Wie ist die Artenvielfalt bei den Buntbarschen im Tanganjikasse als allopatrische Artbildung entstanden?

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Allopatrisch heißt, dass zwei (oder mehr) Evolutionslinien sich geographisch getrennt voneinander entwickelt haben. Es muss also bei der Entstehung der unterschiedlichen Cichlidenarten im Tanganjikasee Barrieren gegeben haben, die nicht überwindbar gewesen sind. Ähnliche Ereignisse sind auch in den anderen großen Seen des Ostafrikanischen Grabenbruchs wie zum Beispiel dem Malawisee oder dem Victoriasee passiert. Verantwortlich für die Entstehung dieser Barrieren ist das Klima, das bekanntlich im Lauf der Erdgeschichte nicht konstant ist. Durch klimatische Schwankungen passierte es mehrmals, dass die Seen in Ostafrika beinahe vollständig ausgetrocknet sind, übrig blieben vom ursprünglichen See jeweils immer nur kleinere Tümpel, wobei jeder Tümpel für sich sein eigenes kleines Mikroklima besaß und seine Bewohner unterschiedliche Anpassungen bedurften, um dort überleben zu können.

Man muss sich das so vorstellen: im ursprünglichen Tananjikasee lebte eine einzige Cichlidenart (oder nur wenige Arten), die überall im See gleichmäßig verteilt vorkam. Nun änderte sich das Klima, der Wasserspiegel des Sees sank, die Fische mussten sich in die übrig gebliebenen Restgebiete zurückziehen. Schließlich trocknete der See bis auf einige Reste, die vollständig voneinander getrennt waren, aus. Die einzelnen Tümpel waren weit voneinander entfernt, konnten also von den dort lebenden Buntbarschen nicht überwunden werden. In den Tümpeln erfuhren die voneinander isolierten Buntbarschpopulationen nun unterschiedliche Selektionsdrücke, weshalb sich die Buntbarsche alle unterschiedlich entwickelten. Die Entwicklung muss sehr schnell vonstatten gegangen sein, denn bis heute sind die einzelnen Buntbarscharten trotz teilweise extrem unterschiedlichen Aussehens nahe miteinander verwandt und oftmals sind einzelne Arten auch noch nicht vollständig voneinander getrennt, sie können sich also teilweise noch mit anderen Cichlidenarten paaren und fruchtbaren Nachwuchs zeugen.
Das Klima änderte sich erneut und es wurde wieder feuchter. Die leeren Becken der Seen füllten sich wieder mit Wasser und die einzelnen Tümpel wurden wieder zu einem großen Ganzen miteinander verbunden. Der neue Tanganjikasee war entstanden und aus einer einzigen Buntbarschart hatte sich in jedem Tümpel eine ganze Vielzahl neuer Arten entwickelt. Wir wissen heute, dass dieser Prozess nicht nur einmal abgelaufen ist, sondern dass die Seen in Ostafrika vermutlich mehrmals austrockneten und wieder gefüllt wurden. Jedes einzelne Austrocknungsereignis hat dabei zu einer noch größeren Vielfalt der Fischarten geführt.

Der Vollständigkeit halber soll noch erwähnt werden, dass es neben der allopatrischen Speziation noch die parapatrische Artbildung und die sympatrische Artbildung gibt. Bei parapatrischer Speziation entwickeln sich Arten, deren Verbreitungsgebiet unmittelbar aneinander grenzt, eventuell gibt es sogar eine mehr oder weniger breite Hybridisierungszone. Bei der sympatrischen Artbildung erfolgt die Entwicklung zweier Arten in einem gemeinsamen Areal. Hier lässt sich häufig beobachten, dass die Selektionsdrücke einen divergierenden (spaltenden) Einfluss auf die Population ausüben, indem stark vom Mittelwert abweichende Merkmale bevorzugt und durchschnittliche Merkmale aussortiert werden. So ist es zum Beispiel denkbar, dass in einem Gebiet Samen vorkommen, welche sehr klein sind und Samen vorkommen, welche sehr groß und hart sind. Für eine Vogelpopulation könnte das bedeuten, dass Vögel mit einem sehr kleinen Schnabel die kleinen Samen gut verwerten können und Vögel mit einem sehr großen Schnabel die großen Samen problemlos knacken können. Vögel mit einem durchschnittlichen Schnabel wären dagegen benachteiligt, da ihr Schnabel für die großen Samen zu schwach ist und für die kleinen Sämereien das nötige "Feingefühl" fehlt. Die Selektion muss dabei aber noch nicht einmal zwingend am makroskopischen Phänotyp ansetzen, sondern kann auch am Verhalten wirken (Richard Dawkins würde unter Einbeziehung des Verhaltens und eben sämtlicher Einflüsse eines Gens auf einen Organismus vom "erweiterten Phänotyp" sprechen). Auf diese Weise sind Vogelarten entstanden, die sich im Aussehen nur wenig unterscheiden, in ihrem unterschiedlichen Lockgesang aber sehr deutlich, wie z.B. Nachtigall und Sprosser oder Fitis und Zilpzalp.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig
EXO12 
Fragesteller
 17.02.2019, 18:13

Ich danke dir sehr :)

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Durch die Begrenzung des Futterangebot.

Im Uferbereich finden sich andere Pflanzen und Kleinlebewesen als in der Seemitte.

Das gleiche gilt für Oberflächenwasser und Seegrund.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Bootsbauer, Datenverarbeitungskaufmann & UNIX-Systemfachmann

Du hast es doch schon angestrichen: zeitweise verschiedene Seebecken mit unterschiedlichen Bedingungen