Um wieviel Knoten etwa senkt das Fahren in einem schweren Sturm die Fahrgeschwindigkeit eines Schiffs gegenüber der Fahrt auf spiegelglatter See ab?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Eine schwierige und von vielen Faktoren abhängige Frage.

Deshalb kann man sie nicht in absoluten Zahlen fassen.

Objektive Faktoren, die die subjektive Antwort beeinflussen können:

Windstärke, Wellenhöhe, Wassertiefe, Bauform des Schiffes, Leistung der Hauptmaschine, Windangriffsfläche (Decksladung), Tiefgang des Schiffes.

Niemand wird wissentlich und willentlich Welle und Strum recht voraus nehmen wollen, zu gefährlich und mit vielen Risiken behaftet.

Ich selbst habe mit einem Schiff bei Bft 11, etwa 6-8 Meter hoher See, von 2 Strich Bb einfallend, mit einer sehr guten Maschine (Nominalleistung um die 15.000PS) mit 3 Knoten achteraus Fahrt gemacht, obwohl die abgerufene Leistung locker für 19 Knoten voraus gereicht hätte.

Letztendlich ist das auch und nicht minder wichtig von der subjektiven Entscheidung des Kapitäns abhängig, wie schonungsvoll oder -los er mit dem ihm anvertrauten Schiff, Ladung und Besatzung umzugehen weiß und sich verantwortlich zeigt. Auch gegenüber den Ladungsinteressenten und Eigner. Sowas will und muss gut begründet sein, wenn man Sicherheit ganz groß schreiben will.

HepHello 
Fragesteller
 11.05.2023, 17:56

Ich hatte als Laie angenommen dass es am Sichersten wäre frontal in die Wellen zu steuern, weil dann die geringste Kenter-Gefahr besteht

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blaubeer  11.05.2023, 22:56
@HepHello

Hi, das ist tatsächlich oft vermutet, aber aus meiner Erfahrung und auch rein praktisch leicht zu widerlegen.

Das hängt tatsächlich mit der Schiffslänge und der Wellenlänge zusammen. Und mit beiden Geschwindigkeiten. Bei annähernd gleichen Schwingungsfrequenzen kann es zu außerordentlich gefährlichen Resonanzen kommen, die das Wellensystem dem "System" Schiff aufzwingen, so dass dieses leicht zum Unterschneiden führt und zum Totalverlust führt (siehe dazu den Verlust MS München, der mutmasslich diese Ursache hatte).

Eine zweite, nicht minder gefährliche Situation entsteht, wenn Wellenlänge gleich oder annähernd gleich der Schiffslänge ist. In diesem Fall ist es faktisch unausweichlich, dass sich das Schiff bei einer 90°-Begegnung in der Situation befindet, dass es vorn und achtern auf einem Wellenberg sitzt und die Mitte quasi "in der Luft hängt", also dort KEINEN Auftrieb erfährt. Für lange Schiff eine grosse Gefahr! Dem steht das Gegenteil gegenüber: Auftrieb nur mittschiffs, vorn und achtern jedoch null. Das nennt man "sacking", wenn das Schiff einen Buckel macht, das Gegenteil "hocking", wenn es mittig Durchhänger. Beides emminente Schiffsbelastungen, für die ein Schiff nicht konstruiert wurde.

Der Ausweg ist dazu: die See "auf die Schulter" zu nehmen, also etwa von der 10- oder 14-Uhr-Position, was etw 2-Strich von Bb oder Stb entspräche. Dann stampft das Boot nicht ausschließlich, sondern rollt auch, was der Stampfdynamik etwas Kraft nimmt, was für die "Überlebensplattform" Schiff zwar gut ist, aber für Ladung und Menschen etwas belastender. Nicht anders habe ich das in meinen 20 Jahren als Kapitän so gehalten. Und bin gut gefahren. Falls mehr Interesse besteht: kaftainblaubeer.de

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Ca 80-90% wenn sie frontal von vorne kommen. Aber bedingt durch die Reduzierung der Fahrt durch den Kapitän.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
HepHello 
Fragesteller
 10.05.2023, 22:02

Interessant, warum die Reduzierung der Fahrt durch den Kapitän?

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captjens  10.05.2023, 22:13
@HepHello

Bei voller Fahrt wurde das gesamte Vorschiff zerdeppert werden.

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HepHello 
Fragesteller
 10.05.2023, 22:26
@captjens

Echt jetzt

Würde man eher hecklastig oder frontlastig beladen oder ausgewogen

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captjens  13.05.2023, 10:08
@HepHello

Schiffe liegen fast immer im Gatt, also hecklastig. Dann lassen sie sich besser steuern.

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