sowie Ungleichbehandlungen dazu. Vor allem im Vergleich Volksschullehrer (Grundschule etc.) vs. Lehrkräfte an weiterführenden Schulen.

Ich habe es studiert, aber das Referendariat hat mich sehr stark ernüchtert... gerade was den Umgang der Kollegen anging. Ich wurde manchmal behandelt wie ein Stück Dreck, auch wenn ich eigentlich zu allen nett war und die Leistung gepasst hat. Schon das hätte mir fast die Lust auf den Beruf verdorben. Und für nach dem Referendariat hat mir meine Schulleitung immer versprochen, dass es im Anschluss eine Stelle geben würde. Fünf Tage vor Ende hat sie mir dann in einer knappen Mail auf Nachfrage mitgeteilt, dass es doch nichts gäbe. Und dann stand ich da. Ich hätte dann frühestens in drei Monaten eine neue Vertretungsstelle bekommen und in einem halben Jahr eine volle Stelle. Und ich stand dann ohne Einkommen da. So habe ich dann den Schuldienst erstmal verlassen und bin in die Wirtschaft gegangen. So verliert man Lehrkräfte.

Generell kann ich sagen: Der Beruf ist extrem ganzheitlich... man hat nicht einfach Feierabend nach der Schule und es gibt keine klare Trennung zwischen Zuhause und Arbeit. Die Intensität der Arbeit ist auch sehr hoch, der Beruf kann sehr stressen. Wenn man dann noch schlechte Kollegen hat, wird es schlimmer. Nicht umsonst ist die Burnout-Rate so hoch.

Außerdem ist die Verteilung so eine Sache. Schon im Referendariat wollten die mich zu einer Schule schicken, die 250 km entfernt ist! Ich musste dann ein Jahr warten, bis das Angebot gepasst hat, weil ich auf keinen Fall so weit umziehen wollte für die 18 Monate.

Wenn einem die Schule nicht gefällt, kann man nicht einfach mal eben schnell wechseln, das kann bis zu drei Jahre dauern, bis man überhaupt einen Antrag stellen darf. Und man wird teilweise nur an weiter entfernten Schulen einen Platz finden. Und wie Diagenal sagt: Man kann auch einfach quer durchs Land geschickt werden.

Hinzu kommen dann noch gewisse Eltern. Klar, das kann man nicht vorab so genau wissen. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass es für viele Leute auch abschreckend ist, nachher mit Personen zu tun haben, die ihnen die ganze Zeit in die Arbeit reinpfuschen will.

Ein letzter Punkt ist, dass es kaum Möglichkeiten gibt, aufzusteigen, und dann ein Hauen und Stechen existiert, zumindest nach meiner Erfahrung.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Glaubst du es studieren mache nicht weil sie die Jobchancen als schlecht erachten ?

Es ist so viele brechen das Studium ab und selbst wenn sie es abschließen machen au CH mache nicht weiter oder brechen im Referendariat ab.

Nicht jeder möchte lehren.

Naja also ich möchte tatsächlich Lehramt studieren aber ich kann verstehen das man es nicht möchte.

docdespair  16.10.2022, 12:29

Das mit den Chancen kommt auf die Schulform an. Mit Geschichte und Deutsch hast du je nach Schulform deutlich andere Karten als mit Mathematik und Physik. Aber man kann vorab nicht genau wissen, wie der Bedarf in 5 Jahren sein wird.

0

Also ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass es ziemlich bitter sein kann auf Lehramt zu studieren.

Es kein „Lotterleben“ und die Ansprüche sind (besonders seit Corona) stark gestiegen.

Dann gibt es Probleme mit der Platzvergabe (manche Fächer sind sehr überfüllt).

Anfangs wird mit sehr vielen Aussiebeklausuren gehandelt (das ist in fast allen Fächern so).

Man kommt dann als Student schon an seine Grenzen.

20Fragender00  14.02.2023, 17:06

Oh ja, die Aussiebe-Klausuren...ich studierte Deutsch u. Ethik auf Lehramt, musste in den ersten beiden Semestern a) in Deutsch eine Klausur zum Thema Mittelhochdeutsch schreiben (wtf) und in Ethik eine Logik-Klausur, in der es um mathematische Beweise ging. Und dann wundert man sich, warum man immer mehr Lehrer verliert..

0
Sternentraum004  14.02.2023, 22:58
@20Fragender00

Da kann ich dir nur zustimmen. Hab meine erste Klausur in Deutsch verhauen (Sprachwissenschaften). Der Stoff war nicht schwer, aber der Prof/die Professorin ist dafür bekannt, absichtlich auszusieben. Er/Sie hat das Bewertungsschema geändert, die Bestehquote erhöht usw.

Hast du denn zu Ende studiert?

0
20Fragender00  14.02.2023, 23:28
@Sternentraum004

Ne, habe mich beruflich umorientiert und bin froh drüber. Die Arbeitsbedingungen sind leider sehr schlecht als Lehrer

0

Verbringe einfach mal ein paar Stunden mit Eltern. Am besten in einem Setting, wo es irgendwie um ihre Kinder geht. Danach sollte einem sehr schnell klar werden, warum der Lehrerberuf wirklich kein verlockender ist ;).