Warum sind Zeitreisen so unlogisch (z.B. HP)?

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Das logische Problem mit Zeitreisen ist in der Regel, dass Änderungen an der Vergangenheit in der Regeln dazu führen würden, dass man gar nicht in der Zeit zurückreisen würde und entsprechend ein Widerspruch/Paradox entsteht (siehe Großvater-Paradox). Oder anders gesagt: Eine Handlung darf nicht ihre eigene Ursache verhindern.

Zeitreisen sind letztlich nur wirklich logisch, wenn man damit eben nicht die Vergangenheit ändert (oder Zeitreise-Regeln erfindet, die Logik-Problem umgehen), aber ironischerweise ist "die Vergangenheit ändern" ja die Motivation in vielen Zeitreise-Geschichten, also geht das nicht immer.

Ironischerweise ist aber das Harry Potter Beispiel, das du ansprichst, ausgerechnet ein Fall von Zeitreisen, die tatsächlich logisch sind, nämlich ein geschlossener Kreis: Harry reist in der Zeit zurück und rettet sich selbst, wodurch er in der Zeit zurück reisen und sich selbst retten kann. Die Vergangenheit wird nicht geändert (Harrys Reise in die Vergangenheit sorgt ja nur dafür, dass die Vergangenheit so bleibt wie er sie erlebt hat) und es gibt keine logischen Widersprüche. Alles hat einen Grund, der nicht nachträglich verändert wird.

Der etwas verwirrende Teil ist dabei eben meistens, dass man sich denkt "aber wie hat das denn beim ersten Mal funktioniert als Harry nicht in die Zeit zurückgereißt ist", aber das ist eben eine etwas falsche Sichtweise: Das "erste Mal" gibt es einfach nicht. Zeit an dieser Stelle ist keine Linie, sondern ein Kreis ohne Anfang. Den Fall, dass Harry sich nicht selbst rettet gibt es einfach nicht.

Ich hoffe das leuchtet einigermaßen ein :)

Wissen3210 
Fragesteller
 06.05.2021, 23:18

Ok, vielen Dank! Für die Erklärung.

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Blume8576  07.05.2021, 06:21

Das erste mal muss es aber geben.

Wenn er sich nicht rettet stirbt er. Dann kann er nicht zurück reisen und sich retten.

Also muss er er ohne Rettung ûberlebt haben, um sich dann später selbst zu retten.

Egal wie du es drehst es wird kein Kreis. Wenn es ein Kreis wäre gäbe es keine Zukunft mehr. Er wûrde immer und immer und immer wieder zurűck reisen und sich retten.

Der einzige logische Zeitreise Film ist "Zurűck in Zukunft 1"

Er reist zurűck, ändert etwas und kommt in der veränderten Zukunft an.

Der Film "Looper" geht auch noch , jedenfall habe ich noch keinen logigbruch erkannt, auch wenn es zunächst so scheint.

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Farel  08.05.2021, 01:09
@Blume8576

Kannst du vielleicht erklären, wo du bei einem Szenario ohne "erstes Mal" den logischen Widerspruch siehst? (Ist schließlich ein schwer kommunizierbares Thema und ich würde gerne deinen Ansatz verstehen :) )

Du sagst ja "Wenn er sich nicht rettet, stirbt er". Dazu hätte ich gesagt: Vielleicht. Aber er rettet sich ja, also ist das doch irrelevant.

Du sagst "Er muss ohne Rettung überlebt haben, um sich selbst zu retten". Dazu hätte ich gesagt: Er muss nicht "ohne Rettung" überlebt haben. Er muss einfach überlebt haben. Und das tut er ja auch, dank der Rettung.

Ich denke der Schlüssel hier ist, dass eine wichtige Eigenschaft von Zeitreisen ist, dass Dinge, die erst noch passieren werden, schon in der Gegenwart Einfluss auf die Zeitlinie haben können. Entsprechend kann ein Ereignis sich selbst verursachen ohne in einen Widerspruch zu laufen. Im Gegenteil sogar: Erst wenn du durch eine Zeitreise den Ablauf der Zeitlinie änderst, hast du den eigentlichen Widerspruch, weil ja zum gleichen Zeitpunkt zwei widersprüchliche Dinge passieren.

Harry wird gerettet, nur eben durch Dinge, die erst noch passieren werden. Auch bei einem hypothetischen "ersten Mal" würde eben ein Harry aus der Zukunft auftauchen, denn wieso sollte er auch nicht?

("Kreis" war vielleicht ein verwirrender Ausdruck. Sagen wir eher "Schleife"?)

Da du gerade noch Zurück in die Zukunft und Looper ansprichst, hole ich mal noch etwas weiter aus: Es gibt in Geschichten meist zwei Szenarien von Zeitmodellen, die logisch einleuchtend wären. Für beiden gilt aber: Man darf mit Zeitreisen nicht die Vergangenheit der eigenen Zeitlinie ändern. Man darf sie höchstens durch Zeitreisen verursachen.

  • Variante 1: Es gibt genau eine einzige Zeitlinie auf der sich alles abspielt. Es gibt jede Person nur einmal und alles, was deinen vergangenen Selbst passiert, muss dir entsprechend in der Vergangenheit passiert sein.
  • Variante 2: Es gibt mehrere Zeitlinien (wie Paralleluniversen) und mittels Zeitreisen verändert man nicht seine eigene Vergangenheit, sondern die Vergangenheit einer zweiten Version der Welt. Entsprechend hat eben alles, was du in dieser anderen Zeitlinie tust keinen Einfluss auf dich, weil es eben nicht DEINE Vergangenheit ist, sondern die einer anderen Version von dir.

Geschichten, die nicht in eines dieser Modelle fallen, müssen in der Regel ein bisschen in die Trickkiste greifen und etwas komplexere Physik oder selbstausgedachte Regeln hinzufügen, um Widersprüche zu verhindern oder erklären.

Ein Beispiel für letzteres wäre z.B. die "Wenn du deine eigene Geburt verhinderst, verschwindest du langsam"-Regel aus Zurück in die Zukunft. Seine eigene Geburt zu verhindern ist ja an sich ein Widerspruch, den man eben etwas entschärft hat, indem man ein magisches Zeitlimit einbaut und quasi sagt "Du hast deine Geburt noch nicht so ganz verhindert". So wirklich logisch ist das eben auch nicht, aber funktioniert dramaturgisch gut genug.

Wenn man jetzt einen Blick auf Zurück in die Zukunft 1 wirft, gibt es dort zum Beispiel folgende logische Probleme/Anmerkungen:

  • Marty fängt an zu verschwinden, nachdem er verhindert hat, dass seine Eltern sich kennenlernen. Das bedeutet also, dass er seine eigene Vergangenheit verändert hat und nicht die eines Paralleluniversums, heißt also Zeitmodell Variante 1.
  • Am Ende des Films kehrt Marty in die veränderte Gegenwart zurück, in der sich die Lebensumstände seiner Familie durch die veränderte Vergangenheit komplett verändert haben. Marty erinnert sich allerdings an nichts davon und ist immernoch der selbe, obwohl er eine massiv andere Kindheit hätte haben müssen. Er verschwindet auch nicht oder ähnliches, obwohl er ja effektiv verhindert hat, dass seine eigene Vergangenheit passiert. Das spricht also eher für Variante 2 und ist eigentlich ein Widerspruch zum vorherigen Punkt.
  • Beim Tanzball gegen Ende des Films gibt es eine Szene, in der Marty den Song "Johnny B. Goode" von Chuck Berry spielt, der dann per Telefon an Chuck Berry weitergeleitet wird. Die Implikation ist also, dass Marty den Song kennt, weil Chuck Berry ihn gespielt hat, Chuck Berry ihn sich selbst aber auch nur in der Vergangenheit von Marty abgeschaut hat. Heißt also: Ähnlich wie bei dem Harry Potter Beispiel, hat hier ein Song keinen wirklichen Anfang.

Bei Looper wird es dann noch konfuser. Die Charaktere im Film sagen ja sogar selbst, dass man nicht über die Zeitreiselogik nachdenken soll (vermutlich weil den Drehbuchautoren sehr wohl bewusst ist, wie viele Logikprobleme es gibt) und das ganze Konzept basiert ja auch nur darauf, dass widersprüchliche Zeitlinien schon irgendwie auf magische Weise ineinanderfließen und es keine Probleme gibt. Das heißt ja nicht, dass es keine Widersprüche gibt, sondern nur dass die Geschichte diese Widersprüche "wegzaubert".

(Ich mag übrigens beide Filme ganz gerne. Nur damit das jetzt nicht so klingt als würde ich sie schlecht reden wollen. Manch interessante Idee funktioniert eben nur mit etwas unlogischeren Zeitreisen ;) )

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Das ganze ist ein Verreihungsproblem: Aus A folgt B folgt C ad infinitum.

Hier habe ich aber OBdA A: Harry-A reist zum See zurück, B: Harry-A rettet Harry-B , sich selbst, am See, C: Harry -B lebt weiter und wird Harry-A

Aus A folgt B folgt C folgt A folgt … ein Zirkelschluss, den wir in moderner Zeit als unlogisch ansehen.

Anderes Beispiel: Münchhausen gerät in einen Morast und greift Münchhausen an den Schopf (den eigenen), um Münchhausen aus dem Morast zu ziehen, was gelingt. Hier ist mal keine Zeit im Spiel und daher ist leichter zu sehen, dass Münchhausen zieht an Münchhausen einen geschlossenen Kraftkreis bildet und daher die Kraft keine (Hebe-)Wirkung entfalten kann.

Übertragen auf Harry-A/B: Harry rettet Harry, damit Harry Harry retten kann. Funktioniert nicht, da die Folge ihre eigene Voraussetzung ist.

Um es logisch zu machen: Harry-B hätte auch so (knapp) überlebt und ist bereits Harry-A, der später unwesentliche Nebenhandlungen (Patronen) begeht. Oder: J. K. Rowling hat uns ganz schön einen Bären aufgebunden. Aber das ist ja auch ihre Aufgabe als Autorin.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Diplom in Physik
Farel  08.05.2021, 01:35

Eine kleine Anmerkung dazu:

Die Beispiele, die du nennst, sind zwar grundsätzlich interessant, scheinen mir aber nicht so wirklich mit dem Problem zu tun zu haben.

Es geht zwar in allen irgendwie um "Kreise", aber um verschiedene Themengebiete: Kausalität, logische Beweisführung und physikalische Kräfte. Die Kreise sind in allen drei Fällen ja aus unterschiedlichen Gründen problematisch und es klingt ein bisschen so als wäre die Schlussfolgerung nun "zirkuläre Abhängigkeiten ergeben in keinem Themengebiet Sinn", was ja auch nicht zwingend korrekt ist. Könnte also evtl. etwas verwirren ;)

Zuletzt sei vielleicht noch erwähnt, dass kausale Kreise ala "A führt zu B führt zu A" ja auch nur ein Problem sind, weil üblicherweise gilt, dass eine Ursache zeitlich vor ihrer Wirkung liegen muss. Eine der Prämissen von Zeitreis-Geschichten ist ja aber gerade, dass diese Regelung nicht gilt, also dürften kausale Kreise in solchen Geschichten ja eigentlich logisch schlüssig sein.

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MacMadB  08.05.2021, 11:48
@Farel

Danke für die Anmerkung.
Einschränkend äußerte ich oben bereits:

 ein Zirkelschluss, den wir in moderner Zeit als unlogisch ansehen.

Und ich mag gemäß Deiner Rede ergänzen: Das gilt für die Naturwissenschaften.
Die Beispiele dienen wie immer der Verdeutlichung, im Besonderen um das Verreihungsproblem auch außerhalb des schwierigen, zeitlichen Kontext zu betrachten (Münchhausen). Dabei bleiben Beispiele Beispiele und können nur in einigen Aspekten gelten.

Generell sollte aber klar werden, dass (in den Naturwissenschaften) es nicht genügt, wenn eine Folge die eigene Ursache ist. „Der Ball rollt, weil der Ball rollt“, ist somit tautologisch und keine naturwissenschaftliche Begründung.

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Zeitreisen sind nicht unlogisch, wenn man das Konzept verstanden hat, wie sie funktionieren können. Wenn man also in die Vergangenheit reist und dabei die Vorraussetzungen für seine eigene Geburt verhindert und man trotzdem weiterhin exsistiert, dann kann das ja nur bedeuten, das es sich um eine alternative Vergangenheit handeln kann, also eine Art Parallel-Vergangenheits-Linie, die das zuvor gelebte Leben unberührt lässt. Zumindest würde ich mir diese Form der Zeitreise aussuchen, wenn ich sie unternehmen wollte, da es ja sonst keinen Sinn machen würde (ausser man möchte Suizid begehen). Auch sollte man eine Form der Zeitreise wählen, die auch jetzt schon möglich ist und diese Möglichkeit nicht dadurch negieren, indem man glaubt dazu wären technische Hilfmittel nötig. Auch hier lasse ich absichtlich Informationen weg.

Wissen3210 
Fragesteller
 04.05.2023, 04:45

Klingt logisch

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Zunächst einmal finde ich Zeitreisen keineswegs unlogisch. Unabhängig von der Möglichkeit von Zeitreisen führen Entscheidungen immer zu Konsequenzen. Selbst das so genannte Großvaterparadoxon ist nicht wirklich paradox, sondern führt lediglich zu einer Schleife zwischen zwei Zeitlinien.

Zur Erklärung des Großvaterparadoxons: Eine Person reist in die Vergangenheit und tötet ihren Großvater, bevor dieser dazu kommt das betreffende Elternteil zu zeugen. Dadurch wird der betreffende Vater oder die betreffende Mutter der zeitreisenden Person nie geboren und ab dem Ereignis der Tötung des Großvaters entsteht so eine Zeitlinie, in welcher daher auch die zeitreisende Person nie gezeugt und geboren wurde, da es mindestens eines der beiden Elternteile ja nie gegeben hat. Das hat wiederum zur Folge, dass auch die Zeitreise in der veränderten Zeitlinie nicht stattfindet, wodurch der Großvater in der Vergangenheit nicht getötet wird, und dadurch sowohl dessen Kind, als auch die zeitreisende Person geboren wird. Ausgehend von dem Ereignis der Ankunft des Zeitreisenden in der Vergangenheit würde es daher zwei Zeitlinien geben, die voneinander separat weiter existieren. Ich kann dabei nichts paradoxes erkennen. Immerhin führt, wie erwähnt jede Entscheidung zu entsprechenden Konsequenzen, unabhängig von Zeitreisen.

Logik ist, um das noch mal aufzugreifen, nichts weiter als ein Instrument, um das einzuschätzen, was man erkennen und verstehen kann. Daher kann man nur die Logik einer Sache beurteilen, die man hinreichend erkannt und verstanden hat. Was aber über den eigenen Erkenntnis- und oder Verständnishorizont zum Teil oder gar ganz hinaus geht, kann man nicht in Hinsicht auf eine Logik beurteilen.

Ich kenne die Harry-Potter-Roman- und -Filmreihe nicht hinreichend, um zu beurteilen, wie logisch oder unlogisch eine Zeitreise darin dargestellt wird, aber ich finde, dass die Zurück-in-die-Zukunft-Trilogie dies recht gut aufzeigt, wenn auch mit einem einzigen Logikfehler zwischen dem Einfluss des Alten Biff in der Vergangenheit und der Rückkehr in der noch unveränderten Zukunft, welche dafür notwendig ist, dass Doc Brown und Marty wieder in die Vergangenheit reisen können. Nichts desto trotz hätte die Auswirkung zwischen seiner Abreise in der Vergangenheit und seiner Ankunft in seiner Gegenwart geschehen müssen, was sie aber nicht getan hat und allein das Ausbleiben dieser Veränderung ist unlogisch.

Wenn es Zeitlinien gibt, ist es logisch.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Zukünftiger Zeitreisender
MrXntx  06.05.2021, 22:26

Was sind Zeitlinien?

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Blume8576  07.05.2021, 06:10
@Enricotaku

Wenn Du in ein Paralluniversun kommst hast keine Zeitreise sondern eine Ortsreise gemacht

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Farel  08.05.2021, 01:13
@Blume8576

Es geht denke ich eher um die Idee, dass man bei einer Zeitreise in die Vergangenheit eigentlich in der Vergangenheit eines Paralleluniversums landet. Bzw. dass sich durch die Zeitreise am Anfkunftszeitpunkt in der Vergangenheit ein neues Universum "abspaltet" (je nachdem wie man es sehen will).

Bei dem Modell hat man dann eben keine (oder zumindest weniger) Probleme mit pontentiellen Widersprüchen, weil man nicht seine eigene Vergangenheit, sondern die einer Parallelversion verändert.

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Enricotaku  08.05.2021, 01:19
@Farel

Ja genau. Aber da noch niemand eine Zeitreise in die Vergangenheit gemacht hat, kann man das wirkliche System der Zeitreise noch nicht wissen. Also sind diese Fragen auch so dumm, da sie niemand richtig beantworten kann.

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