Warum sind heutzutage so viele Menschen instabil/psychisch ungesund/leidend/ungereift/verletzlich?

9 Antworten

Ich weiß ja nicht ob sich das objektiv quantifizieren lässt.

Wir wissen heute nur von viel mehr Menschen, die unter Depressionen oder anderen Erkrankungen leiden, weil es eine größere Akzeptanz in der Gesellschaft dafür gibt (obwohl es teilweise immer noch "Burnout", also "Überarbeitung" genannt wird, weil man das leichter rechtfertigen kann...). D. h. aber nicht automatisch, dass es früher seltener Vorhanden war.

Fakt ist aber, dass die Gehirne von allen höherentwickelten Säugetieren dazu konzipiert sind, um Probleme zu lösen. Probleme können bspw. Ressourcenknappheit und Nahrungsbeschaffung sein. Durch das Lösen kurzfristiger Probleme wird Dopamin freigesetzt und das Gehirn belohnt sich.

In einer Wohlstandsgesellschaft sieht das alles etwas anders aus. Oft gibt es keine "echten" existenziellen Bedrohungen mehr, auch wenn sie viele "Alltagssorgen" häufig danach anfühlen können, gibt es am Ende oft ein soziales Netz, z. B. staatlich, von dem man aufgefangen wird, auch wenn alle Stricke reißen.

Dafür haben wir häufig jede Menge Konsumgüter, die für einen Ausgleich sorgen. Bspw. ist das der Grund warum Unterhaltungsmedien wie Computerspiele auch so erfolgreich sind. Man bekommt kleine Aufgaben gestellt und für die Lösung wird man nicht nur vom Spiel, sondern auch vom Gehirn mit Dopamin belohnt. Oder z. B. auch durch Shopping, Essen, usw.

Das führt in der Summe irgendwann zu einer höheren Toleranz des Dopamins im Gehirn und kann ultimativ auch zu einer depressiven Episode führen (siehe: Hedonistische Tretmühle).

"Man soll alles in Maßen genießen", ist nicht nur so ein Spruch, sondern hat langfristig einen großen Wert ;)

Erst einmal glaube ich nicht, dass es "soviel mehr" sind, als in den vergangenen Jahrhunderten, welche sich mit psychischen Problemen und Krankheiten herumschlagen müssen. Nur hat man dies früher alles in einen Topf geworfen: Entweder, man war sichtbar krank - oder "verrückt"

Und dann glaube ich weiterhin, dass es sich bei sehr vielen psychischen Krankheiten um "Luxusprobleme" unserer "westlichen Zivilisation" handelt - ebenso wie die Genderdebatte und das Thema "lgbtqxyz...."

Wir hier in unserem Leben haben nämlich viel zu viel Zeit, um uns mit uns selbst zu beschäftigen - wärend die Menschen in der dritten Welt diese Zeit mit der Nahrungssuche verbringen müssen.

Das war in Europa einst natürlich auch so. Aber die zunehmende Automatisierung und Industrialisierung haben uns immer Mehr Zeit und Gelegenheit gebracht, über uns selbst nachzudenken und zu grübeln.

Mussten die Menschen in Vor-Industriellen Zeiten 12 und mehr Stunden am Tag schuften wie Esel und Rindviecher, danach noch Nahrung beschaffen und totmüde auf ihre Schlafstatt fallen, sondern leben im Westen eine Menge Menschen in einem 3*8 Stunden Zyklus - 8 Stunden Arbeiten, 8 Stunden schlafen und 8 Stunden für Nahrungsbeschaffung/Zubereitung/Genuss - und eben FREIZEIT!!!

Weil keiner mehr auf jemanden schaut. Jeder ist jedem egal. Der Hass wird anderen Leuten ins Gesicht gebrettert und dann werden sie alleine gelassen. Denjenigen, die Hilfe brauchen, wird nicht geholfen. Schuld hat immer das Opfer. Gerechtigkeit ist rar. Da braucht es einen nicht mehr wundern, wenn so viele psychisch krank werden.

Woher ich das weiß:Hobby – Ich denke, bevor ich schreibe.

Wenn Du viele Zustände in einem Topf wirfst ist für fast jeden etwas dabei.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Verschiedene Studien haben den Materialismus (d.h. die Betonung der Wichtigkeit von Geld und Besitz) mit Unzufriedenheit, Depression, Wut und Isolation in Verbindung gebracht. Auch der Individualismus (Betonung der persönlichen Freiheit und Wahl) soll eine Rolle spielen. Auch wenn der Individualismus eine treibende Kraft war uns vor Unterdrückung und religiösen Dogmen zu befreien, scheint er heutzutage zu einer zwanghaften Selbstbestimmung mutiert zu sein. Dies führt im Allgemeinen zu einem stärkeren Gefühl von Unsicherheit, einem Fehlen von klaren Rahmen und einem Exzess von Freiheit und Auswahl, der als Bedrohung empfunden wird. Individualismus und Materialismus beeinflussen auch unsere Werte und unsere Persönlichkeit.

Kultur kann so über psychosoziale Wege mit psychologischem Wohlbefinden verbunden werden und das Wohlbefinden mit Verhaltensweisen, die dann auch in die physische Gesundheit münden können. Kultur bringt Ordnung und Sinn in unser Leben. Wir sind die einzige Spezies, die Kultur braucht, um das Leben lebenswert zu machen, um uns einen Sinn zu geben, Identität, Zugehörigkeit, eine Palette von Werten, die unsere Handlungen leiten. Es gibt viele kulturelle Wege, die wir einschlagen können, um unsere menschlichen Bedürfnisse zu befriedigen. Wir können so flexibel und vielfältig sein, laufen aber auch Gefahr, uns zusammen zu verlaufen. Eine der größten Kosten des modernen Lebens ist der „kulturelle Betrug“: Die Förderung von Vorstellungen eines „guten Lebens“, die der Wirtschaft dienen aber unser psychologischen Bedürfnisse nicht decken oder soziale Realitäten reflektieren. Diese Bilder beherrschen uns so stark, dass sie Ziele und Bedürfnisse in uns hervorrufen, die ungesund sind. Bis wir uns gegen diese Vorstellungen wehren, weil sie unseren eigenen ethischen und sozialen Ideen widersprechen, sind sie eine starke Quelle von Disharmonie, was sich negativ auf unsere Gesundheit und unsere Zufriedenheit auswirkt. 

Quelle hierfür: "Is modern Western culture a health hazard?" von Richard Eckersley (abrufbar hier: https://www.researchgate.net/publication/7464602_Is_modern_Western_culture_a_health_hazard)