Diese Antwort habe ich schon einige Male gepostet. Da ich aber den Idealismus als ernstzunehmende Konkurrenz für den Materialismus betrachtete, kopiere ich diese Antwort auch hier hinein, um mehr Leuten den Idealismus näher zu bringen. Nun zur Antwort:
Du nimmst mit deinen Sinnen die Welt um dich herum wahr. Und du setzt voraus, dass diese Welt aus Materie besteht und auch du aus Materie bestehst und dementsprechend die Materie vor deinem Geist da war und das Gehirn dein Bewusstsein erzeugt. Das ist die heute herrschende Anschauung im Materialismus. Es wirkt auf den ersten Blick evident, dass das richtig ist.
Ich greife diese unhinterfragte Prämisse aber an. Ich halte den Materialismus für falsch. Das Fundament, auf das ich mich hier stütze ist der ontologische Idealismus. Ich sage die Welt besteht nicht aus Materie, sondern aus Bewusstsein und Materie ist das, wie Bewusstsein aus einer dritten Perspektive aussieht. Man kann hier einen Traum als Vergleich heranziehen: Unsere nächtliche Traumwelt sieht ebenfalls aus wie eine materielle Welt, die aus Materie besteht. In Wirklichkeit wird sie aber von unserem Gehirn erzeugt und sie ist in ihrer Essenz Bewusstsein. Ich sage, dasselbe gilt für unsere "reale" Welt. Noch ein anderer Vergleich: Stell dir vor es fließt ein Fluss und in diesem Fluss bilden sich Wasserstrudel. Die Waserstrudel sind lokalisiertes Wasser und für eine bestimmte Zeit hat der Wasserstrudel sozusagen eine lokale Perspektive auf den Fluss um sich herum. Man kann mit dem Finger auf den Wasserstudel zeigen und ihn abgrenzen. Gleichzeitig besteht der Wasserstrudel aber auch nur aus Wasser! Wasser ist weiterhin das einzige, was existiert. Du kannst den Wasserstrudel nicht aus dem Fluss nehmen, weil er Wasser ist. Und wieder sage ich, dasselbe gilt für unsere Realität: Wir sind lokalisiertes Bewusstsein in einem transpersonalen Bewusstseinsfeld. Unsere Gehrine sind wie die Wasserstrudel, sie sind "Bewusstseinsknoten" im Bewusstsein und wir schauen das transpersonale Bewusstsein sozusagen von innen an, so wie die Wasserstrudel den Fluss lokalisiert "von innen" sehen können. Materie ist nur das, wie Bewusstsein aus lokalisierter Perspektive aussieht.
Somit ist meiner Meinung nach nicht Materie, sondern Bewusstsein die fundamentale Konstante des Universums. Dass das Gehirn unser Bewusstsein erzeugt macht in meinem Weltbild genauso viel Sinn wie zu sagen, dass die Wasserstudel Wasser erzeugen. Das Gehirn ist ein "Bewusstseinsknoten", eine Lokalisierung von Bewusstsein.
Du musst dir klarmachen: Wir starten immer mit Bewusstsein, mit unserer bewussten Wahrnehmung. Alle Informationen, Theorien usw. die wir glauben, all das kommt erst danach ins Bewusstsein. Aber wir haben nur Bewusstsein und nur unsere Wahrnehmung und das ist unsere Ausgangsbasis. Das vergisst man mal schnell, weil man sich die ganze Zeit eine bestimmte Geschichte im Kopf darüber erzählt, wie die Welt ist. Bewusstsein, innere Subjektivität, ist das einzige was wir haben. Materie ist schon nur noch eine Abstraktion, die wir in unserem Bewusstsein schaffen. Warum ist Materie eine Abstraktion? Weil sie im Materialismus definiert ist als von Bewusstsein unabhängig. Es gibt da also scheinbar etwas, was nichts mit Bewusstsein zu tun hat und unabhängig von Bewusstsein existiert. Zu etwas, was nichts mit Bewusstsein zu tun hat, haben wir aber per Definition keinen Zugang, denn sobald wir die Materie sehen, ist sie bereits in unserem Bewusstsein. Wir sind für immer in unserer bewussten Wahrnehmung gefangen. Ich sage, die Annahme dieses Dings, das nichts mit Bewusstsein zu tun hat, ist eine unnötige Annahme. Wozu brauchen wir sie? Warum erfinden wir eine weitere fundamentale Konstante, die nichts mit Bewusstsein zu tun hat, obwohl Bewusstsein das einzige ist, was wir haben und kennen? Man kann Materie ersatzlos streichen. Das Universum lässt sich vollständig mit Bewusstsein erklären, nämlich mit Vorgängen innerhalb eines transpersonalen Bewusstseinfeldes.
Der Materialismus treibt es aber sogar noch weiter als das. Er postuliert nicht nur etwas, was es außerhalb und unabhängig von Bewusstsein geben soll (zu dem wir wie gesagt, per Definition keinen Zugang haben), sondern er sagt auch noch, dass diese Abstraktion, die wir in unserem Bewusstsein machen, Bewusstsein erzeugt. Das ist meiner Ansicht nach absurd. Eine im Bewusstsein erzeugte Abstraktion soll Bewusstsein erzeugen. Das, zu dem wir keinen Zugang haben soll das einzige, was wir haben und kennen erklären. Hier versucht buchstäblich ein Maler, sich selbst aus seinem Selbstportrait zu holen!
Sollte der ontologische Idealismus die korrekte Ontologie sein, folgt daraus automatisch, dass es ein Leben nach dem Tod gibt: Bewusstsein kann mit dem Tod nicht verschwinden, Bewusstsein ist ja das einzige, was überhaupt existiert. Der Wasserstrudel verschwindet nicht, sondern geht wieder in den Fluss zurück. Der Tod ist also nicht das Ende von Bewusstsein, sondern nur ein Ende der Lokalisation von Bewusstsein. Das sagt natürlich erstmal nichts darüber aus, wie genau das Leben nach dem Tod sein wird und es bleibt nur Spekulation übrig (obwohl du vielleicht Indizien finden kannst in spirituellen/religiösen Traditionen oder auch in der Nahtodforschung). Auch widerspricht der Idealismus keiner religiösen Tradition. Meine Spekulation ist die, dass nach dem Tod sich die Gefühle und Gedanken des Toten um einiges stärker mannifestieren werden als das zu Lebzeiten möglich ist. Sprich wenn du ein sehr negativer und ängstlicher Mensch warst, wirst du vielleicht alptraumarige Szenen mannifestieren, wenn du glücklich gestorben bist vielleicht Engelserscheinungen usw. Es findet also eine Art Traum statt. Etwas in dieser Richtung beschreibt auch das tibetische Totenbuch. Wie lange das dann aber geht, was danach genau passiert usw., dazu habe ich keine feste Meinung. Bezüglich Reinkarnation bleibe ich skeptisch, kann es aber nicht ausschließen. Es kann gut sein, dass nach dem Tod eine andere, abgeschwächte Form von Dissoziation stattfindet und ein Prozess durchlaufen wird, der in einer kompletten Auflösung des dissoziativen Teils im "großen" Bewusstsein mündet. Und wenn wir als dissoziative Bewusstseinsteile noch weiter miteinander kommunizieren können, dann geht das vielleicht in Richtung der klassischen Beschreibung eines Himmels.