War Schopenhauer wirklich ein Misanthrop?

3 Antworten

Das geht in eine ähnliche Richtung wie die immer wieder nachgeplapperte Behauptung, er sei ein Pessimist gewesen. Was dieses jedenfalls betrifft, so kann ich versichern: Ich selbst bin ein Fan von Schopi und habe fast alles von ihm gelesen, aber ich habe keine Stelle gefunden, aus der das wirklich hervorgeht. Er war allerdings ein Bewunderer des Buddhismus, und über den und dessen negativer Einstellung zur Wiedergeburt könnte das abgeleitet worden sein. Im übrigen eignet sich die Frage - zu seinem Pessimismus - aber gut, um zwischen Spreu und Weizen der Philosophielehrer zu unterscheiden. Jeder, der dir versichert, Schopi sei ein Pessimist gewesen, kennt ihn nur vom Hörensagen. Was den Misanthropen betrifft, so sehe ich das nur in Bezug auf bestimmte Personen bestätigt - etwa auf Hegel, gegen den er sehr persönliche und auch unverhältnismäßige Tiraden vom Stapel ließ. Aber er hat das meines Wissens nie verallgemeinert

Ein klares Jein.

Die meisten Dinge sind misanthropischer Natur - siehe Stachelschweinparabel oder die Behauptung, das Leben sei Leiden. Aber die Mitleidsethik spricht beispielsweise klar gegen diese Misanthropie. Ich denke, da Schopenhauer ein sehr spiritueller Mensch war in dem Sinne, dass er dem Buddhismus sehr angetan war wollte selbst er als verbitterter, alter Mann sein Seelenheil finden :P Alles was bei ihm positiv sein soll ist quasi nur "tu dies nicht, tu das nicht" à la Bibel. Er sagt also nur, was alles schlecht ist und das sollte man für ein glückliches Leben möglichst vermeiden. Also es gibt durchaus Passagen in seinem Werk die Lebensbejahend sind. Man sieht diese zusammengepresst in jedem Buchladen unter solchen Titeln wie "Wie man glücklich lebt" oder ähnliches. Wenn du also etwas positives von ihm hören möchtest

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Eine interessante Frage! Schopenhauers Mitleidsethik spricht m.E. nicht gegen seine Misanthropie. Sie besagt ja nur, dass der Mensch seinen „Willen zum Leben“, der gewaltig in ihm wirkt und der zutiefst böse ist (er ist eine individuelle Ausprägung des bösen „Urwillens“, der für alles Leiden auf der Welt verantwortlich ist), dämpfen kann. Aus dieser Fähigkeit zur „Dämpfung des Willens“ erwächst das Mitleid. Allerdings sagt Schopenhauer gegen Ende seines Hauptwerkes „Die Welt als Wille und Vorstellung“, es gebe so schwache Spuren von Moralität auf der Welt, dass in der Ausübung der Moral unmöglich der Sinn des Lebens liegen könne. Was ist Mitleid mit Schwächeren, auch Mitleid mit gequälten Tieren anderes als Ausübung einer Moralität? Schopenhauer also war äußerst skeptisch, dass der Mensch, obgleich grundsätzlich zum Mitleid fähig, dieses Mitleid tatsächlich auch ausüben wird. Das beweist auch der furchtbare Satz gegen Ende seines Hauptwerkes, die meisten Menschen, denen man im Laufe des Lebens begegne, seien „bei weitem“ geradeheraus gesagt das wirklich Gegenteil von Ehrlichkeit, „trotz ihrem schamlosen Auffahren beim leisesten Verdacht einer Unredlichkeit oder nur Unwahrheit“. „War nicht niederträchtiger Eigennutz, grenzenlose Geldgier, wohlversteckte Gaunerei, dazu giftiger Neid und teuflische Schadenfreude so allgemein herrschend, dass die kleinste Ausnahme davon mit Bewunderung aufgenommen wurde? Und die Menschenliebe, wie höchst selten erstreckt sie sich weiter als bis zu einer Gabe des so sehr Entbehrlichen, dass man es nie vermissen kann?“