Warum ist die Artenvielfalt in tropischen Gewässern höher, als in z.B. der Nordsee?

3 Antworten

Arten- und vor allem Individuenreichtum hat neben Temperaturen und Störungsfreiheit vor allem mit nährstoffreichen Meeresströmungen zu tun...

...bei Riffen stoßen oft kalte Tiefenströmungen auf warme Oberflächen...

Dafür gibt es mehrere Gründe. Zunächst einmal ist die Sonneneinstrahlung in den äquatornahen Tropen höher als in den weiter nördlich bzw. südlich gelegenen Breiten. Die Tropen kriegen gewissermaßen ganzjährig mehr Sonnenenergie ab und deshalb ist die Biomasseproduktion (Photosynthese) hier größer. Das gilt sowohl für die tropischen Regenwälder als auch für das Phytoplankton und die Algen-Symbionten der Korallen im Meer. Mehr Biomasse bedeutet, dass mehr Organismen davon zehren können.

Zum anderen sind die Tropen erdgeschichtlich sehr alte und klimatisch stabile Lebensräume. Der australische Regenwald beispielsweise ist bereits 180 Mio. Jahre alt. Je älter ein Lebensraum ist, umso mehr Zeit hatte die Evolution dafür neue Arten entstehen zu lassen. Die Nordsee beispielsweise ist sehr jung, zumindest in ihrer heutigen Form. Sie entstand erst vor gerade einmal 8500 Jahren, davor befanden sich dort weite Graslandschaften, in denen u. a. Mammuts lebten. Ihre Stoßzähne kann man heute noch am Grund der Nordsee finden. Die klimatische Stabilität führte dazu, dass viele Arten sich "in Ruhe" entwickeln konnten, während beispielsweise im Norden die Arten ständig im Rhythmus der sich abwechselnden Warm- und Kaltzeiten immer wieder in klimatisch günstigere Regionen auswandern mussten - das haben nicht alle Arten überlebt.

Drittens sind die Tropen ein klimatisvh günstiger Lebensraum. Im Norden müssen die Arten an die besonderen Kälteverhältnisse angepasst sein. Sie brauchen Mechanismen, um nicht zu erfrieren, um die deutlich kürzere Vegetationsperiode optimal auszunutzen oder gegebenenfalls saisonal auszuweichen.

Viertens nimmt man an, dass der Druck von Parasiten und Krankheitserregern in den Tropen höher ist. Es gibt ja keine Winterkälte, die deren Population minimiert. Die Parasiten üben deshalb eine stärkere regulatorische Funktion auf die Populationen der Arten aus. Sie verhindern quasi, dass eine Art so häufig wird, dass sie alle anderen Arten "überwächst". Stattdessen kann eine Gemeinschaft aus vielen verschiedenen Arten koexistieren, die dafür aber auch individuenarm ist. Die Tropen weisen daher zwar eine hohe Artenvielfalt auf, die meisten sind dafür aber auch sehr selten, was sie natürlich gerade dem vom Menschen verursachten Massenaussterben gegenüber besonders anfällig macht.

Und fünftens, das gilt aber v. a. für die terrestrischen Lebensräume, ist die Fremdbestäubung in den Tropen höher als in den gemäßigten Zonen, wo Pflanzen häufiger sich selbst bestäuben. Die Fremdbestäubung führt zu einem regen genetischen Austausch und das könnte die Artenvielfalt begünstigen. Ich kann mir aber vorstellen, dass ein solcher grnetischer Austausch auch im Ozean eine Rolle spielt und insbesondere durch tropische Meeresströmungen begünstigt wird. Die Larven von Korallen können als Teil des Planktons mit den Meeresströmungen weite Strecken zurücklegen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig
Avatarez2 
Fragesteller
 19.07.2023, 16:43

Ich denke, dass der wichtigste Faktor einfach die Eiszeit war, es gibt schlicht keine Anpassung gegen Permafrost und keine Wärme, das erklärt auch, warum auf Ostantarktika nicht eine einzige terrestrische Art überleben kann. Dadurch, wie du schon sagtest, kam es zu erheblichen Verlusten der Biodiversität.

Die Sonneneinstrahlung ist in den Tropen zwar höher , aber auch viel kürzer im Sommer, dadurch ist die Biomasseproduktion der mittleren Breiten im Sommer höher, weil mehr Sonnenenergie in Watt die Regionen erreicht, dazu ist es in den Tropen meist bewölkt, während hier öfters die Sonne auch mal 2 Wochen scheint, die bewölkte Tropensonne ist um ein Vielfaches schwächer als die unbewölkte Mittelbreitensonne. Ich würde den Sonnenstrahleffekt nicht ausklammern, aber unterordnen, er ist nicht so relevant, wird nur überschätzt, weil wir aktuell in einem Eiszeitalter sind.

Was widersprüchlich ist, Arten mutieren und selektieren sich besonders dann schnell, wenn die Lebensbedingungen sich ändern und vielfältig sind, in den Tropen ist sogar das Wetter gleich, es gibt wenig Grund sich zu ändern, in den Mittelbreiten sorgt jedoch der Winter und das wechselnde Wetter für enormen Selektionsdruck, eig. müssten hier viel schneller neue Arten entstehen.

Ich glaube, wäre die Eiszeit vor 100000 Jahren zuende gewesen und wäre es in der Zwischenzeit so warm wie jetzt gewesen, dann würden die Wälder DEs auch nicht nur aus Buchen und Eichen bestehen. Ob die Nordsee dann jedoch von Korallenriffen gesäumt wären, ich weiß es nicht, ich glaube, viele Fische sind grau und braun, weil sie zu auffällig in der schlammigen Nordsee wären, aber das ist nur eine Vermutung.

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Darwinist  19.07.2023, 17:53
@Avatarez2
Die Sonneneinstrahlung ist in den Tropen zwar höher , aber auch viel kürzer im Sommer,

Das ist zwar richtig, aber entscheidend ist der Einstrahlunswinkel. Der führt in den Tropen zu einer jährlichen Globalstrahlung zwischen 1700 und 2200 kWh/m². Bei uns werden bestenfalls 1300 kWh/m² erreicht.

Was widersprüchlich ist, Arten mutieren und selektieren sich besonders dann schnell, wenn die Lebensbedingungen sich ändern und vielfältig sind, in den Tropen ist sogar das Wetter gleich, es gibt wenig Grund sich zu ändern, in den Mittelbreiten sorgt jedoch der Winter und das wechselnde Wetter für enormen Selektionsdruck, eig. müssten hier viel schneller neue Arten entstehen.

Aber in den Tropen ist der Konkurrenzdruck sehr viel größer. Die Böden tropischer Regenwälder sind sehr nährstoffarm, was zu hoher Konkurrenz um die wenigen Nährstoffe führt. Auch in tropischen Korallenriffen herrscht Nährstoffknappheit. Verglichen mit kalten Meeresströmungen, sind die Gewässer der tropischen Korallenriffe sehr nährstoffarm, was ebenfalls zu hohem Konkurrenzdruck führt. Das führt wiederum zur Nischendifferenzierung und befeuert damit die Entstehung neuer Arten. Zudem ist das Mikroklima in den Tropen extrem vielfältig, während in den gemäßigten Breiten die Lebensbedingungen oft über große Flächen hinweg konstant bleiben.

Und schließlich sind Kälteanpassungen ebenfalls ein Hindernis, gerade weil der Selektionsdruck dadurch groß ist. Die Anpassung gelingt daher nur wenigen Arten.

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Je wärmer das Wasser desto vielfältiger ist es. Kommt aber auch auf jede Menge anderer Faktoren an und natürlich kehrt sich der Ansatz ab einer bestimmten Temepratur wieder um.