Was bedeutet "mangelnde literarische Qualität"?

4 Antworten

Literarische Qualität heißt: Ein Roman, ein Drama, eine Novelle oder ein Gedicht muss auch künstlerischen Ansprüchen genügen, das heißt, seine Qualität darf sich nicht in einem gekonnten Stil erschöpfen, sondern er / es muss auch Kunst sein. Gut schreiben können viele, aber Kunst hervorzaubern nur wenige. Das Problem dabei ist, dass Kunst von Zeitgenossen nur schwer erkannt wird. Z.B. in der Musik: Beethovens Werke wurden sofort als hochrangig im Sinne der Kunst erkannt; desgleichen Händels Werke, Richard Wagners Opern, auch Brahms Werke. Verkannt wurden lange Zeit Schubert und J.S. Bach. In der Literatur wussten die Zeitgenossen sofort, dass Goethes und Schillers Werke hohe Kunst sind. Kleist und Hölderlin dagegen wurden völlig verkannt. Wie also definiert man Kunst?

Ich habe ein Buch „1000 Definitionen Kunst“. Man sieht also, es ist äußerst schwer, ein Kunstwerk als solches zu erkennen, geschweige denn seinen Kunstcharakter zu definieren.

Ich orientiere mich an den Definitionen von Martin Heidegger: „Kunst ist das ins Werk setzen der Wahrheit“ Oder: „Kunst ist das Sich-ins-Werk setzen der Wahrheit“.

Auf keinen Fall ist Kunst ein Ding, das eine „Dienlichkeit“ beinhaltet, das heißt, das der alltäglichen Instrumentalisierung dient (formuliert mach Oliver Fahle, Heideggers Kunstbegriff, vereinfacht erklärt; s. Google!). Diese Instrumentalisierung bzw. „Dienlichkeit“ ist aber in dem Siegfried - Lenz- Roman „Deutschstunde“ deutlich zu beobachten. Der Roman dient dem zeitgeistigen Fixiert-Sein auf die Verworfenheit des Nationalsozialismus bzw. die Verklärung der Gegner des Nationalsozialismus. In der Gestalt des Polizisten Jens Ole Jepsen tritt die Ergebenheit gegenüber den gerade Herrschenden penetrant hervor, in der Gestalt des Malers Max Ludwig Nansen wird der (heimliche) Widerstandskämpfer heroisiert.

„Kunst“ nach Heidegger ist dagegen etwas völlig anderes. Im Zentrum des Kunstwerkes steht die Wahrheit. Die ist nicht einfache „Anwesenheit der Wahrheit als Unverhülltes“ (Heidegger), d.h. nicht die platte Offenlegung von Seiendem. Jedes Hervortreten von Seiendem bewirkt gleichzeitig eine Verdunkelung eines anderen (Seienden), das heißt dessen Verborgenheit – sagt Heidegger. Erst die Berücksichtigung dieses Unverborgenen oder aller Unverborgenheiten machen die Wahrheit des Seins aus. Dieses Sein muss im Kunstwerk „gelichtet“, das heißt spürbar werden. Dies geschieht, indem vom unverborgenen Seienden Bezüge zum verborgenen Seienden gelegt werden (müssen). So ist das Kunstwerk immer ein Wechsel von Unverborgenheit und Verborgenheit oder – anders gesagt; ein Bezugsfeld von ineinander verstrickten Ereignissen  und Kräften. Erst durch diesen Wechsel von Offenlegen von Seiendem und Verbergen von Seiendem (das aber in den dort hingelegten Bezügen spürbar wird) erstrahlt die Wirkung bzw. Faszination der Kunst.

Dieser Kunstbegriff des Philosophen Heidegger (formuliert 1936) wird unter Fachleuten heute voll anerkannt und kann m.E. als Richtschnur dienen. Die platte Offenlegung von Seiendem (= Kitsch) kann man mit Hilfe dieses Begriffs erkennen, aber auch die plumpe Instrumentalisierung und Anbiederung.

Woher ich das weiß:Recherche

Der Begriff versteht sich eigentlich von selbst. Wenn nicht, suche einfach die jeweilige Bedeutung jedes der drei Wörter im Netz.

Kurz gesagt: Der Roman ist schlecht geschrieben (ist natürlich Ansichtssache)

Fablefangamer 
Fragesteller
 23.06.2020, 18:02

oh okay ich dachte es hat eine tiefere Bedeutung

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Das Buch “ Deutschstunde “ ist absolut nicht schlecht geschrieben. Siegfried Lenz hat die Menschen in ihrer Hilflosigkeit der Zeit gegenüber wunderbar beschrieben. Seine Sprache ist poetisch, die Naturbeschreibungen sind wie gemalte Bilder. Bitte lest das Buch und dann philosophiert mit Heidegger.

Schlecht geschrieben, warscheinlich.