War der Schriftsteller Siegfried Lenz "links-grün versifft"?

6 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Vorab: Ich bin selbst weder links-grün noch ansatzweise AfD-Sympathisant. Aber deine Frage lässt sich ja auch beantworten, wenn man selbst politisch in der Mitte steht.

Sigfried Lenz wirkte zur einer Zeit, in der "grün" gar keine Rolle spielte und insofern sind derartige Kategorisierungen nicht relevant. Lenz fokussierte sich weder auf ökologische Themen noch in irgendeiner Form auf Nachhaltigkeit.

Lenz war sicherlich links im Sinne der SPD, nicht aber im Sinne des Kommunismus oder der heutigen Linken. Lenz war nicht radikal.

Das Werk von Lenz, und ganz besonders auch die erwähnte Deutschstunde, beschäftigt sich mit Pflichtbewusstsein und individueller Verantwortung, mit blindem Befolgen versa eigenem Denken. Das ist kein typisch linker Ansatz, sondern eigentlich nur ein gesellschaftskritischer Ansatz in bezug auf den Nationalsozialismus, nicht gegenüber dem Rechtsstaat im Allgemeinen.

Persönlich finde ich durchaus, dass Lenz Werk etliche interessante Gedanken enthält, aber ich fand seine Texte allesamt elendig langweilig zu lesen und nicht gerade stimulierend . Er zeigt mehr die tragischen Seiten als echte Lösungen. Als Schüler fand ich es schrecklich.

adabei  04.07.2020, 01:03

Es ist schon lange her, aber ich konnte zu meiner Schulzeit mit der "Deutschstunde" von Lenz durchaus etwas anfangen. Ich fand den Roman auch nicht langweilig.

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Schnoofy  04.07.2020, 05:51
@adabei

Lenz gehört zu meinen Lieblingsautoren und besonders die "Deutschstunde" könnte als Lehrstück so manchen Afd-Fans dienen, wenn er den Inhalt begreifen könnte.

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Steffen492  06.10.2023, 12:57
@Schnoofy

Warum nur AfD-Fans? Meinst du nicht, dass übersteigertes Pflichtbewusstsein bisweilen in jeder parteipolitischen Richtung eine Heimat hat?

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Schnoofy  06.10.2023, 13:00
@Steffen492

Mir ist aber keine andere Partei bekannt deren Anhänger derart unreflektiert den Hetzparolen nachrennen. Im Grunde genommen nichts anderes als eine Art von Pflichtbewusstsein.

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"Links-grün versifft" ist eine aktuelle Bezeichnung für eine Position, die sich deutlich von gegenwärtigen rechtsradikalen Positionen absetzt.

Die "Deutschstunde" kritisiert Autoritätshörigkeit, wie sie in der Zeit der NS-Herrschaft zutage trat. Das Verhältnis zur Ökologie spielt im Buch keine wichtige Rolle. Die Partei Die Grünen wurde erst 1980 gegründet. Das wolltest du vermutlich hören.

Fontanefan  06.10.2019, 23:45

Zu den Äußerungen über Lenz als Autor:

"So zärtlich war Suleyken" ist eine Sammlung von sehr witzigen bis humorvollen Erzählungen. Langweilig werden sie die Wenigsten finden.

Die "Deutschstunde" enthält eine intensive Auseinandersetzung mit einem komplexen Thema. Ich fand sie nicht schlecht, mein hochkompetenter Deutschlehrer las freilich lieber polnische Philosophen und hielt sie für total überschätzt. Ich stimme dem nicht zu, möchte aber lieber fünf Bücher ein drittes oder viertes Mal lesen als die Deutschstunde ein zweites Mal.

Zur Zeit der Entstehung des Romans war das Thema noch aktueller und noch nicht so intensiv bearbeitet, wie das heute der Fall ist.

Lenz hat aber nicht nur deutlich spannendere Texte als die Deutschstunde geschrieben, sondern auch merklich langweiligere. Ihn allein aufgrund der Deutschstunde zu beurteilen halte ich für unangemessen.

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WalterMatern 
Fragesteller
 09.10.2019, 20:16
@Fontanefan
Lenz hat aber nicht nur deutlich spannendere Texte als die Deutschstunde geschrieben, sondern auch merklich langweiligere.

Ja und wo ist der aktuelle Zusammenhang?

Ich war der Meinung deutlich gemacht zu haben der Anlass für die Frage war der Kinostart des Films "Deutschstunde".

Natürlich hätte ich auch die Frage zu Carl Zuckmayer

https://m.youtube.com/watch?v=6H0nzz2zOAE

oder

Erich Maria Remarque

Im Westen nichts neues

https://m.youtube.com/watch?v=nMlDPsRwZE4

stellen können.

Meiner Kenntniss nach sind die Filme zur Zeit nicht im Kino.

Möglicherweise hat irgendwo ein Theater eines der Stücke im Programm, ich wüsste nur nicht welche Bühne?

Möglicherweise war einer der Stoffe Teil der Abi-Prüfungen, bestreiten kann ich es nicht.

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WalterMatern 
Fragesteller
 07.10.2019, 21:24

Hmm, du bist ja mit deiner Antwort nun nicht der erste für den "Die Grünen" die Ökopartei sind.

Was bei dem Gründungsdatum mich ein wenig erstaunt.

Für mich ist das die Zeit des NATO-Doppelbeschluss bzw der Nachrüstungsdebatte.

Seis drum.

Ich habe mir mal ein paar "einschlägige" Zitate zu links-grün-versifft raus gesucht den Ökoaspekt kann ich da nicht wirklich wiederfinden.

Sie sieht in Dresden die „heimliche Hauptstadt Deutschlands als politisches, wissenschaftliches und kulturelles Zentrum“ nach der Wende[17] und forderte bereits Anfang März bei einem ihrer ersten Auftritte als neue Sprecherin der Pegida, eine „neue Mauer“ hochzuziehen („Aber dieses Mal so richtig hoch!“) zwischen den „ linken Gutmenschen“ im Westen und ihrer „Gesinnungsdiktatur“ mit „gendergerechten Enthauptungen“ und „Kondomabrollwettbewerben in den Kitas“, ihrem „Grünen Reich ohne Schweinefleisch und mit Vollverschleierung“ und den „guten Deutschen“ im Osten, wo es so „geborgen und vertrauensvoll“ zugeht, Frauen und Männer ihre natürlichen Rollen und „ein gesundes Maß an Patriotismus pflegen und sich selbstbewusst auf die konservativen Werte besinnen, den Erhalt des Eigenen“.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Tatjana_Festerling

von Rosewill
am 20.07.19, 12:23 Uhr
Re: Der Links-grün versiffte Gutmensch
Dann aber bitte auch die eigene Wohnung und das Auto nicht abschließen.
Grenzen sind schließlich was ganz ganz böses und sicher voll rechts

https://m.rund-ums-baby.de/aktuell/Der-Links-gruen-versiffte-Gutmensch_800991.htm

Das hat jetzt mit öko was genau zu tun?

Der Grünen ist bewusst, dass sie im Fokus des Hasses der Rechten steht, das ist ihr nicht neu. Eine

https://mobil.berliner-zeitung.de/politik/feindbild-so-reagiert-das--versiffte-links-gruene-68er-deutschland--auf-afd-attacken--24382588?originalReferrer=

Wo nur bleiben die links-grün-versifften Öko-Themen?

Vielleicht hier?

Ich finde es ziemlich bezeichnend, dass es ihm anscheinend extrem widerstrebt, wenn in der Kirche ein menschliches und solidarisches Miteinander vertreten wird. Für uns ist Humanität ein gesamtgesellschaftlicher Anspruch – für Ulf Poschardt scheint Nächstenliebe hingegen eine links-grün-versiffte Marotte für Jusos und Grüne Jugend zu sein. Das sagt mehr über Herrn Poschardt aus als über die Kirche – und auch mehr als über die Grünen.

https://m.faz.net/aktuell/politik/inland/poschardt-tweet-christmetten-wie-bei-gruener-jugend-15358228.html

Das muss es sein.

Die Kirche setzt sich für das Bewahren der Schöpfung ein.

Was ist Nachhaltigkeit anderes?

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Ich schätzte Lenz als einen Autor, der sich ehrlich und kenntnisreich mit der NS-Zeit auseinandersetzte. Er schrieb konventionell und nicht immer besonders unterhaltsam. Aber er hatte manchmal Humor und Gelassenheit und lehnte das ideologische Zuspitzen und das "Entlarven" als Methode ab. Seine Parteinahme für Brandt und die Ostverträge sehe ich als die richtige Entscheidung in den Jahren um 1970.

Der Begriff "links-versifft", ohnehin zu polemisch, passt auf ihn überhaupt nicht. Er war kein Ideologe, kein Linksextremer. Er war ein Linker, noch kein Linksgrüner oder Bunter. Er geriet selbst fast ins Feuer von verbohrten Gesinnungswächtern, die ihm vorwarfen, mit seiner Romanfigur Nansen den Maler Ernst Nolde, der zeitweise mit dem Nationalsozialismus sympathisierte, zu positiv dargestellt zu haben.

Falls das für dich wichtig ist: Ich bin AfD-Wähler und Pegida-Sympathisant.

Ludewik  04.10.2019, 18:34

Hieß es nicht, ihr seiet längst verboten?

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Steffen492  06.10.2023, 12:53

Sehr gute Antwort.

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Lenz hat aufgrund der NS-Kriegstreiberei und dem darauffolgenden Einmarsch der Russen in Ostpreußen seine Heimat verloren. Da kann man schon mal leicht antifaschistische Tendenzen entwickeln.

earnest  04.07.2020, 06:33

Das "kann" man aber auch sonst...

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