Unterschied zwischen klassischem Utilitarismus und Handlungs-und Regelutilitarismus?

2 Antworten

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Der »klassische« Utilitarismus vertritt in der Ethik eine Bewertung nach der Nützlichkeit der Folgen einer Handlung.

Handlungsutilitarismus (englisch: act utilitarianism) und Regelutilitarismus (englisch: rule utilitarianism) beruhen auch auf dieser Grundlage. Sie unterscheiden sich aber vom »klassischen« Utilitarismus darin, ausdrückliche Standpunkte in der Frage zu vertreten, ob die Nützlichkeit auf einzelne Handlungen oder Handlungsregeln bezogen wird. Im »klassischen« Utilitarismus ist dies in einer solchen scharfen begrifflichen Gegenüberstellung noch nicht ausdrücklich erörtert worden.

Der Handlungsutilitarismus vertritt die Bewertung einer Handlung nach der (voraussichtlichen) Nützlichkeit der einzelnen Handlung.

Beim Handlungsutilitarismus ist entscheidend, welche Folgen es haben wird, wenn ein einzelner Mensch in einer bestimmten Situation (Einzelfall) eine Handlung ausführt.

Der Regelutilitarismus vertritt die Bewertung einer Handlung nach der (voraussichtlichen) Nützlichkeit von Handlungsregeln.

Beim Regelutilitarismus ist entscheidend, welche Folgen es haben wird, wenn allgemein in solchen Situationen solche Handlungen ausgeführt werden.

Der »klassische« Utilitarismus wurde im 19. Jahrhundert von Jeremy Bentham begründet und senthält als Grundsätze:

a) Konsequentialismus: Die Beurteilung, was in ethischer Hinsicht richtig und gut ist, hängt von den Folgen (Konsequenzen) einer Handlung ab.

b) Nützlichkeitsprinzip: Handlungen werden nach ihrer Nützlichkeit beurteilt. Es geht um gute Folgen, aber das Nützliche ist eine Zweck-Mittel-Beziehung und bedarf zu einer inhaltlichen Bestimmung eines Kriteriums/eines Maßstabes. Inhaltlich aufgefüllt wird das Nützlichkeitsprinzip mit einer Theorie des Guten: Eine Handlung ist moralisch richtig, wenn sie das Glück fördert/vermehrt (die Tendenz dazu hat, also in diese Richtung geht) und falsch, wenn sie in der Summe ihrer Folgen überwiegend Unglück hervorruft.

c) Eudaimonismus: Glück (griechisch: εὐδαιμονία [eudaimonia] = Glückseligkeit) ist das höchste Lebensziel.

d) Hedonismus (griechisch: ἡδονή [hedone] = Lust, Freude, Vergnügen, Genuß): Der Nutzen wird als Glück bestimmt und dieses als Lust bzw. Freude, Vergnügen, Annehmlichkeit, Gefälliges oder Ähnliches.

e) Universalismus/Universalität (ein Prinzip der Allgemeinheit): Alle Betroffenen sind zu berücksichtigen, das größtmögliche Glück der größtmöglichen Zahl ist anzustreben.

John Stuart Mill ist auch ein wichtiger Vertreter des »klassischen« Utilitarismus. Allerdings versucht er, den Utilitarismus sehr akzepabel zu machen, wobei dies einige Unklarheiten und Unstimmigkeiten mit sich bringt.

Die scharfe begriffliche Gegenüberstellung von Handlungsutilitarismus und Regelutilitarismus stammt aus dem 20. Jahrhundert.

Beim Handlungsutilitarismus wird nur nach den Folgen einer einzelnen Handlung bewertet. Dabei ist nicht ausgeschlossen, im Einzelfall die Verletzung bestimmter Handlungsregeln, die meistens nützlich sind (z. B. nicht lügen, nicht stehlen, nicht foltern, keine Unschuldigen hinrichten), als richtig zu bewerten, weil dies in der Gesamtberechnung der Folgen das bessere Ergebnis erzielt.

Beim Regelutilitarismus bekommen Grundsätze für das Handeln (Handlungsregeln) eine  eigenständige Verbindlichkeit. Beachtung von Handlungsregeln gilt als wichtig, weil dadurch Entscheidungen besser voraussehbar und für Personen größere Verläßlichkeit und Erwartungssicherheit geschaffen werden. Wenn Versprechen nicht eingehalten werden und dies auch als ethischer Grundsatz vertreten wird, untergräbt dies das Vertrauen auf Versprechen in der Gesellschaft. Die Regel (im Beispiel das Einhalten von Versprechen) wird im Regelutilitarismus aufgrund des größeren Gesamtnutzens als verbindlich begründet, weil eine nicht zuverlässige Regelbefolgung schädliche Folgen für die Gesellschaft und die Beziehungen der Personen in ihr hat.

Der Regelutilitarismus enthält eine Abschwächung/Einschränkung des Grundsatzes des Konsequentialismus, während der Handlungsutilitarismus den Konsequentialismus uneingeschränkt vertritt.

Der Regelutilitarismus steht einer deontologischen Ethik (es gibt ein verbindliches Sollen, unbedingt geltende Pflichten; Immanuel Kant mit seinem kategorischen Imperativ ist ein besonders bekannter Vertreter einer deontologischen Ethik) ziemlich nahe.

Meines Erachtens hat der Utilitarismus als ethische Theorie bestimmte Schwächen (z. B. ein Kriterium des Nutzens nicht vom Nützlichkeitsprinzip ableiten zu können und das Problem der Gerechtigkeit bei der Verteilung von Glück und Unglück auf Individuen nicht beantworten zu können). Im Rahmen eines Utilitarismus ist der Handlungsutilitarismus aber folgerichtiger. Eine Beachtung des Nutzens der einzelnen Handlung kann auch den Umgang mit Grundsätzen berücksichtigen, soweit die einzelne Handlung damit Auswirkungen hat. Wenn beim Regelutilitarismus die Befolgung einer Handlungsregel auch in einem Einzelfall geboten ist, wenn sich katastrophales Unglück ergibt, zeigt sich deutlich eine Unstimmigkeit mit dem Grundsatz, nach den Folgen einer Handlung zu bewerten.

kakavankargo 
Fragesteller
 29.01.2019, 06:17

Vielen Dank! Doch wie kann man jz ganz kurz den Unterschied zwischen dem klassischen Utilitarismus und dem Handlungsutilitarismus erklären?

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Albrecht  29.01.2019, 06:33
@kakavankargo

ein Vorschlag:

Der Handlungsutilitarismus bezieht die Nützlichkeit auf die Folgen der einzelnen Handlung und nicht auf die Folgen von Handlungsregeln, der »klassische« Utilitarismus nimmt zu dieser Alternative nicht ausdrücklich Stellung (auch wenn inhaltlich der Bezug der Nützlichkeit auf die Folgen der einzelnen Handlung sein folgerichtiger Standpunkt ist).

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Ich schreibe gerade eine Facharbeit über dieses Thema... Ist recht Umfangreich und nicht ganz einfach, aber ich versuche es dir einmal zu erklären...

Vom Klassischen Utilitarismus gehen alle anderen Arten des Utilitarismus hervor. Der Begründer war Jeremy Bentham. Im Klassischen Utilitarismus geht es immer darum bei einer Handlung für eine größtmögliche Anzahl an Menschen möglichst viel Glück und wenig Leid zu bekommen. da man betrachtet immer eine Folge, die eine Handlung haben könnte. Klaut ein armer Junge einem Reichen Mann 100 Euro ist dies ja eigentlich gesetzlich verboten. Wenn man aber nach dem klassischen Utilitarismus denkt, wäre diese Handlung in Ordnung, da die 100 Euro einen sehr hohen Nutzen, sehr hohes Glück für den armen Jungen darstellen, der reiche durch die Tat nicht viel Schaden hat, da er ohnehin genug Geld hat, wird die Handlung somit gerechtfertigt.

Beim Regelutilitarismus sieht das ganze dann schon anders aus. Hier orientiert man sich bei jeder Handlung an allgemein geltenden Regeln. Und zwar müssen das Regeln sein, die immer und überall gelten. Die geltende Regel ist also im Beispiel:,,Man darf nicht stehlen." somit wäre nach dem Regelutilitarismus die Handlung des armen Jungen nicht gerechtfertigt. Anders sähe es aus, wenn das Gesetz gelten würde:,,arme Kinder dürfen reiche Leute bestehlen." In diesem Fall wäre die Handlung gerechtfertigt.

Hoffe du hast es soweit verstanden... :)

Beim Handlungsutilitarismus bin ich mir nicht sicher, was es ist... War nicht im Schwerpunkt meiner Arbeit ;)